Cholesterin

Cholesterin ist ein essentielles (lebensnotwendiges) Sterol (Membranlipid) und ein wichtiger Bestandteil der Plasmamembran. Es dient im Körper unter anderem als Vorstufe für Steroidhormone und Gallensäuren. In den Blutkreislauf gelangt es auf zwei Wegen. Zum einen synthetisiert die Leber Cholesterin, zum anderen wird es über die tägliche Nahrung aufgenommen.

Da Lipide (Blutfette) wie das Cholesterin im Blut nicht löslich sind und normalerweise nicht im Blut transportiert werden können, müssen diese an Lipoproteine gebunden werden.

Der Cholesterin-Serumspiegel setzt sich zusammen aus dem HDL-Cholesterin (HDL-C; engl.: high density lipoprotein) und dem LDL-Cholesterin (LDL-C; engl.: low density lipoprotein).

Je höher der Lipid-Anteil im Cholesterin ist, desto geringer ist die Dichte und desto schädlicher die Verbindung. LDL-Cholesterin weist zum Beispiel einen Gesamt-Lipid-Anteil von etwa 75 % und HDL-Cholesterin von gut 50 %.

Das HDL-Cholesterin ist in der Lage, Cholesterin aus den Gefäßen – auch aus bereits bestehenden Ablagerungen – aufzunehmen und zurück zur Leber zu transportieren (reverser Cholesterintransport, RCT) mit dem Ziel der Exkretion des Cholesterins; diese geschieht entweder direkt oder nach Umbau zu Gallensäuren.
Ganz anders wirkt das LDL-Cholesterin. Es transportiert das Cholesterin von der Leber zu den einzelnen Geweben des Körpers. 

LDL-Cholesterin und weitere cholesterinhaltige Lipoproteine sind direkt an der Entstehung und dem Fortschreiten der Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) beteiligt.

Handlungsempfehlungen für eine adäquate Diagnostik, Therapie und Langzeitbehandlung von Dyslipoproteinämie siehe unter Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. [3].

Das Verfahren

Die Gesamtcholesterin-Konzentration kann mittels einer labordiagnostischen Untersuchung aus Ihrer Blutprobe ermittelt werden.

Benötigtes Material

  • Blutserum
  • oder LiH-Plasma

Vorbereitung des Patienten

  • Zur Blutentnahme müssen Sie nüchtern – ohne 12-16 Stunden vorher etwas gegessen zu haben – erscheinen. [nicht mehr erforderlich]
    Hinweis! Für die prognostische Aussage des LDL-Cholesterinwerts ist es laut einer epidemiologischen Untersuchung unerheblich, ob die Patienten vor der Blutabnahme nüchtern sind oder nicht [4]. Auch Erfahrungen aus Dänemark, wo die Labore seit 2009 auch Blutproben von postprandialen ("nach dem Essen") Patienten zur Bestimmung des Lipidprofils akzeptieren, bestätigen das [5].
  • Spezielle Diäten oder beeinflussende Medikamente wird Ihr Arzt gegebenenfalls drei Tage vor der Blutentnahme absetzen.
  • Eine Kontrolluntersuchung wird Ihr Arzt bei pathologischen Ergebnissen nach circa zwei Wochen durchführen.

Störfaktoren

  • Langes Stauen vermeiden!
  • Roter Reis kann über eine Hemmung der HMG-CoA-Reduktase den Cholesterin-Serumspiegel senken.

Es werden die folgenden Werte bestimmt:

  • Gesamtcholesterin
  • LDL-Cholesterin (LDL-C)
  • HDL-Cholesterin (HDL-C)

Normalwerte für Gesamtcholesterin

Alter Normwerte [mg/dl]  [mmol/l]
  > 40. Lebensjahr < 240 mg/dl  < 6,2 mmol/l
  30.-40. Lebensjahr < 220 mg/dl  < 5,7 mmol/l
  20.-29. Lebensjahr < 200 mg/dl  < 5,2 mmol/l
  < 19. Lebensjahr < 170 mg/dl  < 4,4 mmol/l
  Kinder < 170 (-200 mg/dl)  < 4,4 (-5,2 mmol/l)
  Säuglinge < 190 mg/dl  < 4,9 mmol/l
  Neugeborene < 170 mg/dl  < 4,4 mmol/l

