Latente metabolische – stoffwechselbedingte – Azidose – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Bei einer latenten metabolischen Azidose sind die basischen Pufferreserven (hauptsächlich Bicarbonate, HCO3⁻) im Blut nahezu erschöpft, sodass sie eine zunehmende Säurelast nicht mehr vollständig kompensieren können. In dieser Phase bleibt der pH-Wert des Blutes jedoch noch innerhalb des normalen Bereichs (7,38-7,42). Das bedeutet, dass die Homöostase des pH-Wertes weiterhin aufrechterhalten wird, indem die verbliebenen Pufferreserven eine Verschiebung ins Saure ausgleichen.

Mechanismen der latenten metabolischen Azidose

  • Erhöhte Säurezufuhr oder Säureproduktion:
    • Häufige Ursachen sind erhöhte Säurezufuhr aus der Nahrung oder eine verstärkte Produktion von Säuren im Stoffwechsel, wie bei einem hohen Anteil an proteinhaltigen Nahrungsmitteln, die schwefelhaltige Aminosäuren enthalten.
    • Eine gesteigerte Muskelarbeit, die zur vermehrten Milchsäureproduktion (Lactat) führt, kann ebenfalls einen Beitrag leisten.
  • Verminderte Ausscheidung von Säuren durch die Nieren:
    • Die Fähigkeit der Nieren, überschüssige Säuren über den Urin auszuscheiden, kann altersbedingt oder durch eine eingeschränkte Nierenfunktion (z. B. chronische Nierenerkrankung) vermindert sein.
    • Auch eine reduzierte Ausscheidung bei chronischen Erkrankungen, wie der diabetischen Nephropathie, führt zur Ansammlung von Säuren im Blut.
  • Erschöpfung der Pufferkapazität:
    • Die Bicarbonat-Pufferreserven werden allmählich verbraucht, was die Fähigkeit des Körpers einschränkt, zusätzliche Säuren zu neutralisieren.
    • Andere Puffersysteme, wie das Phosphatpuffersystem und Proteinpuffer, leisten ebenfalls einen Beitrag, sind aber bei lang anhaltender Belastung begrenzt wirksam.
  • Veränderung der Anionenlücke:
    • Bei einer latenten Azidose bleibt die Anionenlücke im Normalbereich, da es noch zu keiner signifikanten Verschiebung der Elektrolyte kommt. Eine veränderte Anionenlücke würde auf eine fortgeschrittene metabolische Azidose hinweisen, die hier bislang nicht vorliegt.

Klinische Bedeutung der latenten metabolischen Azidose

  • Frühsymptome sind oft unspezifisch und können Müdigkeit, Kopfschmerzen oder allgemeine Schwäche umfassen.
  • Langfristige Folgen einer latenten Azidose sind eine erhöhte Belastung der Nieren und eine Neigung zur Knochenentkalkung (Demineralisierung), da Kalzium zur Neutralisierung der Säuren herangezogen wird.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die latente metabolische Azidose stellt ein Frühstadium dar, in dem die Puffersysteme des Blutes nahezu erschöpft sind, aber der Blut-pH-Wert weiterhin stabil bleibt. Dieser Zustand ist klinisch von Bedeutung, da eine chronische Säurebelastung langfristig zur Schädigung von Gewebe und Organen, insbesondere der Knochen und Nieren, führen kann.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Abnahme der Funktionsreservekapazität der Niere – beginnend circa ab dem 40. Lebensjahr – für die Ausscheidung von Säureäquivalenten, das bedeutet, die Niere verliert zunehmend die Fähigkeit, durch Ausscheidung von Säureäquivalenten im Falle einer Azidose regulativ zu wirken und durch eine chronische Niereninsuffizienz im Alter:
    • Abnahme der Kreatinin-Clearance
    • Erschöpfung der renalen Steigerungsmöglichkeit der Ammoniumproduktion und -ausscheidung bei andauernder Säurebelastung
    • Renaler Plasmafluss nimmt pro Dekade um circa 10 % ab
    • Zunehmende tubuläre Azidose durch Abnahme der Regeneration der wichtigsten Puffersubstanz Bicarbonat (HCO3) im oberen Tubulusabschnitt (proximaler Tubulus)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Diäten (Hungerkuren) – Führt zu einer gesteigerten Produktion von Ketonkörpern, die die Säurebelastung erhöhen können.
    • Erhöhte Nahrungszufuhr säurebildender Lebensmittel – Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Weißmehlprodukte, Fast Food, kohlensäurehaltige Softdrinks, Zucker, Kaffee, Schwarztee und Alkohol können die Säurelast erhöhen.
    • Nicht ausreichende Aufnahme von Basen-spendenden Lebensmitteln – Obst, Gemüse, Kräuter und stilles Mineralwasser helfen, die Säure-Basen-Balance aufrechtzuerhalten.
    • Hyperalimentation (übermäßige Kalorienaufnahme) – Begünstigt die Säureproduktion durch einen gesteigerten Stoffwechsel.
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Ein Mangel an essenziellen Mikronährstoffen wie Zink, Magnesium- und Kaliumcitrat kann die Kapazität von Enzymsystemen reduzieren, was zu einer Akkumulation zellulärer Säuren führt.

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Chronische Niereninsuffizienz
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) 
  • Lebererkrankungen (Anstieg der hepatischen Säureproduktion)

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ↓
  • Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut)