Wasting – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Wasting, auch als Kachexie bezeichnet, ist eine extreme Form des Muskel- und Gewichtsverlusts, die häufig im Zusammenhang mit fortgeschrittenen Krankheiten wie AIDS auftritt. Wasting ist ein zentrales Merkmal des AIDS-related complex (ARC) und ist gekennzeichnet durch den Verlust von Muskelmasse, Fettgewebe und allgemeinen Körperreserven.
Primäre pathophysiologische Mechanismen
- Chronische Entzündung und Infektion: Im Rahmen einer HIV-Infektion kommt es zu einer dauerhaften Aktivierung des Immunsystems und zur Freisetzung proinflammatorischer Zytokine, die Muskel- und Fettabbau fördern. Zytokine wie Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Interleukin-1 und Interleukin-6 verursachen eine katabole Stoffwechsellage, die zu Muskelabbau und Appetitverlust führt.
- Gestörte Stoffwechselprozesse: Der Körper reagiert auf die chronische Entzündung und Infektion mit einer Verschiebung zu einem katabolen (abbauenden) Stoffwechsel. Auch bei ausreichender Kalorienzufuhr wird die Energieeffizienz des Körpers vermindert und der Energiebedarf ist erhöht. Dies führt zu einem negativen Energiestatus und zu einer Muskel- und Fettgewebereduktion.
- Insulinresistenz: Die chronische Entzündung und die Zytokinfreisetzung können die Insulinsensitivität verringern, was die Energieverwertung zusätzlich beeinträchtigt. Insulinresistenz verstärkt den katabolen Zustand und behindert die Aufnahme von Glukose in die Muskeln, was den Muskelabbau beschleunigt.
Sekundäre pathophysiologische Veränderungen
- Muskelabbau (Muskelschwund): Der Verlust von Muskelmasse führt zu Muskelschwäche, Müdigkeit und beeinträchtigter körperlicher Funktionalität. Der Muskelschwund ist häufig so ausgeprägt, dass er durch Begleiterscheinungen wie Myositis (Muskelentzündung) kompliziert wird.
- Abbau von Fettreserven: Durch die gesteigerte Lipolyse (Fettabbau) und den verringerten Appetit werden Fettreserven schneller aufgebraucht. Dieser Verlust von Körperfett trägt zur Schwächung des Immunsystems und zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen bei.
- Multisystemische Auswirkungen: Der fortschreitende Muskel- und Fettabbau beeinträchtigt verschiedene Organsysteme und verschlechtert den allgemeinen Gesundheitszustand. Häufig treten Mangelerscheinungen und eine geschwächte Immunfunktion auf, die zu einer erhöhten Infektanfälligkeit führen.
Klinische Manifestation
- Leitsymptome:
- Muskelschwund und Schwäche: Der progressive Verlust an Muskelmasse führt zu Muskelschwäche und einer signifikanten Einschränkung der Bewegungsfähigkeit.
- Ungewollter Gewichtsverlust: Ein markanter Gewichtsverlust von mehr als 10 % des Körpergewichts über einen kurzen Zeitraum ist typisch für das Wasting-Syndrom.
- Verminderter Appetit (Anorexie): Appetitverlust ist häufig und verschlimmert den Zustand, da der Körper weniger Nährstoffe aufnimmt und die Energieversorgung weiter beeinträchtigt wird.
- Fortgeschrittene Symptome:
- Anämie (Blutarmut): Die verringerte Muskelmasse und der Energiemangel führen häufig zur Anämie, was zur Schwäche und Müdigkeit beiträgt.
- Erhöhte Infektanfälligkeit: Durch die geschwächte Immunfunktion sind Patienten anfälliger für opportunistische Infektionen, die den Gesundheitszustand weiter verschlechtern.
Progression und Organbeteiligung
- Beteiligung mehrerer Organsysteme: Das Wasting-Syndrom betrifft verschiedene Organe und führt zu Funktionsstörungen in mehreren Systemen, einschließlich Muskeln, Immunsystem und Kreislauf.
- Beeinträchtigung der Immunabwehr: Durch den anhaltenden Muskel- und Fettabbau wird das Immunsystem geschwächt, was die Infektabwehr weiter beeinträchtigt und die Prognose verschlechtert.
Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden
- Verlust der Mobilität und funktionellen Unabhängigkeit: Der Muskelschwund führt zu einer erheblichen Einschränkung der Mobilität und der Selbstständigkeit im Alltag.
- Schädigung von Organstrukturen: Die chronische Unterernährung und der Energieverlust führen zu irreversiblen Schäden an Organstrukturen, insbesondere an den Muskeln und am Immunsystem.
Regenerative und kompensatorische Prozesse
- Beeinträchtigte Regenerationsfähigkeit: Aufgrund der chronischen Entzündung und des katabolen Zustands ist der Körper kaum in der Lage, Muskelmasse oder Fettgewebe zu regenerieren.
- Kompensation durch verstärkte Energieaufnahme: Der Körper versucht, durch erhöhte Aufnahme von Nahrung Energie zu kompensieren, doch diese Maßnahme ist oft nicht ausreichend, um den fortschreitenden Verlust auszugleichen.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Das Wasting-Syndrom ist ein schwerwiegender Zustand, der bei chronischen Krankheiten wie AIDS auftritt und durch einen erheblichen Verlust an Muskel- und Fettmasse gekennzeichnet ist. Chronische Entzündungsprozesse und ein kataboler Stoffwechsel spielen eine zentrale Rolle in der Krankheitsentstehung. Der fortschreitende Muskelschwund und der Abbau von Fettreserven führen zu erheblichen Funktionseinschränkungen und einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen. Eine frühzeitige Intervention ist entscheidend, um die Progression zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Ätiologie (Ursachen)
Krankheitsbedingte Ursachen
- AIDS
- Akutes Trauma – wie ein Unfall oder Verbrennungen
- Drogenabhängigkeit
- Leberversagen
- Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
- Sepsis (Blutvergiftung)
Weitere Ursachen
- Patienten auf der Intensivstation