Karies – Prävention
Zur Prävention von Karies ist es entscheidend, die individuellen Risikofaktoren zu reduzieren und durch gezielte Maßnahmen eine optimale Mundgesundheit zu fördern. Karies ist eine multifaktorielle Erkrankung, die durch die Wechselwirkung von bakteriellen Zahnbelägen, einer kariogenen Ernährung und unzureichender Mundhygiene entsteht. Die Prävention umfasst Ansätze auf mehreren Ebenen – von der Primärprävention bis zur Tertiärprävention.
Verhaltensbedingte Risikofaktoren
- Ernährung
- Kurzkettige Kohlenhydrate – Übermäßiger Konsum von Zucker und stärkehaltigen Lebensmitteln fördert das Wachstum kariogener Bakterien.
- Mangel an zahngesunder Ernährung – Fehlen von calciumreichen Lebensmitteln, Vitamin D und phosphathaltigen Nahrungsmitteln erhöht das Risiko.
- Klebrige, süße Snacks – Insbesondere Bonbons, Trockenfrüchte und zuckerhaltige Getränke greifen den Zahnschmelz an.
- Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen) – Beeinträchtigt die Speichelzusammensetzung und fördert die Bildung von Plaque.
- Passivrauchen beeinträchtigt bereits die Milchzähne [1]
- Alkoholkonsum – Insbesondere süße alkoholische Getränke erhöhen das Risiko.
- Tabak (Rauchen) – Beeinträchtigt die Speichelzusammensetzung und fördert die Bildung von Plaque.
- Drogenkonsum
- Amphetamine (indirektes Sympathomimetikum): Ecstasy (3,4-Methylendioxy-N-Methylamphetamin, MDMA), Crystal Meth (Methamphetamin) oder Methylphenidat
- Mangelnde Mundhygiene
- Unzureichendes Zähneputzen – Plaque bleibt länger auf den Zahnflächen und ermöglicht Kariesbildung.
- Fehlende Interdentalpflege – Zahnzwischenräume sind besonders kariesanfällig.
- Systemische Faktoren
- Mundtrockenheit (Xerostomie) – Verminderte Speichelproduktion führt zu einem höheren Risiko für Karies.
- Stress und psychische Belastungen – Reduzieren häufig die Motivation zur Mundhygiene.
Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)
- Ernährung
- Kariostatische Lebensmittel – Milch, Käse und andere calciumreiche Nahrungsmittel fördern die Remineralisation.
- Zuckerfreie Alternativen – Verwendung von Xylitol, Sorbit und anderen Zuckerersatzstoffen.
- Vermeidung kariogener Lebensmittel – Einschränkung von Süßigkeiten, Limonaden und klebrigen Snacks.
- Mundhygienemaßnahmen
- Zweimal tägliches Zähneputzen – Mit fluoridhaltiger Zahnpasta (mindestens 1.000 ppm Fluorid).
- Interdentalpflege – Regelmäßige Anwendung von Zahnseide und Interdentalbürsten.
- Professionelle Zahnreinigung (PZR) – Ergänzende Entfernung von Plaque und Zahnstein.
- Fluoridierung
- Fluoridhaltige Zahnpasta – Mindestens 1.000-1.500 ppm Fluorid für Erwachsene.
- Fluoridiertes Speisesalz – Eine einfache und effektive Maßnahme zur breiten Fluoridversorgung.
- Fluorid-Gele und Mundspüllösungen – Für Personen mit erhöhtem Kariesrisiko.
- Prophylaxe durch Versiegelung
- Fissurenversiegelung – Besonders wirksam bei Kindern und Jugendlichen zur Reduktion von Karies in den Grübchen und Fissuren der Backenzähne.
- Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen
- Kontrolluntersuchungen – Mindestens zweimal jährlich, bei erhöhtem Risiko häufiger.
Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter [2]
- Ab der Geburt Zufuhr von Fluorid in Kombination mit Vitamin D
- Ab Durchbruch des ersten Zahnes bestehen zwei Möglichkeiten:
- Entweder weiterhin zuvor der Tablette mit Fluorid und Vitamin D und beginnen das erste Zähneputzen ohne Zahnpasta oder mit einer geringen Menge Zahnpasta ohne Fluorid.
