Kachexie – Medikamentöse Therapie

Therapieziel

Verbesserung der Ernährungssituation

Therapieempfehlungen

  • Bei der Kachexie sollten zuerst die akuten Erkrankungserscheinungen behandelt und ein langsamer Aufbau der Ernährung (Zufuhr einer vollbilanzierten Diät zur diätetischen Behandlung von Personen mit kataboler Stoffwechsellage (Energie-Konzentrat als Trinknahrung als Zwischenmahlzeit)) durchgeführt werden. Danach muss sich meist eine Rehabilitationsphase anschließen, soweit keine Terminalphase (Ende der Lebensphase) vorliegt.
    • Im Rahmen der täglichen Energieaufnahme wird für jeweils 10 kg Untergewicht eine Mehrzufuhr von 20 % des Tagesenergiebedarfs empfohlen, bezogen auf das größenabhängige Normalgewicht.
  • Tumorkachexie (Krebskachexie)
    • Omega-3-Fettsäuren
      • Bei Tumorpatienten konnte gezeigt werden, dass unter der oralen Gabe und auch der Anreicherung der parenteralen Ernährung (z. B. per Magensonde) mit der Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure die Kachexie deutlich abgeschwächt werden konnte. Dieser Effekt beruht auf einer Hemmung des katabol wirkenden Proteolysis-inducin-factor (PIF) durch EPA [1, 2, 3].
      • Bei Patienten mit einem Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs), die einen mittleren Gewichtsverlust von 2 kg/Monat aufwiesen, konnte durch eine tägliche Gabe von 6 g EPA eine Stabilisierung des Gewichts erreicht werden [1].
    • Eisen-Supplementierung (Eisencarboxymaltose, i.v.): Diese trägt dazu bei, die Skelettmuskelmasse und -funktion bei Tumorkachexie zu erhalten [5].
      • Eisencarboxymaltose: ein makromolekularer Komplex, bestehend aus Eisen(III)-hydroxid (dreiwertiges Eisen, Fe3+) und dem Komplexbildner Carboxymaltose
    • Cannabinoide (z. B. Dronabinol) sind in der Behandlung von Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust wirksam.
  • Bei Kachexie wg. Aids (HIV), Morbus Alzheimer und Tumorerkrankungen sind Cannabinoide (z. B. Dronabinol) in der Behandlung von Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust wirksam.
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Weitere Hinweise

  • Anamorelin (Ghrelin-Rezeptoragonist) erhöhte das Körpergewicht von Patienten mit inoperablem nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) in zwei Phase-III-Studien im Vergleich zu Placebo signifikant; Handgriffstärke (Handgrip-Messungen) der Patienten nahm jedoch nicht zu [4].
  • Ponsegromab (humanisierter monoklonaler Antikörper, der an zirkulierendes GDF-15 bindet und dadurch die Interaktion mit seinem GFRAL-Rezeptor hemmt): Im Vergleich zur Placebogruppe konnte in allen drei Ponsegromab-Gruppen mit Dosen von 100 mg, 200 mg oder 400 mg eine signifikant größere Gewichtszunahme nachgewiesen werden [6].
    Einschränkung: Die Studie wurde vom Sponsor Pfizer entworfen.

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete diätetische Lebensmittel zur Versorgung mit Energie sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Fluorid, Jod, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA); Omega-6-Fettsäuren: Linolsäure)
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Flavonoide (Citrusfrüchte), Lycopin (Tomaten), Proanthocyanidine (Cranberrys), Polyphenole)
  • Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien, Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat))

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Ballmer PE: Behandlung der Krebskachexie. Aktuelle Ernährungsmedizin 2001; 26: 160-163
  2. Jehn U: Parenterale Ernährung onkologischer Patienten im Wandel. Deutsche Medizinische Wochenschrift 2002, 127: 2682-2690
  3. Keller U: Von der Katabolie zur Anabolie: Stoffwechselmediatoren und Therapieansätze. Aktuelle Ernährungsmedizin 2001; 26: 148-152 doi: 10.1055/s-2001-16659
  4. Temel JS et al.: Anamorelin in patients with non-small-cell lung cancer and cachexia (ROMANA 1 and ROMANA 2): results from two randomised, double-blind, phase 3 trials. Lancet Oncol. 2016 Apr;17(4):519-31. doi: 10.1016/S1470-2045(15)00558-6. Epub 2016 Feb 20.
  5. Wyart E et al.: Iron supplementation is sufficient to rescue skeletal muscle mass and function in cancer cachexia EMBO Reports (2022)e53746 https://doi.org/10.15252/embr.202153746