Magenspiegelung (Gastroskopie)

Die Gastroskopie – richtiger bezeichnet als Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) bezeichnet die Spiegelung der Speiseröhre (Ösophagus), des Magens (altgriech γαστῆρ gaster, lat. ventriculus) und des oberen Teils des Duodenums (Zwölffingerdarm) mithilfe eines Endoskops. Dies ist ein dünnes, flexibles, schlauchförmiges Instrument mit integrierter Lichtquelle.

Die Gastroskopie dient der frühzeitigen Erkennung krankhafter Veränderungen im oberen Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) und wird bei verschiedenen Indikationen empfohlen.

In Ländern wie Japan und Südkorea werden aufgrund nationaler Screeningprogramme (Vorsorgegastroskopie) etwa 50 % der Magenkarzinome im T1-Stadium erkannt und haben somit eine verbesserte Prognose. In Deutschland werden 20 % der Magenkarzinome im T1-Stadium diagnostiziert.

Beurteilbare Strukturen

  • Speiseröhre (Ösophagus): Suche nach Anzeichen von Entzündungen, Ösophagitis, Varizen, oder anderen Anomalien wie dem Barrett-Ösophagus (s. u.).
  • Magen: Inspektion auf Ulzera (Geschwüre), Tumoren, Polypen, Gastritis (Magenschleimhautentzündung) und frühe Anzeichen von Magenkrebs.
  • Zwölffingerdarm (Duodenum): Überprüfung auf Duodenitis (Entzündung des Zwölffingerdarms), Ulzera, und die Anwesenheit von Duodenalpolypen (Polypen Zwölffingerdarm oder Tumoren.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Anämie (Blutarmut)
  • Anlage einer PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) – endoskopisch angelegter künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen
  • Chronische Diarrhoe (Durchfall)
  • Dysphagie (Schluckstörung)
  • Fremdkörperentfernung
  • Gastroösophageale Refluxkrankheit (Synonyme: GERD, Gastro-oesophageal reflux disease; Gastroesophageal Reflux Disease (GERD); Gastroösophageale Refluxkrankheit (Refluxkrankheit); gastroösophagealer Reflux; Reflux-Ösophagitis; Refluxkrankheit; Refluxösophagitis; peptische Ösophagitis) – entzündliche Erkrankung der Speiseröhre (Ösophagitis), die durch den krankhaften Rückfluss (Reflux) von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten hervorgerufen wird; endoskopiert werden sollten GERD-Patienten
    • mit Alarmsymptomen (z. B. Anämie, Dysphagie, Gewichtsverlust sowie Übelkeit und Erbrechen)
    • Risikofaktoren, darunter männliches Geschlecht, Alter größer 50 Jahre, Übergewicht
  • Inappetenz (Appetitlosigkeit)
  • Malabsorption (Störung der Nahrungsverwertung)
  • Obere gastrointestinale Blutung (GIB) – Blutung aus dem oberen Magen-Darm-Trakt
  • Polypektomie (Entfernung von Polypen)
  • Refraktäre Oberbauchbeschwerden wie Magenschmerzen oder aber Nausea (Übelkeit)/Erbrechen (rezidivierendes Erbrechen)
  • Suspekte (verdächtige) radiologische Befunde
  • Unklarer Gewichtsverlust
  • Veränderungen der Speiseröhrenschleimhaut wie beispielsweise der Barrett-Ösophagus (Umwandlung des Platten- in Zylinderepithel) (Barrett-Ösophagus: bei Metaplasielängen ab 3 cm sind 3-Jahres-Intervall-Kontrollendoskopien geeignet [1])
  • Verdacht auf maligne (bösartige) Tumoren

Vor der Untersuchung

  • Aufklärungsgespräch – Detaillierte Information über den Ablauf, mögliche Risiken und die Notwendigkeit der Untersuchung.
  • Für die Spiegelung von Speiseröhre und Magen ist keine größere Vorbereitung nötig. Der Patient sollte aber zwölf Stunden vorher nichts gegessen und sechs Stunden vorher nichts getrunken haben. Klares, kohlensäurefreies Wasser dürfen Sie bis maximal zwei Stunden vor der Magenspiegelung trinken.
  • Falls der Patient wg. Vorhofflimmern (VHF) antikoaguliert (Erhalt gerinnungshemmender Medikamente) ist, sollten mit Clopidogrel (Thrombozytenaggregationshemmer) und Phenprocoumon (Cumarin-Derivat) pausiert werden. Dagegen erhöhen Acetylsalicylsäure (ASS) und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) das Risiko einer Blutung offenbar nicht.
  • GLP-1-Rezeptoragonisten verlangsamen die Magenmotilität und verzögern damit die Magenentleerung. Zur Risikoreduktion bei einer Endoskopie unter Inkretinmimetika, empfiehlt die American Society of Anesthesiologists (ASA) seit Juni 2023 täglich eingenommene Inkretinmimetika am Tag der Prozedur nicht zu nehmen, wöchentlich verabreichte sollten eine Woche zuvor abgesetzt werden [3]. 

Das Verfahren

Die Gastroskopie ist gleichermaßen ein Diagnostik- wie auch ein Behandlungsverfahren. Damit man einen guten Überblick von Speiseröhre, Magen und oberem Dünndarm bekommen kann, werden spezielle Endoskope mit Licht-, Optik- und Arbeitskanälen verwendet.

