Fiebertherapie
Als Fiebertherapie wird ein Verfahren bezeichnet, durch das der Körper des Patienten aktiv Fieber erzeugt. Dies geschieht, indem pyrogene Substanzen (Substanzen, die Fieber verursachen) iatrogen (durch einen Arzt durchgeführt) in den Körper eingebracht werden. Das Verfahren wird auch als aktive Hyperthermie bezeichnet und steht im Gegensatz zur passiven Hyperthermie, die einen Anstieg der Körpertemperatur durch äußeren Einsatz von Gerätschaften bewirkt. Die übergeordneten Ziele der Fiebertherapie bestehen in der Stimulation des Immunsystems und in einer vegetativen Umstimmung des Organismus. Diese Therapie wird heute vor allem in der komplementären Krebstherapie eingesetzt.
Zielsetzung und Wirkungsweise der Fiebertherapie
Zielsetzung
- Förderung der Immunantwort: Die Fiebertherapie hat das Ziel, die Immunantwort des Körpers zu stimulieren, um die Abwehrkräfte gegen Krankheiten zu stärken.
- Vegetative Umstimmung: Ein weiteres Ziel besteht darin, eine vegetative Umstimmung des Organismus herbeizuführen, um eine ganzheitliche Regulation der körpereigenen Prozesse zu erreichen.
Wirkungsweise
- Direkte Tumornekrose: Durch die erhöhte Körpertemperatur wird eine direkte Nekrose (Absterben) von Tumorgewebe induziert, was zur Zerstörung des Tumors beitragen kann.
- Schmerzreduktion: Die Fiebertherapie kann zur Reduktion von Schmerzen beitragen, insbesondere bei Patienten mit Tumorerkrankungen.
- Verbesserte Durchblutung: Durch die erhöhte Temperatur wird die Durchblutung verbessert, was zu einer besseren Versorgung des gesunden Gewebes und einer Verarmung des Tumorgewebes an Nährstoffen und Sauerstoff führt.
- Durchbrechung von Therapieresistenzen: Die Fiebertherapie kann dazu beitragen, Therapieresistenzen zu durchbrechen, was bedeutet, dass Tumorzellen empfindlicher für andere Therapien wie Chemotherapie werden.
- Steigerung der Lebensqualität: Durch die Verbesserung der Immunantwort und die Reduktion von Tumorsymptomen kann die Lebensqualität der Patienten erhöht werden.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Allergische Erkrankungen wie chronische Urtikaria (Nesselsucht)
- Chronische Entzündungen im Genitalbereich
- Chronische Verläufe gynäkologischer Erkrankungen
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) – z. B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
- Chronische Bronchitis – Entzündung der Atemwege, die über mehr als drei Monate anhält, mit Symptomen wie Husten und Auswurf
- Chronische bzw. rezidivierende (wiederkehrende) Abszesse – Eitergeschwüre in einem geschlossenen Geweberaum
- Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises – z. B. chronische Polyarthritis (chronische Entzündung von Gelenken), Kollagenosen (Gruppe von Bindegewebserkrankungen, die durch Autoimmunprozesse bedingt sind): systemischer Lupus erythematodes (SLE), Polymyositis (PM) bzw. Dermatomyositis (DM), Sjögren-Syndrom (Sj), Sklerodermie (SSc) und Sharp-Syndrom ("mixed connective tissue disease", MCTD)
- Onkologische Erkrankungen (Tumorerkrankungen) jeder Art
- Pyodermien – Infektion der oberflächlichen oder tiefen Hautschichten und der Hautanhangsgebilde (Haare, Nägel, Schweißdrüsen) mit Eiterausschlägen
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Akute Leukämie (Blutkrebs)
- Akute Entzündungen
- Starke Einschränkung des Herzkreislaufsystems
- Schwangerschaft
Vor der Therapie
- Ärztliche Untersuchung und Anamnese: Umfassende Beurteilung des Gesundheitszustands und der Krankengeschichte des Patienten.
- Aufklärung über die Therapie: Information über Ziele, Ablauf, mögliche Risiken und Nutzen der Fiebertherapie.
- Beurteilung der Eignung: Feststellung, ob der Patient für eine Fiebertherapie geeignet ist, unter Berücksichtigung von Vorerkrankungen und allgemeinem Gesundheitszustand.
- Vorbereitende Maßnahmen: Anpassung von Ernährung und Lebensstil, gegebenenfalls Vorbereitung des Körpers auf die erhöhte Temperatur.
- Informierte Zustimmung: Einholung der Zustimmung des Patienten nach gründlicher Aufklärung über das Verfahren.