Umrechnungsfaktor

  • mg/dl x 0,02586 = mmol/l

Normalwerte für LDL-Cholesterin

 Alter  Normwerte [mg/dl] [mmol/l]   
 Erwachsene   < 160 mg/dl < 4,16
 Kinder   < 100 mg/dl  < 2,6 
 Säuglinge   45-117 mg/dl 1,17-3,04
 Neugeborene   59-217 mg/dl 1,53-5,64


Je höher der LDL-Wert, desto höher ist Ihr Atheroskleroserisiko! 

LDL-Cholesterin
[mg/dl]
[mmol/l] Klassifikation des Atheroskleroserisikos
 < 100 mg/dl < 2,6  optimal
 100-129 mg/dl 2,6-3,35  nahezu optimal
 130-159 3,38-4,13  grenzwertig erhöht
 160-189 mg/dl 4,16-4,91  erhöht
 > 190 mg/dl  > 4,94  stark erhöht

Normalwerte für HDL-Cholesterin

 Alter  Normwerte [mg/dl] [mmol/l]   
 Männer   35-55 mg/dl 0,91-1,43
 Frauen   45-65 mg/dl 1,17-1,69
 Kinder   22-89 mg/dl 0,57-2,31
 Säuglinge   13-53 mg/dl 0,34-1,38
 Neugeborene   22-89 mg/dl 0,57-2,31

Je geringer der HDL-Wert, desto höher ist Ihr Atheroskleroserisiko!

Umrechnungsfaktor

  • mg/dl x 0,02586 = mmol/l

Beachte: HDL-Werte von über 60 Milligramm/Deziliter (1,5 mmo/L) hatten in einer Studie ein um fast 50 Prozent erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf Krankheit zu versterben oder einen Myokardinfarkt zu erleiden [6].

Normalwerte für den LDL/HDL-Quotient

Der LDL/HDL-Quotient (LDL geteilt durch HDL) ist ein sehr guter Indikator zur Abschätzung des Atheroskleroserisikos.

 LDH/HDL-Quotient
 Interpretation
 < 3,0  Zielwert (ideal)
 3,0 - 5,0   erhöhtes Risiko
 ≥ 5  hohes Risiko


Normwerte für das Non-HDL-Cholesterin

Non-HDL-Cholesterin ist die Differenz aus den Messwerten von Gesamtcholesterin und HDL-Cholesterin. Es enthält somit auch die atherogenen VLDL- , IDL- und small-dense-LDL- Fraktionen.

Risiko-Kategorie und Non-HDL-Zielwerte bei Triglyceridwerten > 200 mg/dl (> 2.28 mmol/l)

 Non-HDL-Zielwerte  Risiko-Kategorie
< 100 mg/dl (< 2.59 mmol/l)   bei sehr hohem Risiko dokumentierte koronare Herzkrankheit (KHK) oder Diabetes mellitus oder eGFR < 60 ml/min oder HeartScore > 10 % (www.heartscore.org)
< 130 mg/dl (< 3.37 mmol/l)  bei hohem Risiko prominente einzelne Risikofaktoren (z. B. familiäre Hypercholesterinämie, schwere Hypertonie) oder HeartScore > 5 % bis < 10 % 
< 145 mg/dl (< 3.75 mmol/l)   bei moderatem und niedrigem Risiko HeartScore < 5 %

Indikationen

  • Als Routineparameter zur Bestimmung des Atheroskleroserisikos
  • Bei Kindern und Adoleszenten, deren Eltern oder Verwandte ersten Grades vor dem 60. Lebensjahr kardiovaskuläre Erkrankungen aufweisen
  • Bei Kindern von Eltern, unter denen ein Teil an familiärer Hyperlipidämie leidet oder einen Cholesterinwert > 300 mg/dl (> 7,8 mmol/l) aufweist
  • Bei Patienten mit einem Triglyceridspiegel von > 200 mg/dl und metabolisch bedingten Dyslipoproteinämien (z. B. Diabetes mellitus Typ 2, metabolisches Syndrom, androide Körperfettverteilung, das heißt abdominales/viszerales, stammbetontes, zentrales Körperfett (Apfeltyp) etc.)
  • Therapie-Kontrolle bei der Behandlung mit lipidsenkenden Medikamenten

