Karies – Prävention
Zur Prävention und Prophylaxe gehört das Einschätzen des individuellen Kariesrisikos.
Hierzu werden die bisher erhobenen Daten aus Anamnese und Befund herangezogen:
- Anamnese
- Befund
- Parodontale Erkrankungen (Erkrankungen des Zahnhalteapparates)
- Röntgenbefund
- Mundhygiene- und Plaqueindex
- Bisherige Karieserfahrung
- Soziales Umfeld
- Speichel und Mikroorganismen
- Ernährungsdaten
Basierend auf diesen Daten wird ein individuelles Präventionskonzept für den Patienten erstellt.
Prävention erfordert unterschiedliche Maßnahmen, je nach Zustand des einzelnen Patienten:
- Primärprävention versucht
- eine Infektion des Kindes solange wie möglich hinauszuzögern, indem bereits die schwangere Mutter intensiv betreut und soweit wie möglich behandelt und aufgeklärt wird.
- Zahnarztbesuch des Kindes bereits im ersten Lebensjahr
- Neuerkrankungen zu verhindern (Mundhygiene, Ernährung, Fluoridierung)
- Sekundärprävention zielt auf frühzeitige Diagnostik der Erkrankung und Verhinderung einer Manifestation zur Begrenzung des Zahnhartsubstanzverlustes
- Tertiärprävention: Behandlung und Beseitigung von Schäden und Maßnahmen zur Verhinderung eines Wiederauftretens
Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter [1]
- Ab der Geburt Zufuhr von Fluorid in Kombination mit Vitamin D
- Ab Durchbruch des ersten Zahnes bestehen zwei Möglichkeiten:
- Entweder weiterhin zuvor der Tablette mit Fluorid und Vitamin D und beginnen das erste Zähneputzen ohne Zahnpasta oder mit einer geringen Menge Zahnpasta ohne Fluorid.
- Alternativ nur Vitamin D als Tablette und putzen die Zähne mit einer bis zu reiskorngroßen Menge Zahnpasta mit 1.000 ppm Fluorid (parts per million, ppm) bis zu zweimal täglich.
- Ab Durchbruch des ersten Zahnes bis zum zweiten Geburtstag: Zweimal täglich putzen mit einer reiskorngroßen Menge Zahnpasta mit Fluorid (500-1.000 ppm) Fluorid)
- Vom zweiten bis zum sechsten Geburtstag: Zweimal täglich putzen mit einer erbsengroßen Menge Zahnpasta mit Fluorid (1.000 ppm) Fluorid)
Kariesprävention im Kindes und Erwachsenenalter
Die vier tragenden Pfeiler der Kariesprävention sind:
- Mundhygienemaßnahmen
- Fluoridierung/Anwendung fluoridhaltiger Kariostatika (Karieshemmer)
- Ernährungsberatung und -umstellung (z. B. Vermeidung kariogener Noxen; empfohlen werden zucker- und säurefreie Getränke, wie zum Beispiel Wasser, oder ungesüßter Tee)
- Fissurenversiegelung
Mundhygienemaßnahmen
Für den Patienten ist es beinahe unmöglich, die Plaque in nur einem Putzvorgang von allen Zähnen zu entfernen. Deshalb wird geraten, nach jeder Mahlzeit die Zähne zu putzen und zumindest einmal pro Tag (bevorzugt abends vor dem Schlafengehen) eine besonders intensive Zahnpflege zu betreiben. Es ist wichtig, beim Zähneputzen einer Systematik zu folgen, um alle Zähne gleichermaßen zu reinigen.
Mit der Zahnbürste allein ist es nicht möglich, die Zahnzwischenräume von Plaque und Speiseresten zu befreien. Hier sollte auf Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten zurückgegriffen werden.
Hilfsmittel:
- Handzahnbürste oder elektrische Zahnbürste
- Bei Prothesenträgern: spezielle Prothesenzahnbürste zur Reinigung der Prothese
- Fluoridhaltige Zahncreme; bei kleinen Kindern sollte eine fluoridreduzierte Zahncreme Anwendung finden
- Zahnseide
- Zahnzwischenraumbürsten
- Fluoridhaltige Mundspüllösung
- Ggf. Munddusche
Achtung: Endokarditispatienten dürfen keine Munddusche verwenden, da dies zu einer Keimverschleppung führen kann.
Regelmäßige Professionelle Zahnreinigung (PZR) beim Zahnarzt stellt eine unabdingbare Ergänzung zur häuslichen Mundhygiene dar. Dabei werden nicht nur die Strukturen gereinigt, es sollten auch immer erneute Beratungen zur Verbesserung der Mundhygiene erfolgen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass eine Plaqueentwicklung durch eine alleinige PZR nicht therapiert werden kann.
