Optische Kohärenztomographie (OCT)
Die optische Kohärenztomographie (OCT) gehört zu den bildgebenden Verfahren und wird in der Augenheilkunde zur Untersuchung der Retina (Netzhaut), des Glaskörpers und des N. opticus (Sehnerv) verwendet. Es handelt sich um eine nichtinvasive, kontaktlose Methode zur Erstellung optischer, zweidimensionaler Schnittbilder, die eine hohe räumliche Auflösung haben.
Zielsetzung der OCT
Die OCT zielt darauf ab, detaillierte Einblicke in die feinen Strukturen des Auges zu gewähren. Dies ermöglicht eine präzise Diagnose und Verlaufsbeobachtung verschiedener Augenerkrankungen, insbesondere solcher, die die Makula (“Gelber Fleck”; Sehzentrum des Menschen) und den Sehnerv betreffen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Makulaloch – scharf begrenzte Zerstörung der Netzhaut in der Fovea der Macula lutea (gelber Fleck – Ort des schärfsten Sehens)
- Makulaödem – Schwellung der zentralen Netzhaut im Bereich der Macula lutea [Kassenleistung bei Makulaödem infolge einer diabetischen Retinopathie/Netzhauterkrankung]
- Makuladegeneration – Gruppe von Augenerkrankungen, die die Makula lutea („der Punkt des schärfsten Sehens“) – auch „Gelber Fleck“ genannt – der Netzhaut betreffen) [Kassenleistung bei neovaskulärer altersbedingter Makuladegeneration (nAMD)]
- Multiple Sklerose zur Differentialdiagnostik: Eine NMOSD („Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen“)-assoziierte ON (Optikusneuritis/Sehnerventzündung) ist im Vergleich zu einer MS-assoziierten ON klinisch stärker ausgeprägt.
- Epiretinale Gliose (Synonym: Macular Pucker) – Membranbildung zwischen Retina (Netzhaut) und Glaskörper meist im Bereich der Macula lutea, die nach intraokularen (z. B. Operation am Auge) Eingriffen auftreten kann; Sehvermögen wird reduziert und es kommt zum Verzerrtsehen; Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): 2-20 % in der Gruppe der 70-80-Jährigen
- Retinopathia centralis serosa – Erkrankung der Makula lutea mit subretinaler (unter der Retina) Flüssigkeitsansammlung und plötzlichem Sehschärfeverlust
- Beurteilung postoperativer Befunde
- Monitoring therapieassoziierter Komplikationen (z. B. Makulaödem)
- Verlaufskontrolle von Krankheitsprozessen
- Verlaufsbeobachtung bei einem Glaukom – heterogene Gruppe von Augenerkrankungen, die unbehandelt in eine charakteristische Optikusneuropathie (Erkrankung des Sehnervs) münden
- Unklare Sehminderungen
- Glaskörpertraktionen – Anhebung des Glaskörpers an die Netzhaut mit möglicher Schädigung
Hinweis: Die optische Kohärenztomographie (OTC) wird inzwischen auch in der Dermatologie eingesetzt. Haupteinsatzgebiete der OCT sind die epithelialen Tumoren, insbesondere Basalzellkarzinome (BZK) und das gesamte Spektrum der weiteren nichtmelanozytären Hautkrebsarten und ihrer Vorstufen (aktinische Keratosen, M. Bowen und spinozelluläre Karzinome/Plattenepithelkarzinom der Haut (PEK)) [3].
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Es gibt keine spezifischen Kontraindikationen für die OCT, jedoch sollte die Untersuchung bei Patienten mit Medientrübungen wie Katarakten mit Vorsicht interpretiert werden, da diese die Bildqualität beeinträchtigen können.
Vor der Untersuchung
- Aufklärung: Patienten werden über den Ablauf der Untersuchung und die Bedeutung der Ergebnisse informiert.
- Vorbereitung: Es sind keine speziellen Vorbereitungen nötig, außer der Reinigung der Augenoberfläche.
Das Verfahren
Die optische Kohärenztomographie funktioniert mit demselben Prinzip wie ein Ultraschall, nur dass statt Schallwellen ein Lichtstrahlenbündel verwendet wird. Mit der sogenannten niedrigkohärenten Interferometrie (ein Interferometer misst die Interferenz – Überlagerung von Lichtwellen – um z. B. Entfernungen präzise zu erfassen) wird die Laufzeitverzögerung eines Laserstrahls im Vergleich mit einem Referenzstrahl gemessen und ausgewertet. Der Laserstrahl liegt im Infrarot-Bereich bei ca. 830 nm. Das reflektierte und rückgestreute Licht wird erfasst und daraus ein optisches, zweidimensionales Schnittbild errechnet.
