Magersucht (Anorexia nervosa) – Symptome – Beschwerden

Folgende Symptome und Beschwerden können auf Anorexia nervosa (Magersucht) hinweisen:

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf Anorexia nervosa und werden oft zuerst bemerkt:

  • Angst, Gewicht zuzunehmen (tritt bei fast allen Betroffenen auf)
  • Körperschemastörung: Betroffene sehen sich trotz extremer Abmagerung als zu dick an (bei nahezu allen Betroffenen).
  • Meiden hochkalorischer Nahrung bis hin zum fast völligen Verzicht auf Lebensmittel (ca. 80-90 % der Betroffenen)
  • Amenorrhoe: Ausbleiben der Menstruation bei Frauen (ca. 70-90 % der Betroffenen)
  • Exzessive Gewichtskontrollen: Mehrmals täglich (ca. 70-90 % der Betroffenen)
  • Langsames Essen (ca. 60-80 % der Betroffenen)
  • Sehr stark gesteigerte körperliche Aktivität bis hin zu exzessiver körperlicher Betätigung wie Joggen, Sit-ups, Liegestützen (ca. 60-80 % der Betroffenen)
  • „Purging“-Verhalten: Selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, Diuretika oder Klistieren; tritt bei ca. 40-50 % der Betroffenen auf

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild der Anorexia nervosa:

  • Akrozyanose: Blaufärbung der Finger und Zehen aufgrund von Durchblutungsstörungen (ca. 50-60 % der Betroffenen)
  • Alopecia: Haarausfall (ca. 40-50 % der Betroffenen)
  • Anämie (Blutarmut) (ca. 40-50 % der Betroffenen)
  • Ausbleiben der Brustentwicklung bei jungen Mädchen
  • Bradykardie: Verlangsamter Herzschlag (< 60 Schläge pro Minute) (ca. 30-50 % der Betroffenen)
  • Depression (ca. 40-60 % der Betroffenen)
  • Herzrhythmusstörungen (ca. 20-30 % der Betroffenen)
  • Kälteintoleranz (ca. 50-70 % der Betroffenen)
  • Lanugo-Behaarung: Flaumartige Behaarung, besonders auf dem Rücken (ca. 30-50 % der Betroffenen)
  • Trockene, schuppige Haut (ca. 50-60 % der Betroffenen)

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Erhöhte Leberfunktionswerte wie Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT) (ca. 20-30 % der Betroffenen)
  • Erhöhte Nierenfunktionswerte wie Harnstoff und Kreatinin (ca. 20-30 % der Betroffenen)
  • Essattacken (bis zu 50 % der Betroffenen)
  • Extreme Konzentration auf Schule, Studium, Diät oder sportlichen Leistungen (figurbetonte Sportarten wie Gymnastik, Tanzen oder Turnen werden bevorzugt ausgeübt)
  • Hypercortisonämie (erhöhte Cortisonwerte)
  • Hypoglykämie (Unterzuckerung) (ca. 20-30 % der Betroffenen)
  • Hyponatriämie (Natriummangel)
  • Hypotonie: Niedriger Blutdruck (ca. 50-70 % der Betroffenen)
  • Launenhaftigkeit (ca. 40-50 % der Betroffenen)
  • Libidoverlust (ca. 40-60 % der Betroffenen)
  • Obstipation (Verstopfung) (ca. 40-60 % der Betroffenen)
  • Osteopenie: Abnahme der Knochendichte (ca. 30-50 % der Betroffenen)
  • Periphere Ödeme: Wassereinlagerungen in den Gliedmaßen (ca. 30-40 % der Betroffenen)
  • Schlafstörungen (ca. 40-60 % der Betroffenen)
  • Verzögerte Magen-Darm-Passage
  • Vorzeitig beendetes Knochenwachstum
  • Zahnkaries (aufgrund des häufigen Erbrechens, ca. 30-50 % der Betroffenen)

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Sozialer Rückzug
  • Unruhe
  • Psychische Zwänge

Bei folgenden Symptomen sollte laut S3-Leitlinie "Diagnostik und Behandlung der Essstörungen" eine Anorexia nervosa abgeklärt werden [1]:

  • Verändertes Essverhalten
  • Niedriges Körpergewicht
  • Gewichtssorgen bei Unter- oder Normalgewicht
  • Hinweise einer Mangelernährung
  • Gastrointestinale Symptome
  • Wachstumsstörung bei Kindern
  • Zyklusstörungen/Amenorrhoe

Einteilung des Untergewichts nach Body-Mass-Index (BMI) [1]

BMI in kg/m3

Einteilung

< 13,0

hochgradiges Untergewicht Grad II

13,0-15,99

hochgradiges Untergewicht Grad I

16,0-16,99

mäßiggradiges Untergewicht

17,0-18,49

leichtgradiges Untergewicht

18,5-24,99

Normalgewicht

Warnzeichen (red flags) 

  • Familiäre Häufung psychischer Erkrankungen,
  • Depressive Symptomatik
  • Erhöhte Ängstlichkeit,    

Weitere Hinweise

  • Bei Patienten mit Anorexia nervosa muss festgestellt werden, ob diese Leistungssport (Frauen: insbesondere figurbetonte Sportarten wie Gymnastik, Tanzen oder Turnen) ausüben. In diesen Fällen ist es erforderlich, dass die Patienten auf Sport verzichten.

Literatur

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Essstörungen. (AWMF-Registernummer: 051 - 026), Mai 2018 Langfassung

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Essstörungen. (AWMF-Registernummer: 051 - 026), Mai 2018 Langfassung