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

1. Vererbliche primäre beziehungsweise reine Hypercholesterinämie:

  • Polygene Hypercholesterinämie, Typ IIa, sehr häufig, hohes Atheroskleroserisiko
  • Familiäre Hypercholesterinämie, Typ IIa, Häufigkeit heterozygot 1 : 500, homozygot 1 : 1.000.000, sehr hohes Risiko (heterozygot) bzw. extrem hohes Risiko (homozygot)
  • Kombinierte Hyperlipidämie Typ IIa, IIb oder IV, Häufigkeit 1 : 300, hohes Risiko
  • Familiäres defektes Apo B100 (FDB), Typ IIa, Häufigkeit 1 : 100 - 1 : 300, hohes Risiko

Ein Screening von Kindern, Erwachsenen und Familien wg. Verdacht auf familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist erforderlich, wenn:

  • der Gesamtcholesterin bei einem Erwachsenen höher als 310 mg/dl (8 mmol/l) und bei einem Kind höher als 230 mg/dl (6 mmol/l) ist
  • eine FH bei einem Familienmitglied diagnostiziert wurde
  • eine früh aufgetretene koronare Herzkrankheit (KHK) oder Xanthome (Lipidablagerungen) an den Sehnen bestehen
  • ein plötzlicher Herztod (PHT) schon in einer relativ frühen Lebensphase aufgetreten ist

2. Sekundäre Hypercholesterinämie:

  • Adipositas (Übergewicht)
  • Ernährung – zu viele gesättigte Fettsäuren und zu viel Cholesterin
  • Bewegungsmangel
  • Rauchen
  • Schwangerschaft
  • Hyperurikämie (Gicht)
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Schlecht eingestellter Diabetes mellitus
  • Chronische Erkrankungen von Leber, Nieren oder Gallenblase
    wie beispielsweise Hepatom – gutartige oder bösartige Neubildung der Leberzellen,
    Nephrotisches Syndrom – klinischer Symptomenkomplex einhergehend mit:
    • Proteinurie (Einweißausscheidung im Harn)
    • Hypo- und Dysproteinämie (Abweichungen im Verhältnis der Eiweißkörper des Blutplasmas)
    • Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung)
    • Hypocalcämie (Calciummangel) 
    • Beschleunigte BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
    • Ödembildung (Wassereinlagerungen)
  • Anorexia nervosa (Magersucht)
  • Akute intermittierende Porphyrie – erblicher Enzymdefekt mit gestörter Porphyrin-Synthese in der Leber
  • Einige Medikamente können zur LDL-Cholesterinerhöhung beitragen:
    • Androgene
    • Beta-Rezeptorenblocker (Betablocker)
    • Diuretika
    • Glucocorticoide (Cortisol)
    • hormonelle Kontrazeptiva (Östrogene/Gestagene)

Interpretation erniedrigter Werte

  • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
  • Konsumierende Erkrankungen wie Krebs oder chronische Infektionen
  • Lebererkrankungen wie beispielsweise Leberzirrhose – Umbau des Lebergewebes mit Funktionsverlust
  • Malabsorption – Störung der Resorption (Aufnahme) der Nahrung im Darm
  • Malnutrition – Fehl- oder Mangelernährung
  • Operationen
  • Proteinmangel (Mangel an Eiweiß)

