Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) – Einleitung

Hyperthyreose bezeichnet eine Schilddrüsenüberfunktion, die durch eine Vielzahl von Ursachen ausgelöst werden kann.

Synonyme und ICD-10: Hyperthyreoidismus; Hyperthyroidism; Schilddrüsenhormonvergiftung; Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose); Thyreotoxikose; ICD-10-GM E05.9: Hyperthyreose, nicht näher bezeichnet

Die Hyperthyreose bezeichnet im eigentlichen Sinne ein Überangebot der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) am Rezeptor der Körperzellen mit den entsprechenden Folgen [3].

Die wichtigste Ursache ist die Basedow-Krankheit, die für 60-80 % aller Hyperthyreosen verantwortlich ist. Weitere Ursachen sind die Schilddrüsenautonomie (unabhängige Schilddrüsenhormonproduktion) und die jodinduzierte Hyperthyreose (exogene Zufuhr von Jod in hohen Mengen).

Charakteristische Laborbefunde

  • Erniedrigtes TSH (Thyroidea-stimulierendes Hormon): Typischerweise ist das TSH bei Hyperthyreose supprimiert, da die erhöhte Menge an Schilddrüsenhormonen (T3 und T4) die Hypophyse hemmt.
  • Erhöhtes freies T4 (fT4): Erhöhte Spiegel des freien Thyroxins (fT4) sind ein Hauptmerkmal der Hyperthyreose.
  • Erhöhtes freies T3 (fT3): In einigen Fällen kann das freie Trijodthyronin (fT3) stärker erhöht sein als fT4, insbesondere bei einer T3-Toxikose.
  • Erhöhte Gesamt-T3 und Gesamt-T4-Werte: Gesamt-T3 und -T4 können ebenfalls erhöht sein, spiegeln jedoch nicht immer den freien Hormonspiegel wider.
  • Erhöhte Trijodthyroninresistenz: Dies kann bei Hyperthyreose beobachtet werden und führt zu einer vermehrten Konversion von T4 zu T3.
  • Positive TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK): Bei Morbus Basedow, einer häufigen Ursache der Hyperthyreose, sind TRAK (TSH-Rezeptor-Antikörper) typischerweise positiv.
  • Erhöhte Schilddrüsenperoxidase-Antikörper (TPO-AK): Diese können ebenfalls erhöht sein, besonders bei Autoimmunursachen wie Morbus Basedow.

Diese Laborbefunde unterstützen die Diagnose einer Hyperthyreose und helfen, die Ursache weiter einzugrenzen.

Formen der Hyperthyreose

Nach Symptomatik 

  • Subklinische (latente) Hyperthyreose – asymptomatisch (ohne erkennbare Symptome)
  • Klinische Hyperthyreose – Hyperthyreose, die mit Symptomen einhergeht

Nach dem Ort der Störung 

  • Primäre Hyperthyreose – "echte" Schilddrüsenüberfunktion
    • manifeste Form  Erhöhung des Werts von freiem Triiodthyronin (fT3) und / oder freiem Thyrosin (fT4) über den oberen Normbereich und gleichzeitige TSH-Erniedrigung (= supprimiertes basales Thyreoidea-stimulierendem Hormon (TSH))
    • subklinische (latente) Form – isolierte TSH-Erniedrigung
  • Sekundäre Hyperthyreose – hierbei handelt es sich um eine überschießende Anregung durch eine erhöhte TSH-Aktivität (z. B. bei hormonbildenden Tumoren der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse))

Des Weiteren gibt es eine Amiodaron-induzierte Hyperthyreose (AIH) – siehe dazu unter “Ursachen“.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind deutlich häufiger von einer Hyperthyreose betroffen als Männer. Im Rahmen der Morbus Basedow-Erkrankung, welches die häufigste Ursache einer Hyperthyreose ist, beträgt das Geschlechterverhältnis von Männern zu Frauen 1 : 5. Bei der Schilddrüsenautonomie beträgt das Geschlechterverhältnis von Männern zu Frauen 1 : 4.

