Magersucht (Anorexia nervosa) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Anorexia nervosa (Magersucht) dar.
Familienanamnese
- Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand Ihrer Angehörigen?
- Gibt es in Ihrer Familie psychische Erkrankungen wie Essstörungen, Depressionen oder Angststörungen?
- Sind in Ihrer Familie Zwangsstörungen oder andere Persönlichkeitsstörungen bekannt?
- Bestehen familiär gehäuft Suchterkrankungen wie Alkohol- oder Drogenabhängigkeit?
Soziale Anamnese
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen wie familiäre Konflikte, Mobbing oder Stress?
- Bestehen Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen oder Isolation?
- Wie würde Ihr Umfeld Ihre Persönlichkeit beschreiben, beispielsweise perfektionistisch, kontrolliert oder ängstlich?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Wie lässt sich Ihr Essverhalten beschreiben? [S3-Leitlinie]
- Lassen Sie manchmal Mahlzeiten bewusst aus?
- Essen Sie heimlich?
- Kommt es vor, dass Sie sich übergeben, wenn Sie sich unangenehm voll fühlen?
- Leiden Sie unter Essattacken? Wenn ja, wie häufig treten diese auf?
- Wie oft wiegen Sie sich pro Tag oder Woche?
- Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Essverhalten?
- Beeinflusst Ihr Gewicht Ihr Selbstwertgefühl?
- Machen Sie sich häufig Sorgen wegen Ihrer Figur?
- Wie nehmen Sie Ihren Körper wahr? Sind Sie zufrieden mit Ihrem Aussehen?
- Haben Sie Symptome wie Wassereinlagerungen im Gewebe?
- Haben Sie Zahnschäden, zum Beispiel durch häufiges Erbrechen?
- Haben Sie Veränderungen in Stuhlgang oder Wasserlassen bemerkt?
- Haben Sie Herzstolpern oder andere Herzrhythmusstörungen?
- Haben Sie Libidostörungen oder Schlafstörungen?
- Bei Frauen: Haben Sie regelmäßig Regelblutungen?
- Haben Sie Veränderungen wie depressive Verstimmungen, autoaggressives Verhalten oder Selbstverletzungen?*
- Fühlen Sie sich sozial isoliert oder ziehen sich aus sozialen Aktivitäten zurück?
- Haben Sie in letzter Zeit an Suizid gedacht oder Suizidpläne entwickelt?*
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Geben Sie bitte Ihr aktuelles Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
- Wie hat sich Ihr Gewicht in der letzten Zeit entwickelt?
- Bewegen Sie sich regelmäßig? Wenn ja, wie oft und mit welcher Intensität?
Eigenanamnese
- Vorerkrankungen:
- Bestehen bekannte psychische Störungen wie Depressionen, Angststörungen oder Zwangsstörungen?
- Gab es in der Vergangenheit eine Essstörung oder andere Verhaltensauffälligkeiten?
- Gab es Operationen oder Krankenhausaufenthalte im Zusammenhang mit Essverhalten oder Stoffwechselproblemen?
- Bestehen Allergien gegen Medikamente oder Lebensmittel?
Medikamente, die Ursache einer Appetitlosigkeit sein können
- Anthelminthika (Diethylcarbamazin)
- Antidepressiva
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) – Fluoxetin
- Antiepileptika (Topiramat)
- Antibiotika
- Cotrimoxazol
- Makrolide (Spiramycin)
- Folsäureantagonist (Methotrexat)
- Fusionsinhibitoren (Enfuvirtid)
- Immunsuppressiva (Azathioprin, Ciclosporin (Cyclosporin A), Mercaptopurin)
- Immuntherapeutika (Mitoxantron)
- Levodopa (L-Dopa)
- Muskelrelaxantien (Baclofen)
- Neurokinin-Antagonisten (Aprepitant, Fosaprepitant)
- Nicht-Opioid-Analgetika (Flupirtin)
- Non-Benzodiazepine (Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon)
- Urikosurika (Probenecid, Benzbromaron)
Umweltfaktoren
- Gab es kürzlich belastende Erlebnisse, die das Essverhalten beeinflussen könnten?
- Bestehen Umweltfaktoren, die das Wohlbefinden beeinträchtigen, zum Beispiel Mobbing oder Probleme im Arbeitsumfeld?
* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Essstörungen. (AWMF-Registernummer: 051 - 026), Mai 2018 Langfassung