Lokale Hyperthermie (lokoregionale Hyperthermie)

Die lokoregionale Hyperthermie-Therapie ist eine, im Vergleich zur Ganzkörper-Hyperthermie, schonendere Überwärmungstherapie der Tumoren von Krebspatienten, bei der Krebszellen durch Hitzeeinwirkung zerstört werden können.

In der modernen Onkologie (Wissenschaft, die sich mit Krebs befasst) wird die Hyperthermie im Regelfall nicht alleine eingesetzt, sondern in Kombination mit einer Strahlen- und/oder Chemotherapie.

Wirkmechanismen der Hyperthermie (HT)

Die Wirkung der Hyperthermietherapie basiert im Wesentlichen auf eine direkte hyperthermische Zytotoxizität (" Eigenschaft, als Zellgift zu wirken". Des Weiteren wird das Verfahren im Sinne eines Radiosensitizer, was nach seiner Verabreichung selektiv die Empfindlichkeit von malignen (bösartigen) Zellen gegenüber ionisierenden Strahlung erhöht: Der Effekt der Hyperthermie besteht darin [2, 3], dass diese die Tumorzellen sensitiver hinsichtlich der eigentlichen Krebsbehandlung macht (Chemosensitizer-Effekt) – das gilt sowohl für die Strahlentherapie (Radiatio) als auch für die Chemotherapie.

Weitere Wirkmechanismen sind: 

  • Steigerung der Tumorperfusion: Diese geht einher mit einer verbesserten Tumoroxygenierung und damit einer Radiosensibilisierung und verbesserten Anreicherung von Chemotherapeutika.
  • Hemmung von DNA-Doppelstrangbruchreparaturmechanismen
  • Immunmodulation (Veränderung des körpereigenen Abwehrsystems) ist eine weitere Wirkung der Hyperthermie: Hitzeschockproteine (z. B. HSP 70) aktivieren natürliche Killerzellen (NK-Zellen), Phagozyten (Fresszellen) wie Granulozyten (weiße Blutkörperchen) und auch dendritischen Zellen (präsentieren Antigene, hauptsächlich den T-Lymphozyten).

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs)
  • Harnblasenkarzinom (Blasenkrebs)
  • Hirntumoren [2, 3]
  • Knochentumoren, Knochenmetastasen [4]
    • Sarkom – Weichteilsarkom [4]
  • Kopf-Halstumoren und deren oftmals sehr große Lymphknotenmetastasen
  • Maligne Keimzelltumoren
  • Malignes Melanom ("schwarzer Hautkrebs")
  • Mammakarzinom (Brustkrebs)
    • lokal begrenztes und fortgeschrittenes Mammakarzinom
    • mit Lokalrezidiv (erneutes Auftreten eines Tumors an einer bereits vorher behandelten Stelle) [7]
  • Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) [8]
  • Prostatakarzinom (Prostatakrebs)
  • Rektumkarzinom (Mastdarmkarzinom) und ein Rektumkarzinom-Rezidiv (Wiederauftreten eines Rektumkarzinoms)
  • Weichteilsarkome

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Akute Infektionen oder Entzündungen: Risiko der Verschlimmerung durch Wärmebehandlung.
  • Bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Z.B. schwere Herzinsuffizienz (Herzschwäche), instabile Angina pectoris (neue oder sich verschlechternde Schmerzen in der Brust oder Schmerzen in der Brust, die in Ruhe auftreten).
  • Schwere Lungenerkrankungen: Erhöhtes Risiko bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)oder anderen schweren Atemwegserkrankungen.
  • Blutgerinnungsstörungen: Erhöhtes Blutungsrisiko bei bestimmten Blutgerinnungsstörungen.
  • Schwere Allgemeinzustände: Bei sehr geschwächten Patienten oder bei hohem Alter mit multiplen Begleiterkrankungen.
  • Implantate: Bestimmte Metallimplantate oder elektronische Geräte im Körper können ein Risiko darstellen.

Vor der Therapie

  • Medizinische Evaluation: Umfassende Bewertung des Gesundheitszustands und Ausschluss von Kontraindikationen.
  • Aufklärung: Detaillierte Information über die Therapie, mögliche Risiken und Nebenwirkungen.
  • Planung: Abstimmung der Hyperthermie mit anderen Behandlungen wie Chemotherapie oder Strahlentherapie.
  • Vorbereitungen: Anpassung der Ernährung, Hydrierung (Wasserzufuhr) und ggf. Medikamentenanpassung.

Das Verfahren

Voraussetzung für die Entwicklung der lokoregionalen Hyperthermie-Therapie war wie bei der Ganzkörperbehandlung die Tatsache, dass bei Krebspatienten mit Fieber ein Rückgang der Krebszellen – also eine Wärmeempfindlichkeit der Zellen – festgestellt werden konnte, aber auf einer auf etwa 15-30 cm Körperoberfläche begrenzte Überwärmungsfläche wesentlich weniger anstrengend für den Patienten durchführbar ist.

Die Wärmeempfindlichkeit von Krebszellen ist die Basis der Hyperthermie-Therapie:

  • Durch Wasser hindurch geleitetes Halogenlicht erwärmt in mehreren Behandlungsschritten den unter einer leichten Narkose stehenden Körper – im Regelfall mit Ausnahme des Kopfes – über einen längeren Zeitraum auf ungefähr 42 °C. Die Wirkung der Hyperthermie hängt im Wesentlichen von der erreichten Temperatur ab: Ab 42,5 °C wirkt die Überwärmung zytotoxisch, das heißt zellabtötend. 