Die Spitze dieser biegsamen Schläuche lässt sich in alle Richtungen abwinkeln, sodass fast alle Bereiche eingesehen werden können.
Ein wichtiger Vorteil dieser Methode ist, dass der Untersucher bei verdächtigen Arealen sofort Gewebeproben (Probebiopsien) entnehmen kann, die dann von einem Pathologen genauer untersucht werden.

Häufig werden im Magen zwei Doppelbiopsien entnommen (im Antrum und Corpus ventriculi). Bei Bedarf werden zusätzlich auffällige Areale biopsiert. Die Entnahme ist schmerzlos.

Beim Magenfrühkarzinom erfolgt unter Beachtung onkologischer Kriterien (Größe, Invasionstiefe, Grading, Ulzeration) eine endoskopische Resektion (ER) mittels endoskopischer Submukosadissektion (ESD). Dabei soll eine R0-Resektion erreicht werden.

Die Untersuchung wird meist ambulant durchgeführt. Um den Würgereiz beim Einführen des Instruments zu reduzieren, erhalten Sie ein Lokalanästhetikum (Mittel zur örtlichen Betäubung). Auf Wunsch kann die Untersuchung auch in Analgosedierung (schmerzfreier Dämmerschlaf) liegend durchgeführt werden.

Die Gastroskopie bietet Ihnen eine vielversprechende Möglichkeit zur frühzeitigen Erkennung krankhafter Veränderungen im oberen Gastrointestinaltrakt. Sie bietet Ihnen eine effektive Diagnostik und gegebenenfalls Therapie.

Die Dauer der Untersuchung einschließlich evtl. Probenentnahmen beträgt 3-5 Minuten.

Mögliche Befunde

  • Normale Befunde: Keine auffälligen Veränderungen, gesunde Schleimhaut in allen inspizierten Bereichen.
  • Pathologische Befunde:
    • Entzündungen: Gastritis (Magenschleimhautentzündung), Ösophagitis (Speiseröhrenentzündung), Duodenitis (Zwölffingerdarmentzündung).
    • Strukturelle Veränderungen: Strikturen (hochgradige Einengungen), Varizen (Krampfadern), abnorme Verengungen.
    • Neoplastische Veränderungen: Benigne (gutartige) Polypen, (bösartige) maligne Tumoren.
    • Ulzerationen: Peptische Ulzera (Sonderform des Magengeschwürs), die akut oder chronisch sein können.
  • Spezielle Befunde: Nachweis von H. pylori-assoziierten Läsionen, Barrett-Epithel.

Nach der Untersuchung

  • Erholungsphase: Überwachung nach der Sedierung, bis die Effekte nachgelassen haben.
  • Essen und Trinken: Empfehlungen, wann der Patient nach der Untersuchung wieder essen und trinken darf, abhängig von der Art der verwendeten Anästhesie.
  • Ergebnisbesprechung: Die Ergebnisse können sofort oder nach einigen Tagen diskutiert werden, je nachdem, ob Gewebeproben entnommen und zur histologischen Untersuchung gesendet wurden.

Mögliche Komplikationen

  • Verletzung bzw. Perforation (Durchstoßung) der Wand von Ösophagus (Speiseröhre), Magen oder Duodenum (Zwölffingerdarm) sowie Verletzungen des Kehlkopfes mit nachfolgender Peritonitis (Bauchfellentzündung)
  • Verletzungen der Magen- und Darmwand, die erst nach einigen Tagen zu einer Peritonitis (Bauchfellentzündung) führen.
  • Stärkere Blutungen (z. B. nach einer Gewebeentnahme)
  • Bei Überempfindlichkeit bzw. Allergien (z. B. Betäubung-/Narkosemittel, Medikamente etc.) kann es vorübergehend zu folgenden Beschwerden kommen: Schwellung, Hautausschlag, Juckreiz, Niesen, tränende Augen (Augentränen), Schwindel oder Erbrechen.
  • Nach der Gastroskopie können Schluckbeschwerden, Halsschmerzen, leichte Heiserkeit oder Blähungen auftreten. Diese Beschwerden verschwinden im Regelfall nach einigen Stunden von selbst.
  • Zahnschädigungen durch das Endoskop oder den Beißring sind selten.
  • Infektionen, nach denen schwere lebensbedrohliche Komplikationen betreffend Herz, Kreislauf, Atmung etc. auftreten, kommen selten vor (3 Patienten haben schwere Infektionen auf 1.000 Untersuchungen [2]). Ebenso sind bleibende Schäden (z. B. Lähmungen) und lebensbedrohende Komplikationen (z. B. Sepsis/Blutvergiftung) nach Infektionen sehr selten.

Literatur

  1. Pohl H et al.: Length of Barrett’s oesophagus and cancer risk: implications from a large sample of patients with early oesophageal adenocarcinoma. Gut. 2016 Feb;65(2):196-201. doi: 10.1136/gutjnl-2015-309220.
  2. Wang P et al.: Rates of infection after colonoscopy and osophagogastroduodenoscopy in ambulatory surgery centres in the USA. Gut, May 2018 http://dx.doi.org/10.1136/gutjnl-2017-315308
  3. Hashash JG et al.: GA Rapid Clinical Practice Update on the Management of Patients Taking GLP-1 Receptor Agonists Prior to Endoscopy: Communication Clinical Gastroenterology and Hepatology November 07, 2023 doi:https://doi.org/10.1016/j.cgh.2023.11.002

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Gastrointestinale Endoskopie, Sedierung. (AWMF-Registernummer: 021 - 014), Mai 2015 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Gastrointestinale Endoskopie, Qualitätsanforderungen. (AWMF-Registernummer: 021 - 022), Juli 2015 Langfassung