Alkalische Phosphatase (AP)

Die Alkalische Phosphatase (AP, ALP) gehört zu einer Gruppe von Isoenzymen (Enzymvarianten) (Leber-AP, die Gallenwegs-AP, die Knochen-AP (knochenspezifisch auch Ostase) und die Dünndarm-AP), die viele verschiedene Stoffwechselvorgänge (Stoffwechselprozesse) im Körper begleiten. 

Die im Serum (Blutflüssigkeit) gemessenen Werte der alkalischen Phosphatase stammen vor allem aus dem Knochen und den Hepatozyten (Leberzellen).

Da bei Cholestase (Gallenstau) die alkalische Phosphatase vermehrt ins Blut gelangt, zählt der Laborparameter auch zu den Cholestaseenzymen. Zur Differentialdiagnose (Abklärung) muss allerdings die Aktivität anderer Cholestaseenzyme bestimmt werden, die nicht auch osteogener Herkunft (aus dem Knochen) sein können (z. B. γ-GT (Synonyme: γ-GT (Gamma-GT)) und ggf. 5'-Nukleotidase) sowie die cholestatische Konstellation (typische Befundkombination) mit Bilirubin und alkalischer Phosphatase in Zusammenschau bewertet werden.

Die alkalische Phosphatase ist vorwiegend membrangebunden.
Sie ist nicht leberspezifisch (Isoenzyme in Leber, Knochen, Niere, Darm, Plazenta).
Die Halbwertszeit beträgt 1-7 Tage.

Synonyme

  • ALP
  • AP
  • Alkalische Phosphatase

Charakteristische Laborbefunde

  • Cholestatisches Muster (Gallenstau-Muster): AP erhöht und γ-GT erhöht (ggf. Bilirubin erhöht) [2, 4].
  • Nichthepatische Erhöhung (nicht aus der Leber stammende Erhöhung): AP erhöht bei unauffälliger γ-GT (z. B. ossär (knochenbedingt), Wachstum, Schwangerschaft) [3].
  • Therapiemonitoring (Therapiekontrolle) bei primär biliärer Cholangitis (chronische Gallenwegsentzündung): AP als prognostisch relevanter Surrogatparameter (Ersatzmarker) (z. B. Zielwerte/Response-Kriterien (Ansprechkriterien) im Verlauf) [2, 5-7].

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Blutserum
  • Alternativ: Heparinplasma (methodenabhängig); EDTA-/Citratplasma ungeeignet (Chelatierung (Bindung) von Magnesium/Zink kann die Enzymaktivität vermindern).

Vorbereitung des Patienten

  • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich.
  • Bei isolierter leichter AP-Erhöhung ohne Cholestasezeichen (Zeichen eines Gallenstaus) kann eine Nüchternabnahme (Blutabnahme ohne vorherige Nahrungsaufnahme) sinnvoll sein (postprandiale (nach dem Essen) intestinale (darmbezogene) AP-Fraktion (Anteil), individuell/laborabhängig).

Störfaktoren

  • Hämolyse (Zerfall roter Blutkörperchen) vermeiden! Diese führt bei starker Hämolyse zur Abnahme der alkalischen Phosphatase.
  • Stauung/Verzögerte Serumabtrennung kann zu präanalytischen (vor der Analyse) Artefakten (Messverfälschungen) führen.
  • Schwangerschaft (v. a. 3. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel)) und Wachstum/Adoleszenz (Pubertät): physiologisch erhöhte AP (plazentare (mutterkuchenbedingte) bzw. ossäre (knochenbedingte) Isoenzyme).

Methode

  • Standardisiert photometrisch (Lichtmessverfahren) nach (modifiziertem) IFCC-Referenzverfahren bei 37 °C mit p-Nitrophenylphosphat als Substrat (Reaktionsgrundstoff); Messung der Bildung von p-Nitrophenol (Methoden-/Herstellerabhängigkeit beachten) [4].
  • Bei unklarer Genese (unklarer Ursache): Isoenzym-/Fraktionierungsdiagnostik (Aufschlüsselung nach Isoenzymen) (z. B. knochenspezifische AP/Ostase) oder Bestätigung der hepatischen Herkunft (Leberursprung) über γ-GT/5'-Nukleotidase (laborspezifische Verfügbarkeit).


