Strahlenkrankheit – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Strahlenkrankheit, auch als Strahlenbelastungssyndrom bezeichnet, entsteht durch die Exposition gegenüber ionisierender Strahlung, welche in hohen Dosen Zellen und Gewebe schädigt und potenziell zur Bildung von freien Radikalen führt. Diese hochreaktiven freien Radikale verursachen Schäden an Zellmembranen, Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) und der DNA (Erbgut), was zu Apoptose (programmierter Zelltod) oder Mutationen führt und die Entstehung von Neoplasien (Tumoren und Krebserkrankungen) begünstigt.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Direkte DNA-Schädigung
    • Ionisierungseffekte: Die Strahlung ionisiert direkt die DNA-Moleküle, wodurch Strangbrüche und strukturelle Veränderungen entstehen. Dies kann Zelltod oder, bei Überleben der Zelle, Mutationen zur Folge haben.
    • Mutationen und Karzinogenese: Dauerhafte DNA-Schäden können zu Mutationen führen, die das Risiko für Neoplasien (Krebserkrankungen) erhöhen.
  • Bildung freier Radikale
    • Erhöhte Radikalproduktion: Ionisierende Strahlung erzeugt in wässrigem Gewebe Hydroxyl-Radikale und andere reaktive Sauerstoffspezies, die Lipide, Proteine und DNA schädigen.
    • Zellmembran- und Mitochondrienschäden: Die freien Radikale beeinträchtigen die Funktion und Stabilität der Zellmembranen und schädigen die Mitochondrien, was zur gestörten Energieproduktion und oxidativem Stress führt.
  • Apoptose und Nekrose
    • Programmierter Zelltod: DNA-Schäden, die von der Zelle nicht repariert werden können, induzieren Apoptose, was die Integrität des betroffenen Gewebes reduziert.
    • Zelltod durch Nekrose: Bei starker Strahlenschädigung sterben Zellen durch Nekrose ab, was zu einer lokalen Entzündung und zum Abbau des Gewebes führen kann.

Sekundäre pathophysiologische Mechanismen

  • Einfluss der Zellteilungsrate
    • Zellen mit hoher Teilungsrate, wie im Magen-Darm-Trakt (Mukosa) und im Knochenmark, sind besonders strahlenempfindlich, da die Strahlung hier direkt in den Zellzyklus eingreift und Zellschäden nicht repariert werden können. Dies führt zu einer Schädigung des Blutbildes und zu Störungen im Verdauungstrakt.
  • Differenzierungsgrad der Zellen
    • Differenzierte Zellen reagieren auf Strahlung weniger empfindlich, da sie weniger häufig in den Zellzyklus eintreten und die DNA somit seltener exponiert wird. Dies ist ein Grund, warum reifere Gewebe, wie z. B. Muskelgewebe, in der Regel widerstandsfähiger gegenüber Strahlung sind.

Klinische Manifestation

Leitsymptome

  • Akute Strahlenkrankheit (ARS): Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall treten oft wenige Stunden nach hoher Exposition auf.
  • Hämatologische Veränderungen: Verringerung der weißen Blutkörperchen (Leukopenie), Anämie (Blutarmut) und Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen), die das Immunsystem schwächen und das Risiko für Blutungen erhöhen.

Fortgeschrittene Symptome

  • Immunsuppression: Verminderte Immunfunktion durch Schädigung des Knochenmarks, was die Anfälligkeit für Infektionen erhöht.
  • Spätschäden und Neoplasien: Langfristig können Strahlenschäden zu bösartigen Tumoren und Organschäden führen, wie Leber- und Lungenerkrankungen.

Risikofaktoren

  • Dosis und Expositionszeit: Höhere Dosen und längere Exposition erhöhen das Risiko schwerer Schäden.
  • Zellteilungsrate und Differenzierungsgrad: Stark teilungsfreudige Zellen und Gewebe mit geringer Differenzierung sind besonders gefährdet.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Strahlenkrankheit stellt eine schwerwiegende und oft lebensbedrohliche Folge einer hochdosierten Strahlenexposition dar. Die entstehenden freien Radikale und direkten DNA-Schäden führen zu schnellen Zellverlusten, vor allem in teilungsfreudigen Geweben wie dem Knochenmark und der Mukosa des Verdauungstrakts. Der Grad und die Dauer der Strahlenexposition sind entscheidende Faktoren für die Schwere des Krankheitsverlaufs. Frühzeitige Diagnose und Schutzmaßnahmen sind entscheidend, um das Fortschreiten von Schäden und das Risiko von Neoplasien zu minimieren.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Berufe – Berufe mit möglichem Kontakt zu Strahlung/Radionukleotiden

Röntgenstrahlen

  • Röntgenstrahlung zu therapeutischen Zwecken

Umweltbelastung – Intoxikationen

  • Kontakt zu Strahlung/Radionukleotiden

Weitere Ursachen

  • Atombombenexplosion
  • Strahlungsunfälle (z. B. Atomkraftwerkunfall)