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der Hyperthyreose liegt zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei Frauen bei 1-2 %, bei Männern ist sie wesentlich geringer (in Deutschland).
In der Schwangerschaft liegt die Prävalenz bei 0,1-1,0 %. Hauptursache ist dabei der Morbus Basedow.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) für eine Morbus Basedow-Erkrankung beträgt 10-40 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Symptomentwicklung: Die Symptome einer Hyperthyreose wie starke Schweißproduktion, Tachykardie, Gewichtsverlust, Nervosität und Tremor können schleichend auftreten und werden häufig zunächst nicht als Zeichen einer Schilddrüsenüberfunktion erkannt. Diese Symptome können leicht als alltags- oder stressbedingte Beschwerden missinterpretiert werden.
  • Diagnose: Gewissheit bringen erst die Labordiagnostik (Bestimmung von TSH, fT3 und fT4), eine Schilddrüsensonographie und gegebenenfalls eine Szintigraphie der Schilddrüse.
  • Krankheitsverlauf: Bei der Morbus-Basedow-Erkrankung, der häufigsten Ursache der Hyperthyreose, kann die Erkrankung in etwa der Hälfte der Fälle spontan remittieren, aber auch rezidivierend verlaufen. Bei Schilddrüsenautonomie ist die Prognose weniger günstig, da diese Form der Hyperthyreose häufig persistiert und eine dauerhafte Behandlung erfordert.

Prognose

  • Allgemeine Prognose: Die Prognose der Hyperthyreose hängt maßgeblich von der Ursache ab. Eine Morbus-Basedow-Erkrankung hat eine Chance auf spontane Rückbildung, kann aber auch wiederkehrend auftreten. Schilddrüsenautonomien sind oft chronisch und erfordern langfristige Therapien.
  • Thyreotoxische Krise: Unabhängig von der Ursache besteht bei Hyperthyreose immer das Risiko einer thyreotoxischen Krise, besonders bei unzureichender Behandlung. Diese lebensbedrohliche Komplikation zeichnet sich durch hohes Fieber, Tachykardie, Unruhe, Erbrechen, Durchfall, Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen aus und erfordert eine intensivmedizinische Behandlung. Die Letalität einer thyreotoxischen Krise liegt zwischen 8 und 25 %.
  • Langzeitprognose: Bei adäquater Behandlung ist die Prognose der Hyperthyreose in den meisten Fällen gut. Die frühzeitige und konsequente Therapie kann die Symptome lindern und Komplikationen verhindern. Bei chronischen Formen wie der Schilddrüsenautonomie ist eine dauerhafte Kontrolle und Anpassung der Therapie notwendig, um eine stabile Schilddrüsenfunktion zu gewährleisten und das Risiko für Komplikationen zu minimieren.

Komorbiditäten

Die Hyperthyreose ist bei Männern mit einem 1,4-fachen Risiko für Gicht und bei Frauen mit dem 2,1-fachen Risiko assoziiert (verbunden) [1]. Des Weiteren ist eine unbehandelte Hyperthyreose mit einer Depression assoziiert [2].

Literatur

  1. Lai-Chu See et al.: Hyperthyroid and Hypothyroid Status was Strongly Associated with Gout and Weakly Associated with Hyperuricaemia. PlosOne, online 8. Dezember 2014
  2. Ittermann T et al.: Diagnosed thyroid disorders are associated with depression and anxiety. Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol. 2015 Sep;50(9):1417-25. doi: 10.1007/s00127-015-1043-0. Epub 2015 Mar 17

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Hyperthyreose. (AWMF-Registernummer: 027 - 041), Januar 2011 Langfassung
  2. S1-Leitlinie: Angeborene Hyperthyreose. (AWMF-Registernummer: 027 - 042), Januar 2011 Langfassung
  3. Alexander EK et al.: 2017 Guidelines of the American Thyroid Association for the Diagnosis and Management of Thyroid Disease During Pregnancy and the Postpartum. THYROID Volume 27, Number 3, 2017 American Thyroid Association  Mary Ann Liebert, Inc. doi: 10.1089/thy.2016.0457