Normwerte für Kinder 

Alter Normwerte in U/L (neuer Referenzbereich)
1. LT < 250
2.-5. LT < 231
6. LT- 6. LM < 449
7.-12. LM < 462
1.-3. LJ < 281
4.-6. LJ < 269
7.-12. LJ < 300
13.-17. LJ ♀ < 187
13.-17. LJ ♂ < 390

Normwerte Frauen

Alter Normwerte in U/l (alter Referenzbereich) Normwerte in U/l (neuer Referenzbereich)
< 50. LJ
oder Normgewicht
55-147 35-104
> 50. LJ
oder
Übergewicht
60-170 35-104

Normwerte Männer

Normwerte in U/l (alter Referenzbereich) Normwerte in U/l (neuer Referenzbereich)
70-175 40-104

Hinweis zu Referenzbereichen

  • Normbereiche sind methoden- und laborabhängig (insbesondere Temperaturstandardisierung/IFCC-Kalibration, Plattform, Population). Die Tabellen können daher nur als orientierende Richtwerte dienen.

Indikationen

  • Abklärung cholestatischer Leberwerterhöhung (intrahepatisch/extrahepatisch) und Verlaufskontrolle [2, 3].
  • Verdacht auf Hepatopathien (Lebererkrankungen)
  • Verdacht auf Knochenveränderungen wie Knochenmetastasen (Tochtergeschwülste in den Knochen)
  • Verdacht auf Osteoporose (Knochenschwund) oder Osteomalazie (Knochenerweichung) 
  • Verlaufskontrolle/Responsebeurteilung (Beurteilung des Ansprechens) bei primär biliärer Cholangitis (AP als Surrogatparameter) [2, 5-7].

Interpretation

Pragmatischer Abklärungsalgorithmus (klinisch bewährt)

  • Bestätigung: Wiederholungsmessung und Prüfung präanalytischer Faktoren (Hämolyse, Material, Abnahmebedingungen).
  • Hepatische vs. ossäre Herkunft: γ-GT (und ggf. 5'-Nukleotidase) zur Einordnung.
  • Bei cholestatischem Muster: Bilirubin, Transaminasen (ALT/AST), Bildgebung je nach Klinik (z. B. Abdomensonographie (Ultraschall der Bauchorgane)) und zielgerichtete serologische Abklärung (z. B. antimitochondriale Antikörper bei Verdacht auf primär biliäre Cholangitis) [2, 3].
  • Bei nichthepatischer Genese: knochenstoffwechselbezogene Diagnostik (Calcium, Phosphat, Parathormon, 25-OH-Vitamin D, ggf. knochenspezifische AP/Ostase) und klinische Bildgebung je nach Verdacht.

Interpretation erhöhter Werte

Hepatische Ursachen

  • Akute Hepatitis (akute Leberentzündung)
  • Cholangitis (Gallenwegsentzündung)
  • Cholestase
  • Cholezystitis (Gallenblasenentzündung)
  • Chronische Hepatitis (chronische Leberentzündung)
  • Lebermetastasen (Leberableger)
  • Lebertumoren (Lebergeschwülste)
  • Leberzirrhose (Leberschrumpfung)
  • Primär biliäre Cholangitis (PBC) – relativ seltene Autoimmunerkrankung (Erkrankung des Abwehrsystems) der Leber, die in ca. 90 % der Fälle Frauen betrifft. Die Erkrankung beginnt an den kleinen Gallengängen, die durch eine Entzündung zerstört werden. Ein hoher Wert der AP ist bei PBC mit einem erhöhten Progressionsrisiko (Risiko des Fortschreitens) assoziiert. [2, 6, 7]
  • Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) (vernarbende Gallenwegsentzündung) [3]
  • Toxische/medikamentöse Leberschädigung (s. u. "Hepatotoxische Medikamente (leberschädigende Medikamente)"
  • Stauungsleber (Blutstau in der Leber)
  • Steatosis hepatis (Fettleber)

Leberwerterhöhungen und ihre Differentialdiagnosen [mod. n. 1]

GPT/ALT GOT/AST  γ-GT AK  Differentialdiagnosen 
 ↑↑    ↑  (↑)

 Hepatisches Bild

  • Virushepatitis (Virus-Leberentzündung)
  • Autoimmunhepatitis (autoimmune Leberentzündung)
  • hepatische Beteiligung bei Systemerkrankungen (Ganzkörpererkrankungen) 
    (z. B. Lupus erythematodes (Lupus))
  • metabolische oder vaskuläre Störungen (Stoffwechsel- oder Gefäßstörungen)
         Cholestatisches Bild
  • intra- oder extrahepatische Cholestase 
       

 Nutritiv-toxisch

  • Alkohol
     (↑)  

 Toxisch

  • medikamentös-toxische Schäden (medikamentenbedingte Schäden)

Legende

  • GPT (Glutamat-Pyruvat-Transaminase)/ ALT (Alanin-Aminotransferase)
  • GOT (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase)/ AST (Aspartat-Aminotransferase)
  • γ-GT (γ-Glutamyltransferase)
  • AP (alkalische Phosphatase)

Endokrine Ursachen

  • Akromegalie (Wachstumshormonüberschuss)
  • Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
  • Hypovitaminose D (Vitamin-D-Mangel) (z. B. Osteomalazie)
  • Morbus Cushing (Cortisol-Überproduktion)

Gynäkologische Ursachen:

  • Gravidität (Schwangerschaft) (3. Trimenon): physiologisch.

