Blutspende
Die Blutspende ist ein etabliertes medizinisches Verfahren zur Versorgung mit Blutprodukten und zur Unterstützung der öffentlichen Gesundheit. In Europa und Nordamerika spenden etwa 4 % der Bevölkerung regelmäßig Blut. Die Spende spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Blutverlusten nach Operationen, bei hämatologischen Erkrankungen (Bluterkrankungen) und in der Notfallmedizin. Ferner zeigen epidemiologische Studien Hinweise auf mögliche gesundheitliche Vorteile für die Spender selbst.
Arten der Blutspende
- Vollblutspende – Entnahme von etwa 450–500 ml Blut mit anschließender Trennung der Blutbestandteile (Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten, Plasma).
- Plasmaspende (Plasmapherese) – Gewinnung von Plasma (Blutflüssigkeit) unter Rückführung der Blutzellen.
- Thrombozytenspende (Thrombozytapherese) – Spezifische Gewinnung von Thrombozyten (Blutplättchen).
- Erythrozytenspende (Erythrozytapherese) – Spezifische Gewinnung von Erythrozyten (rote Blutkörperchen).
- Autologe Blutspende – Eigenblutspende vor geplanten Operationen zur Deckung des Eigenbedarfs.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Versorgung mit Blutprodukten – Behandlung von akuten Blutverlusten (z. B. Trauma, Operation).
- Anämien (Blutarmut) – Behandlung bei schweren Blutbildungsstörungen.
- Hämochromatose (Eisenüberladungssyndrom) – Regelmäßige Blutspenden senken den Ferritinwert und beugen Eisenüberladung vor.
- Polycythaemia vera (krankhafte Vermehrung der roten Blutkörperchen) – Reduktion der Erythrozytenmasse durch regelmäßige Blutentnahmen.
- Onkologische Erkrankungen (Krebserkrankungen) – Bedarf an Blutprodukten während Chemotherapie und Bestrahlung.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Akute Infektionen – HIV (Humanes Immundefizienz-Virus), Hepatitis B/C (Leberentzündung), bakterielle Infektionen.
- Anämie (Blutarmut) – Hämoglobinwert unter 12 g/dl (Frauen) bzw. 13 g/dl (Männer).
- Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Z. B. Herzinsuffizienz (Herzschwäche), instabile Angina pectoris (Brustenge).
- Immunsuppression (Unterdrückung der Immunabwehr) – Gefahr einer Verschlechterung der Immunlage.
- Krebserkrankungen (bösartige Tumorerkrankungen) – Aktive maligne Erkrankungen (bösartige Erkrankungen).
- Schwangerschaft und Stillzeit – Temporäre Kontraindikation aufgrund des erhöhten Bedarfs an Erythrozyten (rote Blutkörperchen).
- Niedriges Körpergewicht (< 50 kg) – Erhöhtes Risiko für Kreislaufreaktionen.
Ablauf der Blutspende
- Vorbereitung
- Anamnese (Krankengeschichte), Aufklärung und Unterschrift zur Einwilligung.
- Kontrolle von Blutdruck, Puls und Hämoglobinwert (roter Blutfarbstoff).
- Durchführung
- Entnahme von etwa 450-500 ml Blut (ca. 10 % des gesamten Hämoglobinvolumens).
- Dauer: etwa 10-15 Minuten.
- Reaktion des Körpers auf die Blutspende
- Nach der Entnahme reagiert der Körper mit einer erhöhten Produktion von Erythropoietin (EPO), um die Erythropoese (Bildung roter Blutkörperchen) im Knochenmark zu stimulieren.
- Durch den erythropoetischen Stress kommt es zu einer Proliferation (Vermehrung) hämatopoetischer Stammzellen (blutbildende Stammzellen) und einer Anpassung der klonalen Zusammensetzung des hämatopoetischen Systems (blutbildendes System).
- Die langfristigen Auswirkungen dieser klonalen Hämatopoese (Veränderung der Blutbildung) auf die Gesundheit sind jedoch bisher unzureichend erforscht.