Um den Kreislauf durch die hohe, fieberähnliche Wärmezufuhr nicht zu überlasten, bekommt der Patient im Regelfall zusätzlichen Sauerstoff und wird mittels Elektrokardiogramm (EKG) überwacht. Die Hyperthermie-Therapie ist eine komplementäre Therapie, die neben einer Operation oder Chemotherapie – oder als einzige Therapiemaßnahme – durchgeführt wird.

Die Hyperthermie wird bei lokal fortgeschrittenen, das heißt über das jeweilige Organ hinaus wachsenden Tumoren eingesetzt, die nicht operabel sind und die durch eine Strahlentherapie oder Chemotherapie nicht ausreichend heilend behandelt werden können. Viele Tumoren können verkleinert werden, teilweise verlängert sich auch die Überlebenszeit der Patienten.

Die meisten Zentren kombinieren die Hyperthermie mit einer Strahlen- oder Chemotherapie.

Nach der Therapie

  • Überwachung: Kontrolle der Vitalfunktionen und des Allgemeinbefindens.
  • Nachsorgeanweisungen: Hinweise zur Flüssigkeitsaufnahme, Ruhe und Pflege der behandelten Bereiche.
  • Folgetermine: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen zur Überwachung des Behandlungserfolgs und der Gesundheit.

Mögliche Komplikationen

  • Lokale Hautreaktionen: Rötungen, Schwellungen oder in seltenen Fällen Verbrennungen.
  • Kreislaufreaktionen: Wie niedriger Blutdruck oder Schwindel.
  • Stress für den Körper: Vor allem in Kombination mit anderen Krebstherapien.
  • Überhitzung und Dehydratation: Insbesondere bei älteren oder geschwächten Patienten.
  • Interaktionen mit anderen Therapien: Mögliche Beeinflussung der Wirkung von Chemotherapeutika oder Strahlentherapie.

Die lokoregionale Hyperthermie sollte nur unter fachkundiger medizinischer Aufsicht und in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden. Die enge Abstimmung mit anderen onkologischen Therapien ist für die Sicherheit und Effektivität der Behandlung essentiell.

Weitere Hinweise

  • Bei Patienten mit Weichteilsarkomen verbessert die Tiefenhyperthermie in Kombination mit einer prä- und postoperativen Chemotherapie im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie das Langzeitüberleben [1].
  • Bei Patientinnen mit einem fortgeschrittenem Ovarialkarzinom, die nicht primär operiert werden konnten, profitierten nach einer neoadjuvanten Chemotherapie (zur Reduktion der Tumormasse vor einem chirurgischen Eingriff; Cisplatin in einer Dosis von 100 mg/mKörperoberfläche) von einer Hyperthermiebehandlung (Erhitzung mit intrapertionealer Perfusion) [8]:
    • Frauen mit Hyperthermie waren noch 14,2 Monate ohne Rezidiv (Wiederauftreten des Tumors) versus Gruppe der ausschließlich operierten Frauen im Median 10,7 Monate ohne Rezidiv waren.
    • Nach einem medianen Follow-up von 4,7 Jahren waren in der Gruppe der Frauen mit hyperthermischer Therapie 61 (50 %) verstorben versus Gruppe derer, die ausschließlich operiert worden waren, hier waren 76 (62 %) gestorben.
  • Bei Patienten mit Mammakarzinom (Brustkrebs) und Lokalrezidiv (erneutes Auftreten eines Tumors an einer bereits vorher behandelten Stelle) verbesserte die Thermo-Radiotherapie (Kombination aus Hyperthermie und Strahlentherapie) das Behandlungsergebnis: mit der Thermo-Radiotherapie erreichten über 65 % eine Komplettresponse (komplettes Ansprechen auf die Therapie) versus ca. 40 % bei alleiniger Radiotherapie [7].

Ihr Nutzen

Wenn bei Ihnen die klassische Krebstherapie fehlgeschlagen ist oder Sie eine komplementäre Behandlungsmethode suchen, bietet Ihnen die lokale Hyperthermietherapie eine weitere gute Therapiemöglichkeit.

Literatur

  1. Hager ED: Hyperthermie – Symposium 7./8. September 2007, Universitätskliniken Wien, Österreich: Hyperthermieverfahren im Überblick. Forsch Komplementärmed 2007;14:365-370. doi: 10.1159/000109942
  2. Hager ED et al.: Response and survival of patients with gliomas grade III/IV treated with RF capacitive-coupled hyperthermia. ICHO Congress, St. Louis USA 2004
  3. Szasz A, Sahinbas H, Dani A: Electro-hyperthermia for anaplastic astrocytoma and glioblastoma multiforme. ICACT, Paris, 9-12 February, 2004
  4. Issels RD et al.: Effect of Neoadjuvant Chemotherapy Plus Regional Hyperthermia on Long-term Outcomes Among Patients With Localized High-Risk Soft Tissue Sarcoma The EORTC 62961-ESHO 95 Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol. Published online February 15, 2018. doi:10.1001/jamaoncol.2017.4996
  5. Stutz E, Puric E, Timm O et al.: Hyperthermie in der Krebsbehandlung. Pipette 2017; 6: 13-14
  6. Stutz E, Datte N, Puric E et al.: Stellenwert der regionären Hyperthermie in der Krebstherapie. Swiss Medical Forum 2017; 17(48) 1074-76
  7. Datta NR, Puric E, Klingbiel D et al.: Hyperthermia and Radiation Therapy in Locoregional Recurrent Breast Cancers: A Systematic Review and Meta-analysis. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2016 Apr 1;94(5):1073-87. doi: 10.1016/j.ijrobp.2015.12.361. Epub 2015 Dec 21.
  8. van Driel WJ et al.: Hyperthermic Intraperitoneal Chemotherapy in Ovarian Cancer. NEJM 2018; 378: 230-240. doi: http://dx.doi.org/10.1056/NEJMoa1708618