Hämoglobin
Das Hämoglobin (Hb; von griech. αἷμα haíma "Blut" und lat. globus "Kugel") ist der eisenhaltige Proteinkomplex, der in den Erythrozyten (rote Blutkörperchen) Sauerstoff bindet und ihnen ihre rote Farbe verleiht ("Blutfarbstoff").
Das Hämoglobin besteht beim gesunden Erwachsenen zu 98 % aus Hämoglobin A1 (α2β2) und zu 2 % aus Hämoglobin A2 (α2δ2).
Der gesunde Erwachsene bildet täglich ca. 6 bis 7 g Hämoglobin; dafür werden ca. 30 bis 40 mg Eisen benötigt.
Wenn die Erythrozyten das Ende ihres Lebens (etwa 120 Tage) erreicht haben, werden sie in den mononukleären Phagozyten (Fresszellen) hauptsächlich in der Milz (und bei hohem Anfall von abzubauendem Hämoglobin auch in der Leber und im Knochenmark) abgebaut.
Das Verfahren
Benötigtes Material
- 3 ml EDTA-Blut (Bestimmung im Rahmen des kleinen Blutbildes); Röhrchen direkt nach der Abnahme durch Schwenken gründlich mischen.
Vorbereitung des Patienten
- Nicht nötig
Störfaktoren
- Schlechte Durchmischung der Blutprobe
Normwerte
Männer |
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Frauen |
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Indikationen
- Basisdiagnostik der Hämatopoese (Blutbildung)
Interpretation
Interpretation erhöhter Werte
- Dehydratation (Flüssigkeitsmangel)
- Polyglobulie (hoher Anteil an Erythrozyten/rote Blutkörperchen): an Polycythaemia vera (PV) denken!
- Aufenthalte in großen Höhen (z. B. beim Höhenbergsteigen) [Werte > 70 %]
Interpretation erniedrigter Werte
- Anämie (Blutarmut)
Weitere Hinweise
- Das Hämoglobin F (α2γ2) ist im Fötus das dominierende Hämoglobin; bei gesunden Erwachsenen ist es nur in Spuren nachweisbar.
- Bei Verdacht auf Sichelzellenanämie:
- Hb-Elektrophorese (Untersuchungsmethode, bei der Molekülgruppen in einem elektrischen Feld räumlich getrennt werden) [Nachweis von Sichelzell-Hämogobin, HbS > 50 %]
- Hb-Löslichkeitstest – zur Abgrenzung von HbS von nicht sichelnden pathologischen Hämoglobinen (mit identischen elektrophoretischen bzw. chromatographischen Eigenschaften)
- Beta-Thalassämie: autosomal-rezessiv vererbbare Synthesestörung der Beta-Ketten des Proteinanteils (Globin) im Hämoglobin.
- Hinweis: Die Eisenmangelanämie ist die häufigste Form einer Anämie; die zweithäufigste Form ist die "Anämie bei chronischer Erkrankung" (ACD). Ursachen einer ACD sind chronisch entzündliche Erkrankungen, Krebs oder chronische Infektionen. [ACD: niedriges Hb und Serum-Fe, hohes Serum-Ferritin]
- Auswirkungen einer präoperativen Anämie (Blutarmut) sowie von Bluttransfusionen auf die postoperative Mortalität (Sterberate) von Patienten mit abdominalchirurgischen Eingriff ("Bauchoperationen"): Die postoperative Mortalität lag umso höher, je niedriger der präoperative Hb-Wert war. Bluttransfusionen erhöhten sogar noch das Sterberisiko, außer bei Patienten mit sehr niedrigen Hämoglobinwerten [1].
Literatur
- Buhl H et al. The impact of anemia and blood transfusion on mortality after open abdominal surgery in the elderly. Langenbeck's Arch Surg 2023;408:421; https://doi.org/10.1007/s00423-023-03122-w