Natriumüberschuss (Hypernatriämie) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Störungen im Natriumshaushalt sind Störungen des Wasserhaushalts.

Folgende Faktoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Regelung des Natrium- und Wasserhaushalts:

  • Durst,
  • Wasserzufuhr
  • die über das antidiuretische Hormon (ADH, Vasopressin) regulierte Wasserausscheidung der Nieren

Situationen, die sich bei einer Hypernatriämie unterscheiden lassen:

  • iatrogen ("ärztlich verursacht") hervorgerufene Salzüberladung
  • reiner Wasserverlust oder
  • Verlust von Wasser und Natrium (bei überwiegendem Wasseranteil)

Man unterscheidet folgende Formen der Hypernatriämie:

  • Hypovolämische Hypernatriämie (= hypertone Dehydratation): zu hohe Natriumkonzentration mit gleichzeitig vermindertem intravasalen Volumen ("in den Gefäßen"); diese entsteht durch:
    • erhöhte Flüssigkeitsausscheidung (Urin, Schweiß) 
    • krankheitsbedingt, z. B.:
      • Mangel an dem antidiuretischen Hormon (ADH) wg. Ausfall der ADH-Produktion (partiell (teilweise) oder total; permanent oder transient (vorübergehend)), die zu einer extrem hohen Harnausscheidung (Polyurie; 5-25 l/Tag) durch eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Nieren führt
      • durch fehlendes oder ungenügendes Ansprechen der Nieren auf ADH (ADH-Konzentration ist normal bzw. sogar erhöht)
      • s. u. Krankheiten
    • medikamentös
  • Hypervolämische Hypernatriämie (= hypertone Hyperhydratation): zu hohe Natriumkonzentration mit gleichzeitig erhöhtem intravasalen Volumen; diese entsteht durch zu hohe Kochsalzzufuhr; Ursachen sind:
    • alimentär (ernährungsbedingt): Meerwasserintoxikation (Trinken von Salzwasser)
    • iatrogen (z. B. Infusion hypertoner Kochsalz- oder Natriumbicarbonat-Lösung oder natriumhaltige Penicillinsalze)

Die physiologische Serum-Osmolarität hängt fast ausschließlich von der Natriumkonzentration ab. Damit geht eine Hypernatriämie mit einer Hyperosmolalität (Hyperosmolarität) einher.
Als Osmolalität wird die Summe der molaren Konzentration aller osmotisch wirkenden Teilchen pro Kilogramm Lösungsmittel bezeichnet. Bei einer Hyperosmolalität (hyperosmolal) liegt eine größere Anzahl gelöster Teilchen pro Kilogramm Flüssigkeit vor als in der Vergleichsflüssigkeit.

Während die intrazelluläre ("innerhalb der Zellen") Natriumkonzentration durch die Na+/K+-ATPase kontrolliert wird, erfolgt die Regulation der Natriumkonzentration des Extrazellulärraumes (Raum außerhalb der Zellen) über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und das atriale natriuretische Peptid (ANP). Details dazu siehe unter "Kochsalz/Regulation der Natriumhomöostase".

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Verminderte Flüssigkeitszufuhr
    • Hohe Aufnahme von Natrium und Kochsalz
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Kalium

Krankheitsbedingte Ursachen

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Conn-Syndrom (primärer Hyperaldosteronismus); beim Aldosteron handelt es sich um ein Mineralocorticoid, welches mit anderen Hormonen wie Renin und Angiotensin den Flüssigkeits- und Elektrolyt (Blutsalz)-Haushalt reguliert.
  • Diabetes insipidus centralis (Synonyme: zentraler (neurogener) Diabetes insipidus; Diabetes insipidus neurohormonalis; hypoyphysärer Diabetes insipidus – Störung im Wasserstoffwechsel, bedingt durch einen Mangel an dem antidiuretischen Hormon (ADH) wg. Ausfall der ADH-Produktion (partiell (teilweise) oder total; permanent oder transient (vorübergehend)), die zu einer extrem hohen Harnausscheidung (Polyurie; 5-25 l/Tag) durch eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Nieren führt.
  • Morbus Cushing – Gruppe von Erkrankungen, die zum Hyperkortisolismus (Hypercortisolismus) führen

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  •  Diarrhoe (Durchfall)

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  •  Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Ileus (Darmverschluss)
  • Nichtinfektiöse Gastroenteritis (Magen-Darm-Entzündung) und Kolitis (Darmentzündung)
  • Peritonitis (Bauchfellentzündung)

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Fieber (→ Flüssigkeitsverluste)
  • Hyperglykämie (Überzuckerung → osmotische Diurese)
  • Hyperhidrose (krankhaft vermehrte Schweißabsonderung; Nachtschweiß; Schweißausbruch; Schweißneigung; Steigerung der Schweißsekretion; übermäßiges Schwitzen)
  • Hyperventilation (gesteigerte Atmung, die über den Bedarf hinaus geht)
  • Polyurie (vermehrte Urinausscheidung)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Diabetes insipidus renalis (Synonym: nephrogener Diabetes insipidus; ICD-10-GM N25.1: Renaler Diabetes insipidus) – Störung im Wasserstoffwechsel, bedingt durch fehlendes oder ungenügendes Ansprechen der Nieren auf ADH (ADH-Konzentration ist normal bzw. sogar erhöht), die zu einer extrem hohen Harnausscheidung (Polyurie; 5-25 l/Tag) durch eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Nieren führt.
  • Nephropathien (Nierenerkrankung) mit eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit
  • Nephrotisches Syndrom ‒ Sammelbegriff für Symptome, die bei verschiedenen Erkrankungen des Glomerulums (Nierenkörperchen) auftreten; die Symptome sind Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) mit einem Proteinverlust; Hypoproteinämie, periphere Ödeme (Wassereinlagerungen) durch eine Hypoalbuminämie (erniedrigter Gehalt an Albumin im Blut), Hyperlipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)
  • Niereninsuffizienz (Prozess, der zu einer langsam fortschreitenden Verringerung der Nierenfunktion führt)
  • Polyurisches Nierenversagen (Polyurie bei ANV/akutes Nierenversagen)

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Meerwasserintoxikation (Trinken von Salzwasser)
  • Verbrennungen

Weitere Differentialdiagnosen

  • Iatrogen (z. B. Infusion hypertoner Kochsalz- oder Natriumbicarbonat-Lösung oder natriumhaltige Penicillinsalze)
  • Erhöhte Perspiratio insensibilis (nicht merklicher Verlust von Körperwasser über Haut (Verdunsten), Schleimhäute und Atmung (Feuchtigkeitsgehalt der ausgeatmeten Luft)) – normalerweise zwischen 300-1.000 ml pro Tag (die Angaben zum Ausmaß der Perspiratio insensibilis schwanken sehr in der Literatur)
  • Stoma (Stomaträger), Fisteln

Medikamente (mit natriumretinierender Wirkung bzw. medikamentöse Salzüberlastung)

  • Hormone: Glucocorticoide (Hydrocortison; Prednisolon)
  • Kochsalzhaltige Infusionslösungen
  • Selektive COX-2-Hemmer (Coxibe) – Celecoxib, Etoricoxib