Weitere Hinweise

  • Ein erhöhter Cholesterin-Serumspiegel ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Atherosklerose (Arterienverkalkung). Dieses wiederum führt zu einem deutlich erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt) oder Apoplex (Schlaganfall).
  • Bei einem Gesamtcholesterin über 200 mg/l ist bereits ein erhöhtes koronares Risiko möglich
  • Das Gesamtcholesterin und das HDL-Cholesterin schwankt, wenn nicht nüchtern, um weniger als 2 % (im Vergleich zu einem Kollektiv mit Blutentnahme im nüchternen Zustand). Die LDL-Cholesterinwerte werden durch eine Mahlzeit um ca. 10 % verändert.
  • HDL-Cholesterin:
    • Der Zusammenhang zwischen HDL‑Cholesterin (HDL-C) und dem Risiko einer Koronaren Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung) ist nicht linear; ab einem HDL‑C von etwa 60 mg/dl (1,5 mmol/l) ist keine weitere Verbesserung der Prognose mehr zu erkennen [1].
    • HDL-Werte von über 60 Milligramm/Deziliter (1,5 mmo/L) hatten in einer Studie ein um fast 50 Prozent erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf Krankheit zu versterben oder einen Myokardinfarkt (US-amerikanische Studie) zu erleiden [6].
    • Studien zeigen, dass sehr hohe Konzentrationen des HDL‑C wieder mit einer Zunahme des KHK-Risikos (koronare Herzkrankheit) einhergehen können [2].
    • In einer US-Studie hatten nur Weiße bei niedrigen HDL-Werten ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko, nicht aber Schwarze. Hohe HDL(high density lipoprotein)-Cholesterin-Werte bieten unabhängig von der Rasse keinen kardiovaskulären Schutz [43].

Weitere Labordiagnostik

Zur genauen Abschätzung des Risikos ist folgender Lipidstatus erforderlich:

  • Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin (s. o.)
  • Lipoprotein (a)
  • Triglyceride
  • Lipid-Elektrophorese

Literatur

  1. Di Angelantonio E, Sarwar N, Perry P et al.: Major lipids, apolipoproteins, and risk of vascular disease. JAMA 2009 Nov 11;302(18):1993-2000. doi: 10.1001/jama.2009.1619.
  2. van der Steeg WA, Holme I, Boekholdt SM et al.: High-density lipoprotein cholesterol, high-density lipoprotein particle size, and apolipoprotein A‑I: significance for cardiovascular risk: the IDEAL and EPIC-Norfolk studies. J Am Coll Cardiol 2008 Feb 12;51(6):634-42. doi: 10.1016/j.jacc.2007.09.060.
  3. Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen in der Ärztlichen Praxis (Stand Januar 2012. publiziert im Mitteilungsblatt der DGFF "Der Lipidreport", Ausgabe 2/1995, Seiten 5 - 12, ISNN 0940-3221; laufend aktualisiert gemäß aktuellen ESC/EAS-Guidelines. Nicht in allen stimmen die DGFF-Empfehlungen mit den EAS-Empfehlungen überein.). Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V
  4. Bethany D et al.: Prognostic Value of Fasting vs. Non-Fasting Low Density Lipoprotein Cholesterol Levels on Long-term Mortality: Insight from the National Health and Nutrition Survey III (NHANES-III). CIRCULATIONAHA.114.010001 Published online before print July 11, 2014. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.114.010001
  5. Nordestgaard BG et al.: Fasting is not routinely required for determination of a lipid profile: clinical and laboratory implications including flagging at desirable concentration cut-point – a joint consensus statement from the European Atherosclerosis Society and European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine. doi: http://dx.doi.org/10.1093/eurheartj/ehw152 ehw152 First published online: 26 April 2016
  6. Allard-Ratick M et al.: Elevated HDL-C is associated with adverse cardiovascular outcomes. European Heart Journal, Volume 39, Issue suppl_1, August 2018, ehy564.50, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy564.50
  7. Yi SW et al.: High-density lipoprotein cholesterol and cardiovascular mortality: a prospective cohort study among 15.8 million adults European Journal of Preventive Cardiology, zwab230, Published: 31 December 2021 https://doi.org/10.1093/eurjpc/zwab230
  8. Zakai NA et al.: Race-Dependent Association of High-Density Lipoprotein Cholesterol Levels With Incident Coronary Artery Disease Journal of the American College of Cardiology 2022;80(22):2104-2115 https://doi.org/10.1016/j.jacc.2022.09.027