Metabolische – stoffwechselbedingte – Alkalose – Ursachen

Pathogenese

Eine metabolische (stoffwechselbedingte) Alkalose beschreibt einen erhöhten pH-Wert des Blutes aufgrund einer Bicarbonat-Erhöhung oder eines Verlusts an Wasserstoffionen (H⁺), wodurch der pH-Wert über 7,45 ansteigt. Die Alkalose kann in zwei Typen unterteilt werden:

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  1. Additionsalkalose: Dieser Typ entsteht durch eine vermehrte Aufnahme oder Produktion von Basen, wie Bicarbonaten, im Stoffwechsel. Zu den häufigen Ursachen zählen:
    • Zufuhr alkalisch wirkender Substanzen:
      • Citrat (z. B. in Blutkonserven oder Infusionslösungen)
      • Natriumbicarbonat (Natriumhydrogencarbonat/Natron)
      • Lactat (z. B. aus Infusionslösungen zur Behandlung von Azidosen)
  2. Subtraktionsalkalose: Diese Form der Alkalose entsteht durch einen vermehrten Verlust von Säuren (H⁺-Ionen) aus dem Körper. Häufige Ursachen für diesen Typ sind:
    • Chlorid- und/oder Volumenverlust:
      • Ableitung von Magensaft oder häufiges Erbrechen führt zum Verlust von saurem Magensaft, insbesondere Salzsäure (HCl), was eine hypochlorämische Alkalose begünstigt.
      • Magenspülungen, die ebenfalls Chloridverluste verursachen.
    • Medikamentöse Einflüsse:
      • Mineralocorticoide (z. B. Aldosteron-Überproduktion oder -Einnahme) führen zu erhöhten Natrium- und Wasser-Retentionen sowie verstärktem Kalium- und H⁺-Verlust.
      • Diuretika wie Furosemid und Hydrochlorothiazid (HCT) verursachen durch Kaliumverluste eine Hypokaliämie. In diesem Fall kann die Alkalose durch die Bevorzugung kaliumsparender Diuretika (z. B. Spironolacton) gemindert werden.

Sekundäre pathophysiologische Mechanismen

  • Kompensatorische Hypoventilation: Da der Anstieg des pH-Werts eine Alkalose anzeigt, kann der Körper über eine Verminderung der Atemfrequenz versuchen, den CO₂-Gehalt des Blutes zu erhöhen, um den pH-Wert auszugleichen.
  • Veränderung der Elektrolytkonzentrationen: Ein niedriger Kalium- und Chloridspiegel kann die Alkalose verstärken, indem der Säure-Basen-Haushalt weiter gestört wird. Hypokaliämie kann insbesondere durch den vermehrten H⁺-Austausch in die Zellen eine intrazelluläre Azidose verstärken.

Klinisches Bild

Leitsymptome

  • Verwirrtheit, Schwindel und Muskelkrämpfe durch den erhöhten pH-Wert und den damit einhergehenden Elektrolytstörungen.
  • Hypokaliämie-bedingte Schwäche oder Herzrhythmusstörungen

Fortgeschrittene Symptome

  • Verminderte Atmung (Hypoventilation) als Kompensationsmechanismus
  • Parästhesien (Kribbelgefühl) und Tetanie (Muskelkrämpfe) aufgrund des niedrigen Calciumspiegels

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die metabolische Alkalose ist eine pH-Erhöhung im Blut, die durch eine Zunahme an Bicarbonaten oder durch den Verlust von H⁺-Ionen verursacht wird. Dies kann durch exogene Zufuhr von Basen (Additionsalkalose) oder durch Säureverluste (Subtraktionsalkalose) geschehen. Da häufig auch Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie auftreten, sind eine präzise Diagnose und eine gezielte Korrektur der zugrundeliegenden Ursache entscheidend. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und umfasst die Elektrolytkorrektur, gegebenenfalls durch kaliumsparende Diuretika oder Korrektur des Chloridspiegels.

