Humanes Choriongonadotropin (HCG)
Beim humanen Choriongonadotropin (Synonyme: hCG; β-HCG) handelt es sich um ein Gonadotropin, welches in der Schwangerschaft in der Plazenta (Mutterkuchen) gebildet wird.
Die Aufgabe des Choriongonadotropins ist die Umbildung des Corpus luteum (Gelbkörper) in das Corpus-luteum graviditatis (Schwangerschaftsgelbkörper), welches für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft nötig ist.
Humanes Choriongonadotropin wird aber auch von einigen Tumoren der Plazenta und der Keimdrüsen (Testes/Hoden; Ovar/Eierstock) – wie Chorionkarzinom, Seminom, Nichtseminom und dem Ovarialkarzinom produziert (s. u. "Humanes Choriongonadotropin (HCG)" [Tumormarker]).
HCG besteht aus einer spezifischen Beta-Kette (ß-Untereinheit) und einer unspezifischen Alpha-Kette (α-Untereinheit), die identisch ist mit der Alpha-Kette von LH, FSH und TSH.
In den meisten Tests wird nur die ß-Untereinheit nachgewiesen (ß-hCG). In einigen Tests das komplette Molekül (hCG).
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Blutserum
- Urin
Vorbereitung des Patienten
- Keine Vorbereitung nötig
Störfaktoren
- Keine bekannt
Normwerte Schwangerschaft
Schwangerschaftswoche (SSW) |
Normwerte in U/l (Blut) |
3. | 5-50 |
4. | 50-500 |
5. | 100-5.000 |
6. | 500-10.000 |
7. | 1.000-50.000 |
8. | 10.000-100.000 |
9.-10. | 15.000-200.000 |
11.-14. | 10.000-100.000 |
2. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) | 8.000-100.000 |
3. Trimenon | 5.000-65.000 |
Indikationen
- Verdacht auf eine Schwangerschaft
- Verdacht auf Störungen bzw. pathologische Auffälligkeiten in der Schwangerschaft
Interpretation
Interpretation erhöhter Werte
- Blasenmole (Plazentafehlbildung) – extrem hohe HCG-Konzentrationen
- Chorionepitheliom (bösartige Blasenmole)
- Extrauteringravidität – Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter; bei ca. 1 bis 2 % aller Schwangerschaften liegt eine Extrauteringravidität vor: Tubargravidität (Eileiterschwangerschaft), Ovarialgravidität (Schwangerschaft im Eierstock), Peritonealgravidität oder Abdominalgravidität (Bauchhöhlenschwangerschaft), Cervixgravidität (Schwangerschaft im Gebärmutterhals)
- Hodentumor
- Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs)
- Schwangerschaft
Achtung!
- Aufgrund der Tatsache, dass die Alpha-Kette von HCG identisch ist mit der Alpha-Kette von LH, FSH, und TSH, erklärt sich, das HCG eine thyreotrope Wirkung (d.h. auf den Regelkreis Hirnanhangsdrüse/Schilddrüse) hat und im 1. Trimenon (erste Drittel) der Schwangerschaft der endogene TSH-Spiegel etwas supprimiert (unterdrückt) wird.
- Stark erhöhte Beta-HCG-Werte (500.000-1 Mio. IU/l) wie sie bei der Blasenmole bzw. beim Chorionkarzinom gefunden werden, können durch die starke thyreotrope Wirkung eine hyperthyreote Stoffwechsellage entstehen lassen.
Es gibt auch eine Beta-HCG-assoziierte Hyperthyreose (typischerweise in der 2. Hälfte des 1. Trimenons (Schwangerschaftsdrittel). - Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) kann, durch heterophile Antikörper bedingt, der Beta-HCG-Wert im Serum falsch positiv sein! Die Beta-HCG-Bestimmung im Urin ist in solchen Fällen negativ und kann so das falsch positive Ergebnis aufdecken.
Weitere Hinweise
- Der Schwangerschaftsnachweis gelingt im Blut (Serum) nach circa einer Woche nach der Konzeption (Empfängnis); im Urin erst nach zwei Wochen nach der Konzeption.
Beachte: Nachweis einer Schwangerschaft mittels eines Point-of-Care-(POC)-Testsystems führt nicht selten zu falsch negativen Testergebnissen, was sich durch eine Diskrepanz mit dem sogenannten Hook-Effekt erklärt, der bei Sandwich-ELISA-Test möglich ist. So kann beispielsweise ein falsch negatives Ergebnis auftreten, wenn beide Antikörper in geringerer Konzentration als das nachzuweisende Molekül vorhanden sind; ebenso kann dieses Phänomen mit steigender HCG-Konzentration auftreten (High-Dose-Hook-Effekt). Gemäß einem - In den ersten Schwangerschaftswochen (SSW) findet ein kontinuierlicher Anstieg des ß-HCG statt. Der Höchstwert ist in der 10.-12. SSW erreicht und bleibt bis zur 16. SSW stabil. Danach sinkt er langsam ab. Ein wichtiges diagnostisches Kriterium ist die HCG-Verdopplung/48 h (sog. Verdopplungszeit) in den ersten sieben Schwangerschaftswochen.
Beachte: Der minimale Anstieg bei einer vitalen Schwangerschaft innerhalb dieser Zeitspanne liegt bei 35 %. - Mehrlingsschwangerschaften: Ab der 10. SSW (Schwangerschaftswoche) sind die HCG-Konzentrationen höher als bei einer Einlingsschwangerschaft.
- Frühaborte: Im ersten Drittel einer Schwangerschaft (Trimenon) zu niedrige HCG-Werte bzw. zu langsam ansteigend oder abfallend.
- Extrauteringravidität (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter):
- Ein normaler HCG-Anstieg im ersten Trimenon schließt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit (> 95 %) eine Extrauteringravidität aus.
- Bei ca. 20 % der Fälle einer Extrauteringravidität wird ein HCG-Verlauf beobachtet, der einer vitalen intrauterinen (“ innerhalb der Gebärmutterhöhle“) Schwangerschaft gleicht.
- N. B.: Bei einem HCG-Wert > 1.000 U/l sollte bei einer Vaginalsonographie ein intrauterines Chorion (Fruchtbläschen > 4 mm) erkennbar sein.
- Blasenmole: extrem hohe HCG-Werte (> 500.000 U/) ohne Ultraschall-Nachweis eines Embryos weisen auf eine Blasenmole hin!
- Kürettage: Nach einer Kürettage, sollte die HCG-Konzentration mit einer Halbwertszeit von einem Tag abfallen.
Literatur
- Latifi N et al.: Point-of-Care Urine Pregnancy Tests. JAMA 2019; https://doi.org/10.1001/jama.2019.15833