Von besonderem Interesse ist die zentrale Netzhaut (Makula). Im Bereich der Papille kann vor allem der Sehnerv beurteilt werden.
Die optische Kohärenztomographie stellt folgende Strukturen der Retina und des Auges präzise dar:
- Nervenfaserschicht
- Fotorezeptorschicht
- retinales Pigmentepithel
- Choriocapillaris – Teil der Choroidea (Aderhaut), der der Retina direkt anliegt
- Sklera (Lederhaut; nur sehr bedingt)
- Kornea (Hornhaut) – Bestimmung der Hornhautdicke
- Iris
- Linse
Dieser Datensatz kann in Echtzeit in einer Falschfarbenskala oder in Graustufen abgebildet werden. Hoch reflektierende Strukturen wie die Nervenfaserschicht, Gefäße oder das retinale Pigmentepithel werden in hellen Farben (z. B. weiß oder rot) dargestellt. Strukturen mit intermediärer Reflektivität erscheinen grün, Elemente, die sehr wenig Licht reflektieren, sind schwarz oder blau. Die optische Kohärenztomographie ist in der Lage, Parameter wie die Nervenfaserschichtdicke, die Netzhautdicke, das Volumen der vorderen Augenkammer und des Kammerwinkels zu bestimmen. Sie erlaubt eine präzise Erfassung pathologischer (krankheitsbedingter) Veränderungen. Vor allem in der Früherkennung und Verlaufskontrolle des Glaukoms (Grüner Star: erhöhter Augeninnendruck, der zur Schädigung des Sehnervs führt) verspricht das Verfahren eine Verbesserung.
Die optische Kohärenztomographie (OCT) erlaubt eine hochpräzise Darstellung kleinster Strukturen der Netzhaut und ist somit ein wertvolles diagnostisches Verfahren in der Augenheilkunde.
Die OCT-Untersuchung benötigt in der täglichen Praxis nur wenige Minuten.
Mögliche Befunde
- Normalbefund: Keine Auffälligkeiten in der Struktur der Retina oder des Sehnervs.
- Pathologischer Befund: Veränderungen in der Dicke der Nervenfaserschicht, Anzeichen von Makuladegeneration, Makulaödemen oder anderen pathologischen Zuständen.
- Spezifische Diagnosestellung bei Krankheitsbildern wie Glaukom, wo eine frühzeitige Erkennung entscheidend für die Prognose ist.
Nach der Untersuchung
- Beratung: Patienten erhalten eine detaillierte Erläuterung der Ergebnisse und, falls nötig, einen Behandlungsplan.
- Folgetermine: Bei pathologischen Befunden oder zur Verlaufskontrolle werden weitere Untersuchungen empfohlen.
Mögliche Komplikationen
Die OCT ist ein sehr sicheres Verfahren. Gelegentliche Unannehmlichkeiten können durch die Helligkeit des Lasers oder eine vorübergehende Blendung entstehen.
Weitere Hinweise
- Der GBA (Gemeinsamer Bundesausschuss) hat beschlossen, die OCT für Patienten mit diagnostizierter diabetischer Retinopathie (Netzhauterkrankung) und einem dadurch bedingten Makulaödem (Schwellung der zentralen Netzhaut im Bereich der Macula lutea) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen aufzunehmen; gleiches gilt für die neovaskuläre altersbedingte Makuladegeneration (nAMD).
- Die OCT als Kassenleistung soll frühestens drei Wochen nach intravitrealer ("in den Glaskörper hinein") Medikamenteneingabe in das jeweilige Auge erbracht werden; höchstens einmal innerhalb von 26 Tagen und höchstens sechsmal innerhalb von zwölf Monaten nach der letzten intravitrealen Medikamenteneingabe.
- Bei Personen mit chronischen Nierenerkrankungen war die Retina im Vergleich zu gesunden Kontrollen dünner [4].
Literatur
- Augustin AJ: Augenheilkunde. Springer Verlag 2007
- Kanski JJ: Klinische Ohpthalmologie Lehrbuch und Atlas. Elsevier, Urban & Fischer Verlag: 2008
- di Ruffano FL, Dinnes J, Deeks JJ et al.: Optical coherence tomography for diagnosing skin cancer in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2018 https://doi.org/10.1002/14651858.cd013189 CrossRef
- Farrah TE et al.: Choroidal and retinal thinning in chronic kidney disease independently associate with eGFR decline and are modifiable with treatment Nat Commun 14, 7720 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-43125-1