Ossäre Ursachen

  • Frakturen (Knochenbrüche)
  • Knochenmetastasen (osteoklastische; Osteoklasten (Knochenabbauzellen) → Osteolyse (Knochenabbau))
  • Knochentumoren wie das Osteosarkom (Knochenkrebs)
  • Morbus Paget (Ostitis deformans) (Knochenumbaukrankheit)
  • Osteomalazie
  • Osteoporose
  • Renale Osteodystrophie (Knochenerkrankung bei Nierenkrankheit)

Medikamentöse Ursachen

  • Antiepileptika (Medikamente gegen Epilepsie)
  • Chlorpromazin (Psychopharmakon)
  • Hormone
    • Gestagene (Gelbkörperhormone)
    • Östrogene (weibliche Hormone)
  • Thiamazol (Schilddrüsenhemmer)

Weitere Ursachen

  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs)
  • Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) – eine idiopathische (ohne erkennbare Ursache) erhöhte alkalische Phosphatase kann ein frühes Alarmzeichen (Warnzeichen) für ein Pankreaskarzinom sein.
  • Sarkoidose (Morbus Boeck) 

Interpretation erniedrigter Werte

  • Anämie (Blutarmut)
  • Achondroplasie (Kleinwuchs)
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Hypophosphatämie (Phosphatmangel im Blut)
  • Hypophosphatasie (seltene Erbkrankheit) (HPP; Synonyme: Rathbun-Syndrom, Phosphatasemangelrachitis; Phosphatasemangel-Rachitis) – seltene, genetisch bedingte, derzeit nicht heilbare Knochenstoffwechselstörung, die sich vor allem im Skelettaufbau manifestiert; defekte Knochen- und Zahnmineralisation, frühzeitiger Verlust von Milch- und bleibenden Zähnen
  • Hypophysärer Zwergwuchs (Unterwuchs)s
  • Proteinmangel (Eiweißmangel)
  • Zinkmangel

Weiterführende Diagnostik

  • Cholestaseabklärung: γ-GT, Bilirubin, ALT/AST; serologisch je nach Verdacht (z. B. antimitochondriale Antikörper bei Verdacht auf primär biliäre Cholangitis); Bildgebung initial meist Abdomensonographie, weiterführend je nach Befund (z. B. Magnetresonanztomographie (Kernspintomographie) (MRT)/Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie) [2, 3].
  • Ossäre Abklärung: Calcium, Phosphat, Parathormon, 25-OH-Vitamin D, ggf. knochenspezifische AP/Ostase; bei Verdacht auf Metastasen/hochaktiven Knochenumbau zielgerichtete Bildgebung.
  • Isoenzym-/Fraktionierungsdiagnostik der AP bei persistierend unklarer Genese (Ursache).

Literatur

  1. Holstege A: Erhöhte Leberwerte. Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(22): 1640-1646 doi: 10.1055/s-0042-100041 
  2. European Association for the Study of the Liver. EASL Clinical Practice Guidelines: The diagnosis and management of patients with primary biliary cholangitis. J Hepatol. 2017;67(1):145-172. https://doi.org/10.1016/j.jhep.2017.03.022
  3. European Association for the Study of the Liver. EASL Clinical Practice Guidelines on sclerosing cholangitis. J Hepatol. 2022;77(3):761-806. https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.05.011
  4. Schumann G, Klauke R, Canalias F, et al. IFCC primary reference procedures for the measurement of catalytic activity concentrations of enzymes at 37°C. Part 9: Reference procedure for the measurement of catalytic concentration of alkaline phosphatase. Clin Chem Lab Med. 2011;49(9):1439-1446. https://doi.org/10.1515/CCLM.2011.621
  5. Lindor KD, Bowlus CL, Boyer J, Levy C, Mayo MJ. Primary biliary cholangitis: 2021 practice guidance update from the American Association for the Study of Liver Diseases. Hepatology. 2022;75(4):1012-1013. https://doi.org/10.1002/hep.32117
  6. Lammers WJ, van Buuren HR, Hirschfield GM, et al. Levels of alkaline phosphatase and bilirubin are surrogate end points of outcomes of patients with primary biliary cirrhosis: an international follow-up study. Gastroenterology. 2014;147(6):1338-1349.e5. https://doi.org/10.1053/j.gastro.2014.08.029
  7. Nevens F, Andreone P, Mazzella G, et al. A Placebo-Controlled Trial of Obeticholic Acid in Primary Biliary Cholangitis. N Engl J Med. 2016;375:631-643. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1509840