Kaliumüberschuss (Hyperkaliämie) – Einleitung

Von einer Hyperkaliämie – umgangssprachlich Kaliumüberschuss genannt – spricht man, wenn bei einem Erwachsenen die Konzentration des Serum-Kaliums über einen Wert von 5-5,5 mmol/l steigt (bei Kindern ab 5,4 mmol/l).

Synonyme und ICD-10: Hyperkaliämie-Syndrom; Hyperpotassämie; Kaliumintoxikationssyndrom; Kaliumvergiftungssyndrom; ICD-10-GM E87.5: Hyperkaliämie

Gemäß den aktuellen ESC-Leitlinien 2021 zur Diagnostik und Therapie der akuten und chronischen Herzinsuffizienz wird der Grenzwert für eine Hyperkaliämie bei Serum-Kalium mit > 5 mmol/l angegeben [ESC Leitlinie].

Normwerte und Schweregrade

  • Normokaliämie: Serumkalium-Werte von 3,5-5 mmol/l.
  • Milde Hyperkaliämie: 5,5-5,9 mmol/l
  • Moderate Hyperkaliämie: 6,0-6,4 mmol/l
  • Schwere Hyperkaliämie: ≥ 6,5 mmol/l

Pseudohyperkaliämie

Eine Pseudohyperkaliämie, d. h. ein falsch hoher Kaliumwert im Serum, liegt vor, wenn entweder Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen) oder Thrombozyten (Blutplättchen) in vitro lysieren (sich "im Reagenzglas" auflösen) und ihr Kalium in das Serum abgeben (Hämolyse/Auflösung von roten Blutkörperchen). Weitere Ursachen einer Pseudohyperkaliämie sind:

  • Leukozytose (> 50.000 Leukozyten/mm³)
  • Hereditäre Sphärozytose (Kugelzellenanämie)
  • Fehlerhafte Blutabnahme (zu lange Venenstauung)
  • Zu lange Lagerung des Blutes nach der Entnahme

Ursachen

Hyperkaliämie kann verschiedene Ursachen haben, einschließlich:

  • Niereninsuffizienz (chronisch oder akut)
  • Medikamente (z. B. kaliumsparende Diuretika, ACE-Hemmer, ARBs)
  • Übermäßige Kaliumzufuhr (durch Nahrung oder Supplemente)
  • Zellzerfall (z. B. bei Rhabdomyolyse, Tumorlysesyndrom)
  • Hypoaldosteronismus

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der Hyperkaliämie liegt im mittleren bis hohen Alter.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) bei Notfallpatienten beträgt zwischen 1,8-10,4 %.
Prävalenz bei chronischer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) beträgt bis zu 40 % und bei chronischer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche; chronische Nierenkrankheit) über einen Zeitraum von ca. einem Jahr 73 %.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) der Hyperkaliämie ist in der Allgemeinbevölkerung nicht bekannt.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Eine leichte Hyperkaliämie ist in der Regel symptomlos. Bei höheren Konzentrationen (ab 6,5 mmol/l) treten jedoch ernsthafte Symptome auf, die eine medizinische Notfallbehandlung erfordern:

  • Muskelschwäche und Lähmungen
  • Diarrhoe (Durchfall)
  • Metabolische Azidose (stoffwechselbedingte Übersäuerung)
  • Herzrhythmusstörungen: EKG-Veränderungen wie Abnahme der Vorhofaktivität, Kammerflimmern, bis hin zu Asystolie und Herzstillstand.

Prognose

Die Prognose bei Hyperkaliämie hängt stark von der Höhe des Serum-Kaliums und der Geschwindigkeit des Anstiegs ab:

  • Leichte Hyperkaliämie (bis 5,9 mmol/l) hat in der Regel eine gute Prognose, wenn sie rechtzeitig erkannt und behandelt wird.
  • Schwere Hyperkaliämie (≥ 6,5 mmol/l) ist potentiell lebensgefährlich und muss umgehend behandelt werden. Ohne sofortige Behandlung kann sie zum Tod führen.

Ab einem Kalium-Serumwert von 5,5 mmol/l ist mit einer erhöhten Mortalität (Sterberate) zu rechnen, bei Hypertonikern (Patienten mit Bluthochdruck) mit bereits ab 5,0 mmol/l [1]. Die Mortalitätsrate unter hospitalisierten Patienten aufgrund einer Hyperkaliämie schwankt zwischen 1,7 % und 41 %.

Komorbiditäten

Eine Hyperkaliämie tritt häufig bei älteren Patienten mit Nierenerkrankungen auf. In 33 % bis 83 % der Fälle liegt eine Niereninsuffizienz (Prozess, der zu einer langsam fortschreitenden Verringerung der Nierenfunktion führt) bzw. ein akutes Nierenversagen (ANV) vor. Häufig spielen dabei auch Medikamente eine Rolle (s. u. "Ursachen").

Literatur

  1. Krogager ML et al.: Short-term mortality risk of serum potassium levels in hypertension: a retrospective analysis of nationwide registry data. European Heart Journal, Volume 38, Issue 2, 7 January 2017, Pages 104-112, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehw129

Leitlinien

  1. National Kidney Foundation: Hyperkalemia, Best Practices in Managing. Chronic Kidney Disease
  2. ESH/ESC Task Force for the Management of Arterial Hypertension (2013) 2013 Practice guidelines for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and the European Society of Cardiology (ESC): ESH/ESC Task Force for the Management of Arterial Hypertension. J Hypertens 31(10):1925-1938
  3. Yancy CW, Jessup M, Bozkurt B et al (2013) 2013 ACCF/AHA guideline for the management of heart failure: executive summary: a report of the American College of Cardiology
  4. Clinical practical guidelines: Treatment of Acute Hyperkalaemia in Adults. The Renal Association 2020
  5. McDonagh TA et al. 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: Developed by the Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC), With the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2021; 42(36): 3599-3726.