Wurzelresorption – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Wurzelresorptionen sind komplexe, multifaktoriell bedingte Vorgänge, die an einem oder mehreren Zähnen innerhalb eines Gebisses auftreten können. Die genauen Mechanismen und Ursachen sind noch nicht abschließend geklärt, und verschiedene potenzielle Auslöser stehen in Diskussion.
Zelluläre Mechanismen der Resorption
Der Abbau von Wurzelzement (Mineralschicht der Zahnwurzel) und Dentin (Zahnbein) erfolgt hauptsächlich durch Odontoklasten – spezialisierte Zellen, die sich durch ultrastrukturelle und histochemische Eigenschaften den Osteoklasten (Knochenabbauzellen) ähneln. Während Knochen durch regelmäßige Umbauprozesse regeneriert wird, besitzen Zahnwurzeln einen speziellen Resorptionsschutz, der den Abbau des Wurzelgewebes verhindert. Eine intakte Wurzeloberfläche, die durch Präzement (Schicht auf der Wurzeloberfläche) und Prädentin (Schicht auf dem Wurzelkanal) geschützt wird, ist entscheidend, um Resorptionsprozesse zu vermeiden. Ein Verlust dieser Integrität der Wurzelbedeckung begünstigt die Resorption der Wurzel.
Hauptfaktoren für Wurzelresorption
Verschiedene Faktoren, die den Schutzmechanismus der Wurzel beeinträchtigen, können die Resorption auslösen oder beschleunigen. Zu den primären Risikofaktoren gehören:
- Trauma
- Zahnunfall: Ein Unfall kann zu Verletzungen der Wurzeloberfläche führen und die Odontoklastenaktivität anregen.
- Druckeinwirkung: Orthodontische Eingriffe (Kieferorthopädie), impaktierte Zähne (eingeklemmte Zähne), Zysten und Tumoren können zu mechanischem Druck auf die Zahnwurzel führen, was die Wurzeloberfläche schädigt und Resorption auslöst.
- Infektionen und Entzündungen
- Wurzelkanalinfektionen: Bakterielle Infektionen im Wurzelkanal können eine lokale Entzündungsreaktion verursachen, die die Integrität des Prädentins gefährdet und die Aktivierung von Odontoklasten begünstigt.
- Invasives Gewebe: Pathologisches Gewebe, das in den Wurzelbereich eindringt, kann zu einer Entzündung und Schädigung der Wurzelbedeckung führen.
- Parodontaltherapie
- Parodontale Eingriffe, die zur Diagnose und Behandlung von Entzündungen des Zahnhalteapparats (Parodontitis) durchgeführt werden, können unbeabsichtigte Schäden an der Wurzeloberfläche verursachen und die Resorption fördern.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Die Wurzelresorption ist ein komplexes Geschehen, das durch eine Kombination von mechanischen, infektiösen und entzündlichen Faktoren gefördert wird. Ein intakter Resorptionsschutz der Wurzel ist essenziell, um die Aktivierung von Odontoklasten und somit den Abbau von Wurzelzement und Dentin zu verhindern. Die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt, weshalb die Prävention und der Schutz der Wurzelstruktur in der Zahnmedizin eine zentrale Rolle einnehmen.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Erkrankungen
- Hereditäre Hyperoxalurie (primäre Hyperoxalurie) – angeborene Stoffwechselstörung mit autosomal-rezessivem Erbgang, bei der zu viel Oxalat im Urin vorkommt [aggressive externe Resorptionen durch Entzündungsreaktion auf Calciumoxalatablagerungen im Parodont] [Moskow 1989]
- Genetische Prädisposition
- abnorme Wurzelform/-länge [apikale ("die Wurzelspitze betreffend") Resorption]
- ektopisch ("an ungewohnter Stelle zu finden") durchbrechende Zähne (Druck)
- [in Diskussion: apikale/laterale Wurzelresorption; interne Resorption]
- Hormonelle Faktoren
- [in Diskussion bei interner Resorption:]
- Schwangerschaft
Krankheitsbedingte Ursachen
- Allergien [apikale Resorption] [1]
- Asthma bronchiale [apikale Resorption] [4]
- Bruxismus (Zähneknirschen) [zervikale Resorption]
- Habits (schädigende Angewohnheiten bei denen es zu Kieferdeformierungen kommen kann) [apikale Resorption]
- Herpes zoster [in Diskussion bei interner Resorption]
- Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
- Idiopathische (Krankheiten mit nicht bekannter Ursache) Resorption durch ungeklärte immunologische Vorgänge
- Impaktierter Zahn (eingeklemmter Zahn → Druck) [laterale Resorption]
- Nachfolgender Zahnkeim [physiologische Milchzahnwurzel-Resorption]
