Insemination (Samenzellübertragung)

Als Insemination (Synonyme: Samenübertragung; Samenzellübertragung) bezeichnet man eine prä- oder periovulatorische Übertragung ("vor oder um den Eisprung herum") des männlichen Samens in den Genitaltrakt der Frau. Die Insemination ist die gängigste Methode zur künstlichen Befruchtung. Sie ist wenig invasiv und gilt als natürliche Form der Kinderwunschbehandlung.

Voraussetzung für die Anwendung der Methode: funktionsfähige, das heißt unauffällige, Eileiter (Tuben) beidseits.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Gestörte Interaktion zwischen Spermien und Zervikalmukus – Störung des Spermientransportes, beispielsweise vorhandene Antikörper gegen Samenzellen, verminderter Zervikalmukus (Schleimbildung im Gebärmutterhals) (Dysmukorrhoe)
  • Männer mit leicht bis mäßig eingeschränkten Samenzellqualitäten: leichte bis mittlere Formen einer Oligozoospermie (geringe Spermienzahl), Asthenozoospermie (verminderte Beweglichkeit der Samenzellen), Teratozoospermie (Großteil der Spermien zeigt eine abnormale Form) oder Oligoasthenoteratozoospermiena (Kombination aus den drei zuvor genannten Störungen)
  • Idiopathische Sterilität – mindestens zwölf Monate bestehender unerfüllter Kinderwunsch, dessen Ursache trotzt eingehender Diagnostik unklar bleibt
  • Immunologische Sterilität
  • Parvisemie – das Ejakulatvolumen umfasst weniger als 2 ml
  • Probleme der Potenz
  • Ejakulationsstörungen
    Ein Beispiel dafür ist die retrograde Ejakulation, eine Störung, bei der das Sperma rückwärts in die Blase statt nach außen ausgestoßen wird. Diese Störung ist unter anderem anzutreffen bei Männern mit Diabetes mellitus, bei Patienten nach Verletzungen oder Operation im Bereich des sogenannten Blasenhalses sowie bei Patienten, die an einer Paraplegie leiden. Des Weiteren kann diese Störung aber auch durch bestimmte Medikamente bedingt sein.
    In Fällen einer retrograden Ejakulation können die Samenzellen aus dem Urin für eine Insemination isoliert werden.
  • Unmöglichkeit der Kohabitation oder des Koitus
  • Infektiosität des Partners
  • Azoospermie des Partners – vollständiges Fehlen von Samenzellen in der Samenflüssigkeit → heterologe Insemination (s. u.)
  • Abwesenheit des Partners → homologe Insemination mit früher konservierten Spermien
  • Fehlender männlicher Partner
  • Verwendung von Kryosperma, das heißt von tiefgefrorenem Sperma. Dieser Sachverhalt liegt vor bei Männern, deren Sperma vor einer Sterilisation, einer Hodenoperation oder einer Krebsbehandlung (Röntgentherapie/Chemotherapie) tiefgefroren wurde.

Vor der Insemination

  • Vor einer Inseminationbehandlung sollte die ovarielle Reserve bestimmt werden: Anti-Müller-Hormon (AMH), Antralfollikelzahl (AFC) und basale Bestimmung von FSH und 17-Beta-Östradiol. Des Weiteren Bestimmung von TSH (falls auffällig, freies T4 und TPO-AK ergänzen) sowie Prolaktin oder Testosteron (nur bei klinischer Symptomatik: Zyklusstörung, Androgenisierung/Veränderung eines weiblichen Individuums zu typischerweise männlich orientierten Charakteristika, Galaktorrhoe/krankhafter Brustmilchausfluss). Untersuchung des Uterus (Gebärmutter) per Vaginalsonographie; ggf. Hydrosonographie (Ultraschalluntersuchung, bei der zur Verbesserung der Darstellung Kochsalzlösung in die Gebärmutter eingebracht wird) und weitergehende Untersuchung auf Tubendurchlässigkeit (Durchlässigkeit der Eileiter).
  • Bei einem 28-Tage-Zyklus der Frau empfiehlt es sich, die Zykluskontrolle am 12. Zyklustag zu beginnen. Diese erfolgt mittels Hormonanalyse (Östradiol, luteinisierendes Hormon (LH) und Progesteron aus dem Serum) und Vaginalsonographie (Follikulometrie/Follikelmessung und Endometriumbeurteilung/Beurteilung der Gebärmutterschleimhaut, ideal ist eine Endometriumdicke ≥ 7 mm). Der präovulatorische Follikel weist einen Durchmesser von ca. 17-22 mm auf. Das entsprechende Serum-Östradiol beträgt dann 150-300 pmmol/l und das LH < 18mU/l  die IUI kann dann am 14. Zyklustag stattfinden.
    Zum besseren Timing der Ovulation (Eisprung): In einem ovulatorischen Zyklus kann der Eisprung mittels humanem Choriongonadotropin (HCG) ausgelöst werden. Die IUI sollte dann innerhalb 24-36 h nach der HCG-Gabe erfolgen.
  • Soweit die intrauterine Insemination (IUI) nicht in einem natürlichen Zyklus (unstimuliert) durchgeführt wird, erfolgt eine ovarielle Stimulationstherapie (z. B. Clomifencitrat (selektiver Östrogenrezeptormodulator): 50-100 mg einmal täglich für fünf Tage oder Letrozol (Aromatasehemmern): 2,5-7,5 mg einmal täglich für 5 Tage (Off-Label-Use)). Des Weiteren stehen Gonadotropine (FSH; FSH + LH) zur Verfügung. Ziel dieser Therapie ist eine mono- oder oligofollikuläre Reaktion (d. h. Heranreifen eines oder maximal 3 Follikeln ≥ 15 mm; Superovulation). 
  • Stimulationsschemata werden hier nicht weiter vorgestellt.

