Chronisches Müdigkeitssyndrom – Weitere Therapie

Die Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist eine komplexe und chronische Erkrankung. Die Ursache ist bislang unvollständig geklärt.

Eine interdisziplinäre Abklärung ist wegen der umfassenden Differentialdiagnostik und etwaiger Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) und Mangelzuständen erforderlich .

Allgemeine Maßnahmen

  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum)
  • Begrenzter Alkoholkonsum (Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max. 12 g Alkohol pro Tag)
  • Begrenzter Koffeinkonsum (max. 240 mg Koffein pro Tag; das entspricht 2 bis 3 Tassen Kaffee bzw. 4 bis 6 Tassen grünen/schwarzen Tee)
  • Normalgewicht anstreben!
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
    • Unterschreitung der BMI-Untergrenze (ab dem 19. Lebensjahr: 19; ab dem 25. Lebensjahr: 20; ab dem 35. Lebensjahr: 21; ab dem 45. Lebensjahr: 22; ab dem 55. Lebensjahr: 23; ab dem 65. Lebensjahr: 24) → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Programm für Untergewichtige
  • Überprüfung der Dauermedikation wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit
  • Vermeidung psychosozialer Belastungen:
    • Mobbing
    • Seelische Konflikte
    • Soziale Isolation
    • Stress
  • Vermeidung von Umweltbelastungen:
    • Chemische Stoffe wie Amalgam oder Quecksilber
    • Umweltgifte wie Blei, Cadmium oder Ozon 
  • Sind Umweltgifte für die Symptome verantwortlich, so kann Linderung durch die Meidung der auslösenden Stoffe erreicht werden (Expositionsprophylaxe)

Impfungen

Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten:

  • COVID-19-Impfung 
  • Grippe-Impfung
  • Herpes zoster-Impfung wg. Personen ≥ 50 Jahre bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit (hier: chronisches Müdigkeitssyndrom)
  • Pneumokokken-Impfung
    Beachte: Bei Patienten mit Immunsuppression rät die STIKO zur Sequenzimpfung, wobei zunächst mit PCV13 (Konjugatvakzine) und 6-12 Monate später 

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet u. a.:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
    • ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische (Omega-3-Fettsäuren) wie Lachs, Hering, Makrele
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, Gemüse)
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Ernährung reich an:
      • Vitaminen (Folsäure)
      • Omega-3-Fettsäuren (Meeresfisch)
      • Linolsäure
      • Gamma-Linolensäure (GLA)
      • L-Carnitin, Coenzym Q10 (CoQ10)
  • Bei POTS (posturale Tachykardiesyndrom)* und Hypotonie (niedriger Blutdruck): Erhöhung der Trinkmenge auf 2-3 l/Tag sowie der Salzzufuhr auf 8–10 g/Tag sowie Tragen von Kompressionsstrumpfhosen Klasse II und/oder einer abdominellen Leibbandage:
    *POTS: orthostatische Intoleranz; charakterisiert durch einen Herzfrequenzanstieg > 30/min oder einer absoluten Herzfrequenz im Stehen > 120/min während der ersten 10 Minuten nach dem Aufstehen
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns. 

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining) und Krafttraining (Muskeltraining) – zur Therapie
  • Der Betroffene soll zu einem moderaten sportlichem Training (Aktivitätsmanagement) ermutigt werden, welches ihn nicht überfordert, da es als erwiesen gilt, dass körperliche Schonung und Inaktivität die Symptomatik des chronischen Müdigkeitssyndroms verschlechtert.
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Physikalische Therapie (inkl. Physiotherapie)

  • Eine spezielle Physiotherapie (Graded exercise therapy, GET) zeigte gute Langzeitergebnisse [2].

Psychotherapie

  • Die Verhaltenstherapie soll Ängste in Bezug auf die Erkrankung lösen beziehungsweise abbauen.
    • Eine kognitive Verhaltens­therapie (Cognitive behavioural therapy, CBT) zeigte gute Langzeitergebnisse [2].
  • Stresskontrolle mit Atem- oder Entspannungstechniken
  • Detaillierte Informationen zur Psychosomatik (inkl. Stressmanagement) erhalten Sie von uns.

Komplementäre Behandlungsmethoden

  • Traditionelle chinesische Medizin (TCM) – hilft möglicherweise bei der Minderung von Abgeschlagenheit [1]

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Fatigatio e. V. Bundesverband Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS/CFIDS/ME)
    Albrechtstr. 15, 10117 Berlin
    Telefon: 030 - 3101889-0, Fax: 030 - 3101889-20, E-Mail: info@fatigatio.de, Internet: www.fatigatio.de und www.cfs-forum.info.

Literatur

  1. Wang YY, Li XX, Liu JP, Luo H, Ma LX, Alraek T: Traditional Chinese medicine for chronic fatigue syndrome: A systematic review of randomized clinical trials. Complement Ther Med. 2014 Aug;22(4):826-33. doi: 10.1016/j.ctim.2014.06.004. Epub 2014 Jun 30.
  2. Sharpe M et al.: Rehabilitative treatments for chronic fatigue syndrome: long-term follow-up from the PACE trial. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S2215-0366(15)00317-X