Multiple Chemical Sensitivity (MCS) – Einleitung

Multiple Chemical Sensitivity (MCS) ist eine Erkrankung, die eine Überempfindlichkeit des zentralen Nervensystems gegenüber diversen Chemikalien und Umweltschadstoffen darstellt. Dabei führen chemische Substanzen, die in Konzentrationen vorkommen, welche die Allgemeinbevölkerung kaum wahrnimmt, zu unspezifischen Symptomen bei den Betroffenen. Es handelt sich dabei um eine Reaktion des zentralen Nervensystems auf geringe Expositionen, häufig beschrieben als „toxisch induzierter Toleranzverlust“ (TILT).

Synonyme und ICD-10: Chemikalien-Intoleranz; chemische Mehrfachempfindlichkeit; Idiopathic Environmental Intolerances (IEI); Idiopathische Chemikaliensensitivität; MCS; MCS-Syndrom; Multiple Chemikalienunverträglichkeit; ICD-10-GM T78.4: Allergie, nicht näher bezeichnet

Formen der Erkrankung

  • Primäre MCS: Entwicklung ohne vorhergehende akute Exposition gegenüber hohen Chemikalienkonzentrationen.
  • Sekundäre MCS: Entwicklung nach einer initialen akuten Noxe (Schadstoffexposition).

Beispielhafte Chemikalien, die zu Überempfindlichkeitsreaktionen führen können

  • Duftstoffe
  • Lösungsmittel
  • Formaldehyd
  • Pestizide
  • Polychlorierte Biphenyle (PCB)
  • Schwermetalle
  • Waschmittel
  • Wohnraumgifte

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr auf. Ein Altersgipfel liegt um das 40. Lebensjahr.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Diese liegt zwischen 0,5 und 3,9 % (in der Welt). Für einzelne Länder verteilt sich die Prävalenz wie folgt: 

  • Deutschland: 0,5 %
  • Australien: 0,9 % 
  • Schweden: 3,7 %
  • Japan: 3,8 %
  • USA: 3,9 %  

Bei 9-33 % finden sich moderate (mäßige) Chemikalien-Intoleranzen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Initiale Phase: Patienten bemerken erste Symptome, die häufig unspezifisch sind und anfangs nicht klar einer Chemikalienexposition zugeordnet werden können.
  • Fortgeschrittene Phase: Symptome verstärken sich bei fortgesetzter Exposition. Diese können den gesamten Körper und alle Organe betreffen, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führt.
  • Chronische Phase: Bei anhaltender Exposition und fehlender Behandlung kann es zu einer Chronifizierung der Beschwerden kommen, was häufig mit schwerer Behinderung und Arbeitsunfähigkeit einhergeht.

Prognose

  • Therapie der Grunderkrankung: Essentiell ist die Identifikation und Vermeidung der auslösenden Chemikalien. Eine umfassende umweltmedizinische Betreuung kann helfen, die Exposition zu minimieren.
  • Symptommanagement: Unterstützung durch kognitive Verhaltenstherapie und Stressbewältigungsstrategien kann helfen, die Lebensqualität zu verbessern.
  • Langzeitprognose: Die Prognose variiert stark und ist abhängig von der Fähigkeit, die auslösenden Substanzen zu vermeiden und die Symptome adäquat zu managen. Bei erfolgreicher Expositionsvermeidung können sich die Symptome verbessern, während fortgesetzte Exposition zu einer Verschlechterung führen kann.

Anmerkungen

  • Erforschung und Kontroversen: Die Erforschung der MCS ist nicht vollständig abgeschlossen, und es gibt weiterhin viele offene Fragen bezüglich der genauen Pathophysiologie und der Diagnostik. Es besteht jedoch Konsens darüber, dass MCS eine ernsthafte Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellen kann, auch wenn die genauen Mechanismen noch nicht vollständig verstanden sind.

Literatur

  1. Rossi S & Pitidis A: Multiple Chemical Sensitivity Review of the State of the Art in Epidemiology, Diagnosis, and Future Perspectives J Occup Environ Med. 2018 Feb; 60(2): 138-146. Published online 2017 Nov 3. doi: 10.1097/JOM.0000000000001215