Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) – Einleitung

Die Hypothyreose bezeichnet eine Schilddrüsenunterfunktion, bei der der Körper nicht ausreichend mit den Schilddrüsenhormonen Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) versorgt wird. Dies führt vor allem zu einer Verlangsamung der Stoffwechselprozesse und einer verringerten Leistungsfähigkeit.

Synonyme und ICD-10: Hypothyreoidismus; Hypothyroidism; Hypothyroidismus; Kretinismus; Myxödem; Schilddrüsenunterfunktion; ICD-10-GM E03.-: Sonstige Hypothyreose.

Charakteristische Laborbefunde

Die charakteristischen Laborbefunde bei einer Hypothyreose sind:

  • TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon): Erhöht (bei primärer Hypothyreose)
  • fT3 (freies Trijodthyronin): Erniedrigt oder im unteren Normbereich
  • fT4 (freies Thyroxin): Erniedrigt
  • Gesamt-T4 und Gesamt-T3: Erniedrigt (optional bestimmt, abhängig von der klinischen Fragestellung)
  • Cholesterin: Erhöht (aufgrund einer verlangsamten Lipidmetabolisierung)
  • Creatinkinase (CK): Erhöht (kann aufgrund von Muskelschädigungen erhöht sein)
  • Anämie (Blutarmut): Normozytär-normochrom (bei schwerer Hypothyreose)

Diese Laborwerte sind typisch für eine Hypothyreose, bei der die Schilddrüse unzureichend Hormone produziert, was zu einer Reihe von systemischen Auswirkungen führt.

Ursachen

  • Kinder: Mangel an Jod, der zu Kretinismus führen kann, mit körperlichen und geistigen Entwicklungsstörungen.
  • Erwachsene: Am häufigsten durch Thyreoiditis Hashimoto (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse).
  • Postoperativ: Folge nach Thyreoidektomie (operative Entfernung der gesamten Schilddrüse).

Formen der Hypothyreose bei Erwachsenen

  • Primäre (thyreogene) Hypothyreose [Regelkreis in der Schilddrüse ist unterbrochen]
    • am häufigsten die Folge einer Autoimmunerkrankung wie Hashimoto-Thyreoditis
    • iatrogen bedingt (durch ärztliche Maßnahmen verursacht) – nach Strumektomie (Entfernung von Schilddrüsengewebe), nach Radiojodtherapie, medikamentös induziert (z. B. Thyreostatika, Lithium, Sunitinib, Amiodaron)
  • Sekundäre hypophysäre Hypothyreose [Regelkreis in der Hypophyse ist unterbrochen, z. B. wg. Insuffizienz/Schwäche des Hypophysenvorderlappens/Vorderlappens der Hirnanhangsdrüse]
  • Tertiäre hypothalamische Hypothyreose [Vorgabe des Sollwertes fehlt durch TRH-Mangel, z. B. im Rahmen einer Schädigung des Hypothalamus, eines Pickardt-Syndroms oder eines Euthyroid-Sick-Syndroms] (sehr selten)

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 4.

Häufigkeitsgipfel: Die Autoimmun-Hypothyreose tritt vorwiegend ab dem 60. Lebensjahr auf.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 1 % (in Deutschland).

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

Autoimmun-Hypothyreose

  • Frauen: Ca. 4 Erkrankungen pro 1.000 Einwohner pro Jahr
  • Männer: Ca. 1 Erkrankung pro 1.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland)

Konnatale (angeborene) Hypothyreose

  • Neugeborene: 1 Erkrankung pro 3.000-5.000 Neugeborene pro Jahr

Hypothyreose bei Hashimoto-Thyreoiditis im Kindes- und Jugendalter

  • Kinder und Jugendliche: 0,5 Erkrankungen pro 1.000 Einwohner pro Jahr

Hyperthyreose bei Morbus Basedow im Kindes- und Jugendalter

  • Kinder und Jugendliche: 1 Erkrankung pro 100.000 Einwohner pro Jahr

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Häufig sind Patienten mit einer Hashimoto-Thyreoiditis betroffen, die lange beschwerdefrei sind. Die Diagnosestellung erfolgt häufig erst im Rahmen einer Strumaabklärung oder sehr spät bei einer manifesten Hypothyreose.
  • Eine Hypothyreose verläuft chronisch und erfordert eine lebenslange Substitution von Schilddrüsenhormonen (T4).

Prognose

  • Eine gut eingestellte Hypothyreose ermöglicht eine normale Lebensqualität. Viele Patienten entwickeln jedoch im Laufe der Zeit eine frühe Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung).
  • Bei einem dauerhaften hypothyreoten Zustand, Stressereignissen (z. B. Infekte, Operationen, Unfälle) oder der Zufuhr von Substanzen, die zu einer Hypoventilation (Opiate, Narkotika, Sedativa, Alkohol) führen können, besteht das Risiko eines hypothyreoten Komas (Myxödemkoma, sehr selten).
  • Dank der Intensivmedizin konnte die Mortalitätsrate (Sterberate) des Myxödemkomas auf 20-25 % gesenkt werden.

Komorbiditäten

  • Gicht: Bei Männern besteht ein 1,5-faches Risiko für Gicht [1].
  • Depression und Angststörungen: Eine unbehandelte Hypothyreose ist mit einer erhöhten Prävalenz von Depressionen und Angststörungen assoziiert [2].

Literatur

  1. Lai-Chu See et al.: Hyperthyroid and Hypothyroid Status was Strongly Associated with Gout and Weakly Associated with Hyperuricaemia. PlosOne, online 8. Dezember 2014
  2. Ittermann T et al.: Diagnosed thyroid disorders are associated with depression and anxiety. Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol. 2015 Sep;50(9):1417-25. doi: 10.1007/s00127-015-1043-0. Epub 2015 Mar 17

Leitlinien

  1. Wirth S: Handlungsempfehlung nach der Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle der primären angeborenen Hypothyreose“.Monatsschrift Kinderheilkunde Ausgabe 5/2015
  2. S2k-Leitlinie: Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis. (AWMF-Registernummer: 053 - 046), April 2023 Kurzfassung Langfassung