Strahlenkrankheit – Medikamentöse Therapie
Therapieempfehlungen
- Als erste Maßnahme muss ein Dekontamination erfolgen.
- Die Behandlung der Strahlenkrankheit ist supportiv (unterstützend):
- Antiinfektiva (Medikamente gegen Infektionen) zur Infektionsprophylaxe
- Blutprodukte wie Erythrozytenkonzentrate (EK; aus roten Blutzellen (Erythrozyten) bestehende „Blutkonserve“)
- Flüssigkeitszufuhr und Elektrolyte (Blutsalze) nach Laborstatus
- parenterale Ernährung (über die Vene, um den Magen-Darm-Trakt zu umgehen)
- Es muss versucht werden, die einzelnen Organe soweit wie möglich bei der Regeneration zu fördern.
- Siehe auch unter "Weitere Therapie".
Hinweis zu präventiven Maßnahmen!
Kaliumjodid-Tabletten (umgangssprachlich als „Jodtabletten“ bezeichnet) werden bei Strahlenunfällen zum Schutz vor Strahlenbelastung der Schilddrüse verabreicht. Dieses bewirkt eine Jodblockade und führt so zu einer Verminderung der Aufnahme radioaktiven Jods in die Schilddrüse um den Faktor 90 und darüber.
Strahlenschäden anderer Organe
Die Jodblockade sollte vor der Aufnahme des radioaktiven Jods erfolgen, spätestens innerhalb von zwei Stunden nach Exposition, wobei sich dann jedoch schon die schützede Wirkung halbiert hat. Nach acht Stunden haben die Tabletten keinen Einfluss mehr auf die Strahlenbelastung der Schilddrüse.
Bei späterer Einnahme kann Kaliumjodid immerhin noch die Verweildauer des Radiojods in der Schilddrüse verkürzen. Eine Erstanwendung sollte jedoch nicht später als einen Tag nach der Aufnahme von radioaktivem Jod erfolgen, da sonst dessen Ausscheidung verzögert und die Verweildauer erhöht wird.
Nach der Empfehlung der Strahlenschutzkommission wird die Jodblockade nach folgendem Stufenschema durchgeführt:
A. Umkreis bis 25 km des betroffenen Atomkraftwerkes
- Alle Personen bis 45 Jahre erhalten Jodtabletten
B. Umkreis 25-100 km des betroffenen Atomkraftwerkes
- Schwangere und Kinder/Jugendliche bis 18 Jahre erhalten Jodtabletten
Folgende Dosierungen werden empfohlen
Personengruppe | Tagesgabe in mg Jodid | Tagesgabe in mg Kaliumjodid | Tabletten à 65 mg Kaliumjodid |
< 1 Monat |
12,5 | 16,25 | 1/4 |
1-36 >Monate | 25 | 32,5 | 1/2 |
3-12 Jahre |
50 | 65 | 1 |
13-45 Jahre und Schwangere |
100 | 130 | 2 |
> 45 Jahre | 0 | 0 | 0 |
Die WHO empfiehlt 130 Milligramm als Einmalgabe ein bis zwei Tage vor Eintreffen der radioaktiven Wolke.
Literatur
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Einnahme von Jodtabletten als Schutzmaßnahme bei einem schweren Unfall in einem Kernkraftwerk. Informationsbroschüre Dezember 2010
- Umweltinstitut München e.V.: Fragen & Antworten – Jodversorgung bei nuklearer Freisetzung. umweltinstitut-fragen--antworten
- Strahlenschutzkommission: Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall. Empfehlung der Strahlenschutzkommission 2011.
- Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Jodtabletten zum Schutz bei Reaktorunfällen: Wann, wo, wer, wie viel? Nutzen und Risiken. DGE 2016