- Nachbarzahn [unterminierende Resorption eines Milchzahns]
- Okklusales Trauma (Schädigung des Parodonts (Zahnhalteapparat) durch Über-/Fehlbelastung eines Zahnes bei normalem Parodont)
- Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparats) [externe Resorption]
- Pulpanekrose (Absterben des Zahnmarks/Zahnnervs), partielle [metaplastische interne Resorption]
- Pulpitis Zahnnervenentzündung), chronisch [interne Resorption/internes Granulom]
- Trauma (Zahnunfall) mit Schädigung von Zement, Dentin und/oder Parodont [infektionsbedingte Resorption] [interne Resorption/internes Granulom]
- Extrusion ("Verlängerung eines Zahns")
- Kontusion ("Schädigung eines Zahns durch direkte, stumpfe Gewalt von außen")
- Lockerung
- laterale Dislokation (seitliche Fehlverlagerung)
- Infraktur (Einbrechung eines Knochens, unvollständiger Bruch)
- Intrusion (Zahn wird durch externe Krafteinwirkung in den Knochen hineingedrückt)
- extraorale ("außerhalb der Mundhöhle") Aufbewahrung nach Totalluxation (Ausschlagen eines Zahnes)/Avulsion (der Zahn (mit Wurzel) hat sich vollständig aus seinem Knochenfach gelöst)
- Keiminvasion
- Wurzelfraktur (Wurzelbruch)
- Tumor (→ Druck)
- Verletzungen des Alveolarknochens
- Wurzelkanalinfektion
- + vitales Gewebe im Bereich der Resorption [interne infektionsbedingte Resorption]
- + Fortleiten der Infektion ins Parodont (Zahnhalteapparat) [externe infektionsbedingte Resorption]
- Wurzelzementschaden
- [Begrenzung auf < 20 % der Oberfläche: externe transiente Resorption]
- [ > 20 %: externe Ersatzresorption, Ankylose ("Verwachsen der Zähne mit dem Kieferknochen")]
- + sulkuläre Infektion (Entzündung der Zahnfleischfurche) [in Diskussion für externe invasive zervikale Resorption/ECIR]
- Zahndurchbruch (→ Druck)
- Zyste (→ Druck)
Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten
- Hypocalcämie (Calciummangel) [apikale/laterale Resorption] [3]
- Vitamin A-Mangel [in Diskussion bei interner Resorption]
Operationen
- Parodontaltherapie (Eingriffe, die im Zusammenhang mit der Analyse, Diagnostik, Vorbeugung und Behandlung einer Parodontitis/Entzündung des Zahnhalteapparats)
- Zahnreplantation (Wiedereinpflanzung eines Zahns)
- Zahntransplantation
- Chirurgische Eingriffe [Trauma-bedingte Resorption]
- Éingriffe im Bereich der Schmelz-Zement-Grenze [zervikale Resorption]
Weitere Ursachen
- Desmodontschaden (Wurzelhautschaden) durch extraorale ("außerhalb der Mundhöhle") trockene Aufbewahrung eines total luxierten Zahnes vor Replantation [Ersatzresorption]
- Endodontische Behandlung (Behandlung des Wurzelkanalsystems einschließlich der Wurzelspitze) [apikale Resorption]
- Internes Bleaching (Bleichen) [in Diskussion für zervikale Resorption]
- Kieferorthopädische Behandlung (→ Druck) [apikale/zervikale/interne Resorption]
- Physiologische Mesialwanderung der Zähne (Zuwendung der Zähne zur Kiefermitte oder auch nach vorne von der Mittellinie eines Kiefers)
- Pulpa-Überkappung (über Kappung des Zahnmarks), direkt [in Diskussion bei interner Resorption]
- Pulpotomie (endodontische Behandlung (Behandlung des Zahnmarks), bei der die bakteriell infizierte Kronenpulpa (Zahnmark im Kronenbereich des Zahns) entfernt und gleichzeitig die Wurzelpulpa vital (lebendig) erhalten werden soll) [in Diskussion bei interner Resorption]
- Restaurative Therapie [in Diskussion bei interner Resorption]
Literatur
- Owman-Moll P, Kurol J: The early reparative process of orthodontically induced root resorption in adolescents-location and type of tissue. Eur J Orthod 20, 727-732 (1998)
- McFadden WM, Engstrom C, Engstrom H, Anholm JM: A study of the relationship between incisor intrusion and root shortening. Am J Orthod Dentofac Orthop 96, 390-396 (1989)
- Engström C, Granström G, Thilander B: Effect of orthodontic force on periodontal tissue metabolism: a histologic and biomechanical study in normal and hypocalcemic young rats. Am J Dentofac Orthop 93, 486-495 (1988)
- McNab S, Battistutta D, Taverne A, Symons AL: External apical root resorption of posterior teeth in asthmatics after orthodontic treatment. Am J Orthod Dentofac Orthop. 116, 545-551 (1999)