- Alternativ nur Vitamin D als Tablette und putzen die Zähne mit einer bis zu reiskorngroßen Menge Zahnpasta mit 1.000 ppm Fluorid (parts per million, ppm) bis zu zweimal täglich.
- Ab Durchbruch des ersten Zahnes bis zum zweiten Geburtstag: Zweimal täglich putzen mit einer reiskorngroßen Menge Zahnpasta mit Fluorid (500-1.000 ppm) Fluorid)
- Vom zweiten bis zum sechsten Geburtstag: Zweimal täglich putzen mit einer erbsengroßen Menge Zahnpasta mit Fluorid (1.000 ppm) Fluorid).
Kariesprävention im Kindes und Erwachsenenalter
Die vier tragenden Pfeiler der Kariesprävention sind:
- Mundhygienemaßnahmen
- Fluoridierung/Anwendung fluoridhaltiger Kariostatika
- Ernährungsberatung und -umstellung (z. B. Vermeidung kariogener Noxen; empfohlen werden zucker- und säurefreie Getränke, wie Wasser, oder ungesüßter Tee)
- Fissurenversiegelung
Sekundärprävention
Die Sekundärprävention zielt darauf ab, Karies in einem frühen Stadium zu erkennen und zu behandeln, um Zahnsubstanzverlust zu vermeiden.
- Früherkennung und Diagnostik
- Regelmäßige Kontrolle der Zahnsubstanz – Identifikation beginnender Läsionen (white spots).
- Digitale Röntgendiagnostik – Zur Erkennung okklusaler und interproximaler Karies. Der Zahnarzt kann durch digitale Röntgendiagnostik selbst schwer zugängliche Stellen zwischen den Zähnen und auf den Kauflächen genau beurteilen und so Karies frühzeitig entdecken.
- Therapeutische Maßnahmen
- Fluoridlacke – Lokale Applikation bei beginnender Demineralisation.
- Nichtinvasive Methoden – Remineralisierungstechniken bei frühen kariösen Läsionen.
- Patientenschulung
- Individuelle Beratung – Anpassung der Ernährung und Mundhygiene an das Risikoprofil.
- Motivierende Gespräche – Förderung langfristiger Verhaltensänderungen.
Tertiärprävention
Die Tertiärprävention fokussiert sich auf die Vermeidung weiterer Schäden und die Wiederherstellung der Zahngesundheit.
- Langzeitmanagement
- Regelmäßige Nachsorge – Überwachung behandelter Zähne, insbesondere nach Füllungen und Wurzelbehandlungen.
- Kronen und Inlays – Stabilisierung stark geschädigter Zähne.
- Ernährungsberatung
- Aufklärung über Kariesförderer – Vermeidung von Zuckerfallen und Förderung zahngesunder Ernährung.
- Förderung eines gesunden Mikrobioms – Einsatz von Probiotika zur Reduktion pathogener Bakterien.
- Psychosoziale Unterstützung
- Angstpatienten – Psychologische Betreuung zur Förderung regelmäßiger Zahnarztbesuche.
- Familienorientierte Prävention – Einbeziehung der Eltern bei Kindern mit hohem Kariesrisiko.
Literatur
- Tanaka S et al.: Secondhand smoke and incidence of dental caries in deciduous teeth among children in Japan: population based retrospective cohort study. BMJ 2015; 351. doi.org/10.1136/bmj.h5397
- Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter. Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks gesund ins Leben, Kinderheilkunde April 2021
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe. (AWMF-Registernummer: 083-001), Januar 2013 Langfassung
- S2k-Leitlinie: Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen – grundlegende Empfehlungen. (AWMF-Registernummer: 083-021), Juni 2016 Kurzfassung Langfassung
- S3-Leitlinie: Fissuren- und Grübchenversiegelung. (AWMF-Registernummer: 083-002), Januar 2017 Kurzfassung Langfassung