Das Verfahren

Bei einer Insemination wird zum Zeitpunkt der Ovulation (Eisprung) – im Regelfall nach einer Follikelreifungstherapie (Hormontherapie) – das vorher speziell aufbereitete Sperma mithilfe eines dünnen Katheters direkt in die Gebärmutterhöhle (Cavum uteri) – intrauterine Insemination (IUI) – oder in den Eileiter (Tube) – intratubare Insemination (ITI) – eingebracht.

Weniger gebräuchlich ist die intravaginale Insemination, d. h. das Übertragen von Spermien in das hintere Scheidengewölbe. Dieses Verfahren kann die Kinderwunschpatientin selbst durchführen.

Zur Insemination wird entweder das Sperma des Partners – homologe Insemination (auch AIH: artificial insemination by husband oder autologe Insemination homolog) – oder, wenn der Partner nachweislich sicher unfruchtbar ist, das eines Spenders – heterologe Insemination (auch AID: artificial insemination by donor oder autologe Insemination donogen) – verwendet. Im Falle der Verwendung von Spendersperma (Donorsperma) wird auch von einer Fremdbefruchtung gesprochen.

Die vorausgehende Spermapräparation dient insbesondere dazu, die im Seminalplasma (Samenplasma; Flüssigkeit aus Sekretin der sogenannten akzessorischen Geschlechtsdrüsen) enthaltenen Prostaglandine zu entfernen. Diese könnten bei Kontakt mit dem Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) Kontraktionen verursachen. Des Weiteren dient die Spermapräparation dazu, die Kapazitation der Spermatozoen einzuleiten. Als Kapazitation wird der physiologische Reifungsprozess der Samenzellen im weiblichen Genitaltrakt bezeichnet, ohne die eine Befruchtung der Eizelle nicht möglich ist.

Zur Spermapräparation werden heutzutage gebrauchsfertige Medien zum Waschen von Spermien und zur Spermientrennung mittels Swim-up-Methode eingesetzt. Dabei wird das Ejakulat mit dem Spermapräparat und Medium überschichtet, sodass die frei beweglichen Spermatozoen über Zellbruchstücken und avitalen Spermien aufschwimmen können. Die Swim-up-Methode erfordert ca. 30 bis 60 Minuten Inkubation ("Ausbrütung").

Die Insemination erfolgt mittels eines Inseminationskatheters. In der Regel werden ca. 0,5 ml Ejakulat inseminiert. Nach der Insemination bleibt die Patientin noch einige Minuten liegen und kann dann die Praxis bzw. Klinik verlassen.

Nach der Insemination

  • Die Patientin wird darauf hingewiesen, dass sie am Tag der Insemination kein Vollbad nehmen sollte.
  • Da die Eizelle nach der Ovulation 6 bis 12 Stunden befruchtungsfähig ist, ist es sinnvoll, soweit sich das Paar dadurch nicht überfordert fühlt, am Tag der Insemination Geschlechtsverkehr zu haben.

Weitere Hinweise

  • Die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit pro Insemination wird in der Literatur mit 10-20,5 % angegeben [2].
  • Die Ergebnisse einer niederländischen Studie zur modifizierten Ovulationinduktion (M-OVIN) bei Frauen mit normogonadotroper Anovulation/fehlender Eisprung bei normalen Gonadotropin-Werten (d. h. bei hypothalamisch-hypophysärer Dysfunktion) und Clomifen-Versagen zeigten, dass eine Ausweitung der medikamentösen Ovulationsinduktion auf 12 Zyklen Clomifen statt der vom NIC empfohlenen maximal 6 Zyklen Clomifen sinnvoll ist. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die intrauterine Insemination (IUI) im Vergleich mit "Verkehr zum richtigen Zeitpunkt" (VZO) nicht signifikant die Rate der Lebendgeburten erhöhen konnte [2].
    Fazit:
     Bei Frauen mit normogonadotroper Anovulation sollte erst nach 12 Zyklen unter Clomifen eine assistierte Reproduktion erfolgen. Dabei ist eine intrauterine Insemination nicht erforderlich, da "Verkehr zum richtigen Zeitpunkt" gleichermaßen wirkungsvoll ist.

Fertilität und Risikofaktoren – Ihre Chance auf natürliche Schwangerschaft

Vor dem Beginn therapeutischer Maßnahmen sollten Sie in jedem Fall Ihre individuellen Risikofaktoren reduzieren, um die besten Voraussetzungen für Ihren Kinderwunsch zu schaffen. Lassen Sie deshalb vor einer fortpflanzungsmedizinischen Maßnahme (z. B. IUI, IVF etc.) u. a. einen umfassenden Gesundheitscheck inkl. Umweltanalyse und eine Ernährungsanalyse durchführen, um Ihre persönliche Fertilität (Fruchtbarkeit) gezielt zu optimieren.

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Literatur

  1. Weiss NJ et al.: Gonadotrophins versus clomifene citrate with or without intrauterine insemination in women with normogonadotropic anovulation and clomifene failure (M-OVIN): a randomised, two-by-two factorial trial. Lancet. 2018 Feb 24; 391 (10122): 758-765. doi: 10.1016/S0140-6736(17)33308-1.
  2. Osaikhuwuomwan J et al.: The effect of female age on the outcome of intrauterine insemination treatment in a public hospital-assisted reproduction technology unit. Niger J Clin Pract 2018;21(8):988-992