Marasmus – Körperliche Untersuchung

Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:

  • Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße [Bestimmung des BMI]; des Weiteren:
    • Inspektion (Betrachtung)
      • Haut, Schleimhäute und Skleren (weiße Teil des Auges) [Blässe, "Hungerbauch", Alopecia (Haarausfall), Bitot-Flecke – weißliche Flecke auf der Hornhaut, die durch Vitamin A-Mangel bedingt sind, Cheilosis – schmerzhafte Rötung und Schwellung der Lippen mit Einrissen, Dermatitis (entzündliche Hauterkrankung), Ekchymosen – kleinflächige, fleckenförmige Hautblutungen; fleckige Hautzeichnung, generalisierte Ödeme (Wassereinlagerungen am ganzen Körper), Gingivitis (Zahnfleischbluten), Glossitis (Zungenentzündung), Hautblutungen, Hyperpigmentierung, Keratosis pilaris ("Reibeisenhaut") – eine Verhornungsstörung, Pellagra – Vitamin B3-Mangelerkrankung (Symptome: Diarrhoe (Durchfall), Dermatitis (entzündliche Hauterkrankung) und Demenz), perifollikuläre Einblutungen – Einblutungen um den Haarfollikel herum, periphere Ödeme – Wassereinlagerungen, vor allem an den Unterschenkeln, Risse in den Fingernägeln, Seborrhoe „Talgfluss“ von lat. sebum: Talg und gr. "ροή": Fluss) – Überproduktion von Hautfetten durch die Talgdrüsen, Stomatitis (Mundschleimhautentzündung)]
    • Auskultation (Abhören) des Herzens [Differentialdiagnose: Herzinsuffizienz (Herzschwäche)]
    • Auskultation der Lunge [Differentialdiagnose: chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD); mögliche Folgeerkrankung: Pneumonie (Lungenentzündung)]
    • Palpation (Abtasten) des Abdomens (Bauch) (Druckschmerz?, Klopfschmerz?, Hustenschmerz?, Abwehrspannung?, Bruchpforten?, Nierenlagerklopfschmerz?)

In eckigen Klammern [ ] wird auf mögliche pathologische (krankhafte) körperliche Befunde hingewiesen.

Die Beurteilung einer Mangelernährung erfolgt nach folgendem Schema

BMI (kg/m²) Trizepshautfalte (mm) Mann/Frau Mittelarmmuskulaturumfang
(cm)
Mann/Frau
Einteilung der Mangelernährung
19-25 12,5/ 16,5 29,3/ 28,5 Normalgewicht
< 18,5 10,0/ 13,2 23,4/ 22,8 Grad 1 einer Mangelernährung
< 17,0 7,5/ 9,9 20,5/ 19,9 Grad 2 einer Mangelernährung
< 16,0 5,0/ 6,6 17,6/ 17,1 Grad 3 einer Mangelernährung


Weiterhin gibt es mehrere Schemata, die die Mangelernährung unterschiedlich definieren:

Subjective Global Assessment of Nutritional Status (SGA)

Bei diesem Test zur Erfassung der Mangelernährung werden folgende Parameter berücksichtigt:

  • Gewichtsverlust in den letzten sechs Monaten
  • Nahrungsaufnahme
  • Gastrointestinale Symptome wie Diarrhoe (Durchfall) oder Übelkeit/Erbrechen
  • Allgemeiner körperlicher Status
  • Stress
  • Klinische Zeichen wie Verlust an subkutanem Fett (Unterhautfettgewebe) oder Auftreten von Ödemen (Wassereinlagerungen)

Als Ergebnis steht eine subjektive Einschätzung des Ernährungszustandes:

  • A= gut ernährt
  • B= mäßig mangelernährt beziehungsweise Verdacht auf Mangelernährung
  • C= schwer mangelernährt

Nutritional Risk Index

Bei diesem Index wird von einer Mangelernährung gesprochen, wenn:

  • BMI < 20,5 kg/m²
  • Gewichtsverlust > 5 % in drei Monaten
  • Aktuell verminderte Nahrungsaufnahme
  • Schwere der Erkrankung

Dieser Test wird vor allem im Krankenhaus angewandt.

Malnutrition Universal Screening Tool (MUST) für Erwachsene

Bei diesem Test werden folgende Parameter zur Einschätzung einer Mangelernährung angewandt:

  • BMI
  • Ungewollter Gewichtsverlust
  • Akute Erkrankung
Parameter 0 Punkte 1 Punkt 2 Punkte
BMI (kg/m²) ≥ 20,0 20,0-18,5 ≤ 18,5
Gewichtsverlust (%) ≤ 5 5-10 ≥ 10
Akute Erkrankung keine   Nahrungskarenz von voraussichtlich
mehr als fünf Tagen


Auswertung

Summe Risiko Maßnahme Durchführung
0 Punkte Gering Test wiederholen Klinik: wöchentlich
Heim: monatlich
Ambulant: jährlich
1 Punkt Mittel Beobachten Klinik: Ernährungsprotokoll über drei Tage
Heim: Ernährungsprotokoll über drei Tage
Ambulant: Test in wenigen Monaten wiederholen; ggf. SGA*, Diätberatung
2 Punkte Hoch Behandeln Klinik/Heim/Ambulant: SGA, Ernährungstherapie beginnen


*SGA (= Subjective Global Assessment of Nutritional Status)