Gicht (Hyperurikämie) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Hyperurikämie bzw. Gicht dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Fälle von Gicht?
  • Sind Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas familiär gehäuft?
  • Gibt es bekannte Erbkrankheiten, die die Nieren- oder Harnsäurefunktion beeinträchtigen könnten (z. B. polyzystische Nierenerkrankung, renale tubuläre Azidose, erbliche Fructoseintoleranz)?
  • Sind in Ihrer Familie häufig Erkrankungen der Gelenke, z. B. Arthritis, aufgetreten?

Soziale Anamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind Sie bei der Arbeit körperlicher Belastung oder schädigenden Substanzen (z. B. Schwermetalle wie Blei) ausgesetzt?
  • Gibt es psychosoziale Belastungen wie Stress, familiäre Konflikte oder Überforderung?

Aktuelle Anamnese / Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Welche Gelenke sind betroffen (z. B. Großzehengelenk, Knöchel, Knie, Finger)?
  • Sind die Schmerzen anfallsartig oder bestehen sie kontinuierlich?
  • Treten die Schmerzen bevorzugt nachts oder nach längerer Ruhephase auf?
  • Haben Sie Schmerzen nach körperlicher Belastung?
  • Wurde der Schmerz durch einen Unfall oder eine andere Verletzung ausgelöst?
  • Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
    • 0-2: kein/kaum Schmerz
    • 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt*
    • 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen*
    • 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz*
    • 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient "möchte schreien" oder schreit tatsächlich*
  • Haben Sie weitere Symptome:
    • Ist das betroffene Gelenk geschwollen, überwärmt und gerötet?
    • Ist die Beweglichkeit des betroffenen Gelenks eingeschränkt?
    • Haben Sie in anderen Körperregionen Gelenkschmerzen oder Schwellungen?
    • Haben Sie Schleimbeutelentzündungen festgestellt (z. B. am Ellenbogen)?
    • Haben Sie Knotenbildungen oder Verhärtungen bemerkt (Gichttophus)?
    • Haben Sie begleitend Fieber oder Schüttelfrost?
    • Haben Sie Muskel- oder Sehnenschmerzen?
    • Bestehen Gang- oder Haltungsprobleme?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Wie häufig treten die Beschwerden auf?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Nehmen Sie häufig purinreiche Lebensmittel zu sich (z. B. Fleisch, Innereien, Meeresfrüchte)?
  • Verzehren Sie häufig fructosereiche Produkte (z. B. gezuckerte Softdrinks, Obstkonserven)?
  • Bewegen Sie sich regelmäßig?
  • Treiben Sie Sport? Falls ja, welche Sportarten und wie häufig?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Hypertonie (Bluthochdruck), koronare Herzkrankheit (KHK; Erkrankung der Herzkranzgefäße)?
    • Nierenerkrankungen: Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), wiederkehrende Nierensteine?
    • Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus, Adipositas, Hyperlipidämien (Fettstoffwechselstörungen)?
    • Tumorerkrankungen
  • Wurden bei Ihnen bereits Gelenkoperationen oder intraartikuläre Injektionen durchgeführt?
  • Haben Sie Allergien gegen Medikamente, Nahrungsmittel oder andere Stoffe?

Medikamentenanamnese

  • Acetylsalicylsäure (ASS) (< 1.000 mg/die); je niedriger die Dosis war, desto höher war das Gichtrisiko [1]:
    • < 325 mg/die: 81 % (OR=1.81, 95 % CI 1.30-2.51)
    • ≤ 100 mg/die: 95 % (OR=1.91, 95 % CI 1.32-2.85)
  • Antiphlogistika, nicht-steroidale (Oxyphenbutazon, Phentylbutazon)
  • ATP-Citrat-Lyase (ACL)-Inhibitor (Bempedoinsäure)
  • Betablocker 
  • Diazoxid
  • Diuretika (entwässernde Medikamente)
    • Schleifendiuretika (Etacrynsäure, Furosemid, Piretanid, Torasemid)
    • Thiaziddiuretika (Chlortalidon, Hydrochlorothiazid (HCT), Xipamid)
  • Ethambutol (Antibiotikum/Tuberkulostatikum)
  • Immunsuppressiva (Ciclosporin (Cyclosporin A))
  • L-Dopa
  • Nicotinsäure
  • Parathormon-Analogon (Teriparatid)
  • Tuberkulostatika (Pyrazinamid)
  • Zytostatika

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Zhang Y et al.: Low-dose aspirin use and recurrent gout attacks. Ann Rheum Dis 2014;73:385-390. doi:10.1136/annrheumdis-2012-202589