Kachexie – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Kachexie dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie eine familiäre Neigung zu Untergewicht oder Stoffwechselerkrankungen?
  • Bestehen in Ihrer Familie chronische Erkrankungen, die mit Gewichtsverlust einhergehen, wie:
    • Tumorerkrankungen (Krebs)?
    • Autoimmunerkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Morbus Crohn)?
    • Diabetes mellitus (insbesondere Typ 1)?
    • Chronische Infektionskrankheiten (z. B. Tuberkulose, HIV, Hepatitis C)?
  • Gibt es Fälle von Magen-Darm-Erkrankungen oder Erkrankungen mit Malabsorptionssyndrom (z. B. Zöliakie, Morbus Whipple, Pankreasinsuffizienz (Bauchspeicheldrüsenschwäche)) in Ihrer Familie?

Soziale Anamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind Sie regelmäßig schweren körperlichen Belastungen oder Toxinen ausgesetzt?
    • Sind Sie arbeitslos oder stehen Sie unter erheblichem beruflichem oder finanziellem Druck?
    • Gedenken Sie vorzeitig in Rente zu gehen (z. B. aufgrund von chronischen Beschwerden oder psychosomatischen Belastungen)?
  • Gibt es Hinweise auf andauernden Stress, Depression oder Angststörungen?
  • Haben Sie kürzlich bedeutende Lebensereignisse erlebt (z. B. Trauerfall, Arbeitsplatzverlust, Trennung)?

Aktuelle Anamnese / Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Fühlen Sie sich häufig müde, kraftlos oder weniger leistungsfähig?
  • Haben Sie eine erhöhte Infektanfälligkeit oder schlechte Wundheilung?
  • Haben Sie Veränderungen an Haut, Haaren oder Nägeln bemerkt? (z. B. dünner werdendes Haar, blasse Haut, Einrisse in den Mundwinkeln, trockene Haut?)
  • Haben Sie Verdauungsprobleme, wie:
    • Durchfall? Wenn ja, wie häufig pro Woche?
    • Verstopfung oder Blähungen?
    • Übelkeit oder Erbrechen?
  • Haben Sie Schluckstörungen oder Schmerzen beim Essen?
  • Bestehen Schmerzen oder Missempfindungen in der Muskulatur oder Gelenken?
  • Haben Sie in letzter Zeit eine depressive Verstimmung oder Antriebslosigkeit bemerkt?*
  • Bestehen Konzentrationsstörungen oder Gedächtnisprobleme?
  • Haben Sie Veränderungen in Ihrer Stimmung, Ihrem Verhalten oder Ihrer sozialen Interaktion festgestellt?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Wie hat sich Ihr Körpergewicht in den letzten 6 bis 12 Monaten entwickelt? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Leiden Sie unter ungewolltem Gewichtsverlust? (z. B. Verlust von mehr als 5 % des Körpergewichts innerhalb von 6 Monaten)
  • Haben Sie eine Appetitveränderung oder eine Abneigung gegen bestimmte Lebensmittel festgestellt?
  • Wie häufig und wie viel essen Sie täglich?
  • Ist Ihre Ernährung ausgewogen?
  • Haben Sie Probleme bei der Nahrungsaufnahme (z. B. durch Schluckbeschwerden oder Schmerzen)?
  • Wie viel Flüssigkeit trinken Sie täglich?  (Angabe in Litern)
  • Bewegen Sie sich täglich ausreichend?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Magen-Darm-Erkrankungen: z. B. Morbus Crohn, Zöliakie, Colitis ulcerosa, Pankreasinsuffizienz (Bauchspeicheldrüsenschwäche), chronische Gastritis (Magenschleimhautentzündung), Leberzirrhose (Leberschrumpfung)?
    • chronische Infektionskrankheiten: z. B. Tuberkulose, HIV, Hepatitis C, parasitäre Infektionen, Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut)?
    • Tumorerkrankungen: z. B. Lymphome, Leukämien, metastasierende Tumoren?
    • Lungenerkrankungen: z. B. chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Lungenfibrose, chronische Infektionen der Lunge?
    • Stoffwechselerkrankungen: z. B. Diabetes mellitus Typ 1, Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), Nebenniereninsuffizienz?
    • rheumatische Erkrankungen: z. B. rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Polymyositis (entzündliche Muskelerkrankung)?
    • neurologische Erkrankungen: z. B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, amyotrophe Lateralsklerose (ALS)?
    • psychiatrische Erkrankungen: z. B. Depression, Anorexia nervosa (Magersucht), Demenz, Schizophrenie?
  • Wurden Operationen durchgeführt, die die Verdauungs- oder Nährstoffaufnahme beeinflussen könnten (z. B. Magen- oder Darmresektionen)?
  • Haben Sie eine Strahlentherapie erhalten (z. B. wegen Tumorerkrankungen im Bauch- oder Kopf-Hals-Bereich)?

Medikamentenanamnese

Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein, die zu Gewichtsverlust oder Kachexie führen können?

  • Chemotherapeutika/Zytostatika
  • Antidepressiva
  • Antidiabetika
  • Schilddrüsenhormone
  • Opioide oder Schmerzmittel
  • Diuretika (Entwässerungsmedikamente)

Durch die Beantwortung der folgenden sieben Fragen lässt sich häufig schon eine gute Aussage über die Ernährungssituation erreichen

  • Ist ein ungewollter Gewichtsverlust festzustellen?
  • Wird das Essen oft nicht aufgegessen?
  • Fällt das Kauen und Schlucken schwer?
  • Wird weniger als 1,5l Flüssigkeit pro Tag getrunken?
  • Kommt es häufig zu Durchfall (mehr als dreimal pro Woche)?
  • Liegen Wundheilungsstörungen vor?
  • Liegt der Body-Mass-Index (BMI) im roten Bereich (< 18,5)?

Wenn bei keiner Frage mit JA geantwortet wurde, liegt kein Risiko für eine Mangelernährung vor.

Wenn bei einer Frage mit JA geantwortet wurde, so sollte der Verlauf genau beobachtet werden, Wunschkost bereitgestellt und/oder eine Diätberatung durchgeführt werden.

Wenn zweimal mit JA geantwortet wurde, so besteht die Gefahr der Mangelernährung. Es sollte eine gezielte Hilfe zur Nahrungsaufnahme gegeben und/oder Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden.

Wenn drei- oder mehrmals mit JA geantwortet wurde, so liegt eine Mangelernährung vor.

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.