Gicht (Hyperurikämie) – Symptome – Beschwerden

Folgende Symptome und Beschwerden können auf Gicht hinweisen:

Akuter Gichtanfall

Der Gichtanfall erfolgt vorwiegend nachts und in den frühen Morgenstunden (2,4-mal häufiger als tagsüber) [1].
Die Arthritis urica (Harnsäuregicht) ist meist monoartikulär (betrifft nur ein Gelenk). Es handelt sich dabei um eine schmerzhafte Monarthritis, die innerhalb eines Tages ohne Prodromi ("Vorläuferbeschwerden") auftritt. In den folgenden Nächten kann es zu Rezidiven kommen. Des Weiteren ist es möglich, dass mehrere Gelenke nacheinander befallen werden.
Die Arthritis urica ist im Regelfall der Indikator der Gichterkrankungen (Prävalenz/Häufigkeit in einer Allgemeinpraxis: 1,5 %).

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf einen akuten Gichtanfall (Arthritis urica) und werden oft zuerst bemerkt:

  • Monoarthritis: Entzündung eines Gelenks, in 90 % der Fälle
    • Podagra: Heftige Schmerzen im Großzehengrundgelenk, in über 60 % der Fälle einer Monarthritis. Auch periphere Gelenke wie das Daumengrundgelenk (Chiragra), Kniegelenk oder Sprunggelenk können betroffen sein.
  • Starke Schmerzen: Diese treten meist abrupt auf, besonders in der Nacht oder den frühen Morgenstunden.
  • Gerötetes, überwärmtes und stark geschwollenes Gelenk: Das betroffene Gelenk zeigt typische Entzündungszeichen wie Rötung, Überwärmung und Schwellung (> 90 % der Fälle).
  • Starke Berührungsschmerzen: Selbst leichte Berührungen des entzündeten Gelenks können extrem schmerzhaft sein.
  • Eingeschränkte Funktion: Das betroffene Gelenk kann nur eingeschränkt bewegt werden.

Diese Symptome entsprechen den typischen Anzeichen einer Entzündung:

  • Rubor (Rötung)
  • Calor (Überwärmung)
  • Tumor (Schwellung)
  • Dolor (Schmerz)
  • Functio laesa (gestörte Funktion)

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild eines akuten Gichtanfalls:

  • Abrupt auftretende starke Schmerzen, besonders in der Nacht oder den frühen Morgenstunden
  • Monoarthritis: Besonders häufig am Großzehengrundgelenk (Podagra) oder an peripheren Gelenken wie Daumengrundgelenk (Chiragra), Knie- oder Sprunggelenk
  • Entzündungszeichen (s. o.)
  • Starke Berührungsschmerzen: Auch leichte Berührungen sind extrem schmerzhaft.
  • Eingeschränkte Gelenkfunktion

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und treten seltener auf:

  • Fieber: Selten, oft nur Frösteln oder leichtes Fieber (< 20 %)
  • Kopfschmerzen: Selten (< 10 %)
  • Erbrechen: Tritt selten auf (< 10 %)
  • Tachykardie: Ein schneller Herzschlag mit über 100 Schlägen pro Minute, ebenfalls selten (< 10 %)

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Müdigkeit: Ein allgemeines Gefühl von Erschöpfung, das im Rahmen der Erkrankung auftreten kann (in 20-30 % der Fälle)
  • Allgemeines Unwohlsein: Ein allgemeines Krankheitsgefühl, das nicht spezifisch für Gicht ist, aber begleitend auftreten kann (in 20-30 % der Fälle)

Normalerweise klingt die Symptomatik nach 7-10 Tagen auch ohne Therapie ab und hinterlässt oft Schuppung und Hautjucken über dem betroffenen Gelenk.

Bei Frauen über 65 Jahren sind häufig auch die Fingermittel- und -endgelenke betroffen, seltener tritt hier ein akuter Gichtanfall im Bereich der unteren Extremitäten auf.

Score zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Gichtarthritis [2]

Charakteristika Punkte
Männliches Geschlecht 2
Vorangegangene Arthritisattacken (vom Patienten berichtet) 2
Auftreten innerhalb von 24 Stunden 0,5
Rötung des betroffenen Gelenks 1
Beteiligung des Großzehengrundgelenks 2,5
Arterielle Hypertonie oder ≥ 1 kardiovaskuläre Erkrankung 1,5
Hyperurikämie im Serum (> 5,88 mg/dl) 3,5
Maximalscore 13

Interpretation

  • ≥ 8 Punkte: positiver Vorhersagewert von 0,87 (Vorliegen einer Gichtarthritis)
  • > 4 und < 8 Punkte: zusätzliche Maßnahmen erforderlich
  • ≤ 4 Punkte: negativer Vorhersagewert von 0,95 (Ausschluss einer Gichtarthritis)

Chronische Gicht

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf eine chronische Gicht und werden oft zuerst bemerkt:

  • Tophi (Gichtknoten): Ansammlungen von Harnsäurekristallen in den Gelenken und Weichteilen, häufig an der Ohrmuschel (als "Gichtperlen"), Augenlidern, Nasenflügeln, Schleimbeuteln und den Streckseiten der Ellenbogengelenke; tritt bei 25-50 % der Patienten auf

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild einer chronischen Gicht:

  • Harnsäurekristallablagerungen in Gelenken: Ablagerungen, die zu Schmerzen und Entzündungen führen
  • Gelenkdeformationen: Verformungen der Gelenke durch langfristige Ablagerungen von Harnsäurekristallen (in 10-30 % der Fälle)
  • Arthralgie (Gelenkschmerzen): Schmerzen in den Gelenken, besonders bei oder nach Belastung

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Pruritus (Juckreiz): Durch Ablagerung von Harnsäure in der Haut verursacht (in 10-20 % der Fälle)
  • Bursitis (Schleimbeutelentzündung): Entzündung der Schleimbeutel, die Schmerzen und Schwellungen verursacht (in 20-30 % der Fälle)
  • Tendovaginitiden (Sehnenscheidenentzündungen): Entzündung der Sehnenscheiden, die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursacht (in 10-20 % der Fälle)
  • Schwellung der Parotis (Ohrspeicheldrüse): Vergrößerung und Schwellung der Ohrspeicheldrüse (< 10 % der Fälle)
  • Kristalline Keratopathie: Erkrankung der Hornhaut des Auges durch Ablagerungen von Harnsäurekristallen (< 5 % der Fälle)

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) (in 20-30 % der Fälle)
  • Nephrolithiasis (Nierensteine) (in 10-20 % der Fälle)

Literatur

  1. Choi HK et al.: Nocturnal risk of gout attacks. doi: 10.1002/art.38917 First published: 28 January 2015
  2. Kienhorst LB et al.: The validation of a diagnostic rule for gout without joint fluid analysis: a prospective study. Rheumatology (Oxford). 2015 Apr;54(4):609-14. doi: 10.1093/rheumatology/keu378