Übergewicht (Adipositas) – Operative Therapie
Eine chirurgische Therapie der Adipositas (Fettleibigkeit) wird in Betracht gezogen, wenn die konservative Therapie nicht zum Therapieziel geführt hat und eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- BMI ≥ 40 kg/m² (extreme Adipositas)
- BMI ≥ 35 kg/m² und erhebliche Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) wie:
- Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit)
- Koronare Herzerkrankung (KHK, Durchblutungsstörung des Herzens)
- Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
- Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörungen)
- Arterieller Hypertonus (Bluthochdruck)
Eine Primärindikation kann gestellt werden, wenn eine der folgenden Bedingungen vorliegt:
- BMI ≥ 50 kg/m²
- Aussichtslosigkeit eines konservativen Therapieversuchs laut multidisziplinärem Team
- Schwere von Begleit- und Folgeerkrankungen, die keinen Aufschub eines operativen Eingriffs erlauben
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwerwiegende psychische Erkrankungen, die eine Verhaltensänderung unmöglich machen
- Fehlende Compliance (Therapietreue) und Motivation zur lebenslangen Nachsorge
- Unkontrollierte Suchterkrankungen (z. B. Alkohol-, Drogenmissbrauch)
- Schwere Stoffwechselstörungen oder Endokrinopathien (Hormonstörungen), die andere Behandlungen erfordern
Operationsverfahren
Die operative Therapie der Adipositas umfasst verschiedene chirurgische Verfahren, die unter dem Begriff bariatrische Chirurgie (Adipositas-Chirurgie) zusammengefasst werden:
- Biliopankreatische Diversion (BPD) – Kombination aus restriktivem (Nahrungsaufnahme wird begrenzt) und malabsorptivem Verfahren (Nährstoffaufnahme wird reduziert) mit hoher Effektivität
- Magenband (Gastric Banding) – Verkleinerung des Magenvolumens durch ein anpassbares Silikonband
- Magenballon – Vorübergehende endoskopische Therapie zur Volumenreduktion des Magens
- Roux-en-Y-Magenbypass (RYGBP) – Kombination aus restriktivem und malabsorptivem Eingriff mit ausgezeichneter Langzeitwirkung
- Schlauchmagen-Operation (Sleeve Gastrectomy, SG) – Irreversible Entfernung eines großen Magenanteils zur Volumenreduktion
- Endoskopische "Duodenal Mucosal Resurfacing" (DMR) – Ablation (Abtragung) der Duodenalschleimhaut (Schleimhaut des Zwölffingerdarms) mit thermischer Behandlung (90 °C für 10 Sekunden)
Postoperative Nachsorge
Nach jeder bariatrischen Operation ist eine intensive Nachsorge erforderlich, um den langfristigen Erfolg sicherzustellen:
- Ernährungstherapie – Dauerhafte Ernährungsumstellung mit vitamin- und proteinreicher Kost
- Bewegungstherapie – Regelmäßige sportliche Aktivität zur Muskelstärkung und Gewichtsstabilisierung
- Verhaltenstherapie – Psychologische Begleitung zur Vermeidung von Rückfällen und zur Etablierung gesunder Gewohnheiten
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen – Überwachung der Nährstoffversorgung, Hormonstatus und metabolischen Parameter (Stoffwechselwerte)
Mögliche Komplikationen
- Chirurgische Risiken: Infektionen, Anastomoseninsuffizienz (Nahtundichtigkeit), Blutungen
- Mangelernährung: Vitamin- und Mineralstoffdefizite (z. B. Eisen, Vitamin B12, Calcium, Vitamin D)
- Dumping-Syndrom: Unverträglichkeiten und Kreislaufreaktionen durch schnelle Magenentleerung
- Gallensteinbildung: Häufig durch schnelle Gewichtsabnahme bedingt
Vergleich der Operationsmethoden
Verfahren | Restriktion (Nahrungsaufnahme) | Malabsorption (Nährstoffaufnahme) | Reversibilität (Rückgängig) | Effektivität (langfristig) |
---|---|---|---|---|
Magenband | Hoch | Keine | Reversibel | Mittel |
Schlauchmagen | Hoch | Keine | Irreversibel | Hoch |
Roux-en-Y-Magenbypass | Mittel | Mittel | Irreversibel | Sehr hoch |
Biliopankreatische Diversion | Gering | Hoch | Irreversibel | Sehr hoch |
Fazit
Die bariatrische Chirurgie (Adipositas-Chirurgie) stellt eine effektive Therapieoption für Patienten mit schwerer Adipositas (Fettleibigkeit) dar, die unter erheblicher Krankheitslast leiden und bei denen konservative Maßnahmen nicht ausreichend waren [1]. Die Wahl des geeigneten Verfahrens hängt von individuellen Faktoren ab, insbesondere vom BMI, den Begleiterkrankungen und der langfristigen Compliance (Therapietreue) des Patienten. Eine lebenslange Nachsorge und Verhaltensänderung sind essenziell für den langfristigen Erfolg. Die Entscheidung zur Operation sollte stets in einem interdisziplinären Team getroffen werden.
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Prävention und Therapie der Adipositas. (AWMF-Registernummer: 050-001), April 2014 Langfassung
- S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 088-001), Februar 2018 Langfassung