- Nachsorge
- Ruhephase von 10-15 Minuten.
- Empfehlung zur ausreichenden Flüssigkeitszufuhr.
- Kontrolle auf Kreislaufreaktionen (z. B. Schwindel, Synkope [kurzzeitiger Bewusstseinsverlust]).
- Labordiagnostik
- Bestimmung von Blutgruppe und Rhesusfaktor.
- Screening auf Infektionen (HIV, Hepatitis B/C, Syphilis).
Nutzen und Vorteile
- Regulierung des Eisenstoffwechsels – Durch die Blutspende wird überschüssiges Eisen entfernt, was das Risiko einer Eisenüberladung (Hämochromatose) senkt.
- Kardiovaskulärer Nutzen (Herz-Kreislauf-Nutzen) – Senkung der Blutviskosität (Fließeigenschaften des Blutes), Verbesserung der Mikrozirkulation (Durchblutung der kleinen Gefäße), mögliche Reduktion des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Stimulation der Hämatopoese (Blutbildung) – Förderung der Neubildung roter Blutkörperchen durch erhöhte Erythropoietin-Ausschüttung.
- Screening-Effekt – Blutspendezentren testen auf Infektionen (HIV, Hepatitis B/C, Syphilis), wodurch unentdeckte Erkrankungen frühzeitig erkannt werden können.
- Psychologischer Nutzen – Soziale Verantwortung und altruistisches Verhalten verbessern das subjektive Wohlbefinden.
Risiken und Nebenwirkungen
- Kreislaufreaktionen – Hypotonie (niedriger Blutdruck), Schwindel, Synkopen (Bewusstlosigkeit).
- Hämatome (Blutergüsse) – Verletzung der Punktionsstelle durch fehlerhafte Kanülierung (Setzen der Nadel).
- Eisenmangel – Risiko bei häufiger Blutspende ohne Eisensubstitution (Eisenergänzung).
- Infektionen – Minimal durch strenge Hygiene und Testverfahren.
- Immunologische Reaktionen – Mögliche Antikörperbildung (Abwehrstoffe) gegen Blutbestandteile nach mehrfachen Blutspenden.
Empfehlungen und Frequenz der Blutspende
- Vollblutspende:
- Frauen: maximal 4-mal pro Jahr (Mindestabstand: 12 Wochen).
- Männer: maximal 6-mal pro Jahr (Mindestabstand: 8 Wochen).
- Plasmaspende:
- Maximal 60-mal pro Jahr (mindestens 2 Tage Abstand).
- Thrombozytenspende:
- Maximal 26-mal pro Jahr (mindestens 4 Wochen Abstand).
Alternative Verfahren
- Ernährungsumstellung – Begrenzung der Eisenaufnahme zur Kontrolle des Eisenstatus.
- Aderlass – Bei Hämochromatose (Eisenüberladung) oder Polycythaemia vera (krankhafte Vermehrung der roten Blutkörperchen) zur Kontrolle der Erythrozytenzahl.
- Erythrozytapherese – Gezielte Entfernung von roten Blutkörperchen.
Forschung und offene Fragen
- Die Auswirkungen der regelmäßigen Blutspende auf die klonale Hämatopoese (Veränderung der Blutbildung) und die langfristige Gesundheit sind bisher nicht ausreichend erforscht.
- Erste Studien zeigen, dass die Proliferation hämatopoetischer Stammzellen (Vermehrung der blutbildenden Zellen) durch den erythropoetischen Stress möglicherweise die klonale Zusammensetzung des hämatopoetischen Systems (Blutbildungssystem) beeinflusst.
- Die klinischen Konsequenzen dieser Veränderungen sind jedoch noch unklar.
Fazit
Die Blutspende ist eine etablierte medizinische Maßnahme zur Sicherstellung der Versorgung mit Blutprodukten und zeigt darüber hinaus potenzielle gesundheitliche Vorteile für den Spender. Die langfristigen Auswirkungen auf die klonale Hämatopoese und die kardiovaskuläre Gesundheit erfordern weitere Forschung.