Das Verfahren
Eine Fieberreaktion ist ein ganzheitlicher Prozess, der aktiv vom Organismus selbst hervorgebracht wird. Es dient in erster Linie der Verbesserung der Immunantwort, da die gesamte Stoffwechselaktivität und die Aktivität vieler Immunzellen (Granulozyten, Makrophagen, Lymphozyten) in einem erhöhten Temperaturbereich steigt. Leichtes Fieber liegt ab einer Temperatur von über 37 °C vor, richtiges Fieber ab 38-41 °C. Sowohl unter normalen Umständen als auch bei der Fiebertherapie sind sogenannte Pyrogene (fiebererzeugende Substanzen) Auslöser des Temperaturanstiegs. Solche Substanzen sind z. B. Bestandteile von Bakterien und Viren, aber auch pflanzliche Bestandteile oder nicht biologische Stoffe. Als Reaktion auf Fremdkörper startet der Organismus eine Entzündungsreaktion, das Fieber. In der Tumortherapie wurden folgende Wirkungen beobachtet:
- Direkte Tumornekrose (Absterben des Tumors) durch Hitzeeinwirkung
- Schmerzreduktion
- Nährstoff- und Sauerstoffverarmung des Tumorgewebes, bedingt durch die verbesserte Durchblutung des gesunden Gewebes
- Durchbrechung der Chemo- und Strahlenresistenz – der Tumor wird besser durch die Therapie bekämpft
- Steigerung der Wirkung einiger Chemotherapeutika (Medikamente der Chemotherapie) ohne Anstieg der Nebenwirkungen
- Erhöhung der Lebensqualität
Wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fiebertherapie sind eine gute, ausreichende Vitalität und ein stabiles Kreislaufsystem.
Die erste Fiebertherapie sollte unter stationären Bedingungen stattfinden, um Begleiterscheinungen bzw. Nebenwirkungen wie Abgeschlagenheit, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerz sowie einen Blutdruckabfall nach Entfieberung zu beaufsichtigen. Der Patient sollte zuvor genug getrunken haben und nüchtern sein. Die Behandlung erfolgt in einem ruhigen, abgedunkelten Raum. Ziel der Behandlung ist es, während einer Dauer von 2 Stunden, einen Temperaturanstieg von 2 °C im Vergleich zur Ausgangstemperatur zu erreichen. Dies kann mit folgenden Pyrogenen erreicht werden:
- Zytokine – Botenstoffe des Immunsystems, z. B. Interferon
- Nosoden – spezielle homöopathisch aufbereitete Mittel, z. B. Pyrogenium
- Fermentierte Mistelpräparate – z. B. Iscador®, das intravenös verabreicht wird
- Homöophatisch aufbereitete Mittel – z. B. Belladonna
- Bakterienlysate – "entschärfte" Bakterienbestandteile, die nicht krank machen, sondern das Immunsystem aktivieren
Nach der Therapie
- Überwachung des Patienten: Kontrolle von Vitalzeichen und Reaktionen nach der Behandlung.
- Erholungsphase: Sicherstellung einer angemessenen Erholungszeit mit Ruhe und Flüssigkeitszufuhr.
- Nachfolgende Bewertung: Beurteilung der Reaktion des Körpers auf die Therapie und Anpassung des weiteren Behandlungsplans.
- Empfehlungen für zu Hause: Anweisungen zur Pflege und Beobachtung möglicher Nebenwirkungen oder Komplikationen.
- Planung weiterer Behandlungen: Festlegung von Terminen für Folgebehandlungen, falls erforderlich.
Mögliche Komplikationen
- Übermäßige Belastung des Herz-Kreislauf-Systems: Besonders bei Patienten mit vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Dehydration: Durch erhöhte Körpertemperatur und Schwitzen.
- Elektrolytungleichgewicht: Kann durch starkes Schwitzen verursacht werden.
- Körperliche Schwäche und Erschöpfung: Durch die Belastung des Körpers während der Fieberphase.
- Mögliche Verschlimmerung bestehender Symptome: Bei einigen Erkrankungen kann eine intensive Fiebertherapie vorübergehend Symptome verstärken.
Ihr Nutzen
Die Fiebertherapie ist ein immunstimulierendes Verfahren, das gerade bei chronischen Krankheiten wirksam sein kann. Die körpereigenen Selbstheilungskräfte werden angeregt um den Genesungsprozess zu verstärken. Die Methode wird vor allem im Rahmen der komplementären Krebstherapie als Ergänzung zur Schulmedizin eingesetzt.
Literatur
- Pfeifer B, Preiß J, Unger C: Onkologie integrativ: Konventionelle und komplementäre Therapie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006