Anwendung fluoridhaltiger Kariostatika (Karieshemmer)
Neben einer fluoridhaltigen Zahnpasta und fluoridhaltigen Mundspüllösungen gibt es auch noch stark mit Fluorid angereicherte Gele, welche zur unterstützenden Therapie einmal pro Woche zur Zahnpflege eingesetzt werden können. Ihr Zahnarzt verfügt zusätzlich über hoch dosierte Fluoridpräparate, die aber nur gezielt zum Einsatz kommen sollten.
Des Weiteren ist es möglich, mit fluoridiertem Speisesalz zu kochen. Zusätzlich enthält das Trinkwasser von Region zu Region unterschiedlichen Anteil natürlich vorkommende Fluoride. Eine weitere Fluoridquelle stellt unsere tägliche Nahrung dar (Fisch, Fleisch, Gemüse etc. Besonders hoher Fluoridgehalt: Grüner und schwarzer Tee).
Zur exakten Beratung über die individuell nötige Fluoridmenge, sollte mit dem behandelnden Zahnarzt gesprochen werden.
Gerade bei Kleinkindern sorgt die richtig dosierte Fluoridanwendung bei vielen Eltern für Verwirrung. Hier sollte auch unbedingt mit dem behandelnden Zahnarzt Rücksprache gehalten werden, damit alle Faktoren (Fluoridgehalt des Trinkwassers, Speisesalz, Zahnpasta etc.) individuell mit einbezogen werden können.
Wirkmechanismen der lokal ("örtlich") applizierten Fluoride:
- Remineralisiert das Zahnschmelz, dass dadurch säureresistenter ist als das ursprünglich gesunde Zahnschmelz
- Karieshemmende Wirkung durch regelmäßigen Kontakt zur Zahnoberfläche
- Bildung einer Speicherschicht, Remineralisation und positive Effekte auf den bakteriellen Biofilm
Hinweis: Die Karieshemmung ist abhängig von der einwirkenden Fluoridkonzentration; es liegt eine Dosis-Wirkungs-Beziehung vor: eine höhere Fluoridkonzentration geht mit einer besseren Karieshemmung einher.
Ernährungsberatung und -umstellung
Unter besonders kariogene (= kariesfördernde) Nahrung fallen:
- Kurzkettige Kohlenhydrate
- Saccharose
- Glucose, Maltose, Fructose, Lactose
- Stärke
z. B. Zucker, Kartoffelchips, Weißbrot, zuckerhaltige Fruchtsäfte und Limonaden, zuckerhaltige Bonbons, Süßigkeiten, Dörrobst
Achtung!
Bei kleinen Kindern führt das ständige Umspülen der Zähne mit zuckerhaltigen Getränken zu massiver Milchzahnkaries (sog. „Nursing bottle-Syndrom“). Beachte: Auch sogenannte "zuckerfreie Fruchtsäfte" enthalten natürlichen Fruchtzucker (Fructose) und Fruchtsäure. Dabei spielt auch die Häufigkeit der Aufnahme, sowie natürlich die entsprechenden Mundhygienemaßnahmen eine wichtige Rolle.
Besonders süße Zwischenmahlzeiten, die eine Kombination aus hohem Zuckergehalt und häufiger Aufnahme darstellen, sind als besonders kariesfördernd zu bewerten.
Beim Einkauf von Süßigkeiten sollte man z. B. auf das sogenannte Zahnmännchen achten. Dies kennzeichnet zuckerfreie Lebensmittel.
Des Weiteren ist natürlich eine gesunde und ausgewogene Ernährung nicht nur im Hinblick auf gesunde Zähne wichtig. Der ganze Körper profitiert von einer bewussten Ernährung. Auch die zusätzliche Zufuhr von Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) ist dabei sehr hilfreich (siehe Prävention mit Mikronährstoffen).
Fissurenversiegelung
Besonders Grübchen und Fissuren der Zähne sind anfälliger für Karies als andere Bereiche. Ziel der Versiegelung ist es, diese Bereiche vor einem Zutritt von Plaque und Bakterien zu verschließen.
Literatur
- Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter. Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks gesund ins Leben, Kinderheilkunde April 2021
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe. (AWMF-Registernummer: 083-001), Januar 2013 Langfassung
- S2k-Leitlinie: Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen – grundlegende Empfehlungen. (AWMF-Registernummer: 083-021), Juni 2016 Kurzfassung Langfassung
- S3-Leitlinie: Fissuren- und Grübchenversiegelung. (AWMF-Registernummer: 083-002), Januar 2017 Kurzfassung Langfassung