Ätiologie

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern 
    • Genetische Erkrankungen
      • Bartter-Syndrom – sehr seltene genetische Stoffwechselerkrankung mit autosomal-dominantem oder autosomal-rezessivem oder X-chromosomal-rezessivem Erbgang; Defekt tubulärer Transportproteine; Hyperaldosteronismus (Krankheitszustände, die mit einer erhöhten Ausschüttung von Aldosteron einhergehen), Hypokaliämie (Kaliummangel) und Hypotonie (niedriger Blutdruck)
      • Gitelman-Syndrom (GS; Synonym: Familiäre Hypokaliämie-Hypomagnesiämie) – genetisch-bedingte Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die durch eine hypokaliämische metabolische Alkalose (stoffwechselbedingte Alkalose mit Kaliummangel) mit ausgeprägter Hypomagnesiämie (Magnesiummangel) und niedriger Calciumausscheidung im Urin charakterisiert ist

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Erhöhte Alkalizufuhr – Übermäßiger Verzehr von basischen Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln mit Natrium- oder Kaliumbicarbonat kann den Säure-Basen-Haushalt stören.
    • Lakritze – Der hohe Gehalt an Glycyrrhizinsäure kann den Kaliumspiegel senken und zu einer metabolischen Alkalose führen.
    • Traubensilberkerze (Heilpflanze) – In hohen Dosen kann sie die Elektrolythomöostase beeinflussen.
  • Genussmittelkonsum
    • Kautabak – Kann durch Störungen im Elektrolythaushalt den Basenüberschuss begünstigen.

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Ableitung von Magensaft
  • Bartter-Syndrom – sehr seltene Stoffwechselerkrankung, die vor allem mit einem Hyperaldosteronismus und infolgedessen mit einer Hypokaliämie (Kaliummangel) einhergeht
  • Chronisches Erbrechen – Verlust an saurem Magensaft
  • Endokrine Störungen – z. B. Hyperaldosteronismus (infolgedessen eine Hypokaliämie (Kaliummangel))
  • Gitelman-Syndrom – genetisch-bedingte Erkrankung, die zu einem erhöhten Verlust von Kalium und Magnesium über die Niere führt
  • Hypercalcämie (Calciumüberschuss)
  • Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
  • Kongenitale Chloridorrhoe – Diarrhoe (Durchfall), die durch eine Chloridmalabsorption bedingt ist
  • Liddle-Syndrom – sehr seltene genetisch bedingte Erkrankung, die mit Hypertonie (Bluthochdruck) einhergeht
  • Magenspülungen
  • Malnutrition (Fehlernährung) → extrarenaler Kaliumverlust ("außerhalb der Nieren")
  • Milch-Alkali-Syndrom (Burnett-Syndrom) – Erkrankung, die durch ein Überangebot an Alkalien wie Milch und Calciumcarbonat bedingt ist; klinisches Bild: Nausea (Übelkeit)/ Erbrechen, Vertigo (Schwindelgefühl) und Ataxie (Gangstörung); Labordiagnostik: Alkalose mit Hypercalcämie (Kaliumüberschuss) ohne vermehrte Calciumausscheidung über den Urin und ohne Abfall des Phosphatgehalts im Blut; Hypercalcämie führt zu einer Kalzinose (Kalksalzablagerungen) der Bindehaut, der Hornhaut der Augen ("Bandkeratitis" der Lidspalte) und in den Nierentubuli mit der Gefahr einer Niereninsuffizienz (langsam fortschreitende Verringerung der Nierenfunktion)
  • Morbus Cushing – Gruppe von Erkrankungen, die zum Hyperkortisolismus (Hypercortisolismus) ‒ Überangebot von Cortisol ‒ führen
  • Nebennieren-Enzymdefekte wie Hydroxylasemangel
  • Nierenarterienstenose – Verengung der Nierenarterie(n), die zu Hypertonie (Bluthochdruck) führt
  • Ödeme – Wasseransammlung im Gewebe
  • Primärer Aldosteronismus (Überproduktion von Aldosteron), der durch einen Tumor oder eine Hyperplasie bedingt ist
  • Tumoren, die Renin produzieren (Enzym, welches den Blutdruck regelt)
  • Villöses Adenom – gutartiger Tumor

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Hypercalcämie (Calciumüberschuss)
  • Hypokaliämie (Kaliummangel)
  • Hypomagnesiämie (Magnesiummangel)

Medikamente

  • Behandlung mit Mineralocorticoiden (Verluste von Kalium)
  • Diuretika (entwässernde Medikamente) – wie beispielsweise Furosemid und Hydrochlorothiazid (Verluste von Kalium); deshalb vorzugsweise kaliumsparendes Diuretikum (z. B. Spironolacton)
  • Laxantien → extrarenaler Kaliumverlust
  • Penicillin, Carbenicillin (Antibiotika)