Bewegungstherapien: Eine Übersicht

Die Bewegungstherapien, auch bekannt als Krankengymnastik, sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Physiotherapie und spielen eine zentrale Rolle in der Rehabilitation und Behandlung verschiedener Erkrankungen. Sie haben zum Ziel, die physiologischen Funktionen des Körpers durch speziell angepasste Übungen und Bewegungsprogramme zu erhalten oder wiederherzustellen, wobei der Fokus sowohl auf der Wiederherstellung der Beweglichkeit als auch auf der Schmerzreduktion liegt.

Die Bewegungstherapien haben ihre Wurzeln in der Antike, wo Ärzte wie Hippokrates die Bedeutung körperlicher Übungen für die Gesundheit erkannten. Im 19. Jahrhundert erlebte sie eine Renaissance durch Persönlichkeiten wie Per Henrik Ling in Schweden, der die moderne Gymnastik begründete und das Konzept der "Schwedischen Gymnastik" etablierte. Diese Entwicklung legte den Grundstein für die heutigen Bewegungstherapien, die eine zentrale Rolle in der Rehabilitation und Prävention spielen.

Zielsetzung

Die Hauptziele der Bewegungstherapien sind:

  • Schmerzlinderung: Das primäre Ziel der Bewegungstherapie ist die Reduktion von Schmerzen, die durch eine Vielzahl von Ursachen, einschließlich muskuloskelettaler Störungen, entzündlicher Prozesse oder postoperativer Zustände entstehen können.
  • Verbesserung von Stoffwechsel und Durchblutung: Gezielte Bewegungstherapie stimuliert den Stoffwechsel und fördert die Durchblutung, was zur Heilung und Regeneration von Geweben beiträgt und entzündliche Prozesse verringern kann.
  • Steigerung der Beweglichkeit: Durch spezifische Übungen und Bewegungsformen wird die Flexibilität und Beweglichkeit von Gelenken und Muskeln verbessert, was entscheidend für die Wiederherstellung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit ist.
  • Förderung der Koordination: Die Bewegungstherapie zielt darauf ab, das Zusammenspiel zwischen Muskeln und Nervensystem zu verbessern, was für alltägliche Aktivitäten und spezielle Bewegungsabläufe wichtig ist.
  • Stärkung von Kraft und Ausdauer: Eine wichtige Komponente der Bewegungstherapie ist das Training von Kraft und Ausdauer. Dies ist essentiell für die Prävention von erneuten Verletzungen und für die langfristige Unabhängigkeit und Mobilität der Patienten.

Die Bewegungstherapien verwenden individuell angepasste Übungen und Bewegungsprogramme, die auf die speziellen Bedürfnisse und Ziele jedes Patienten zugeschnitten sind. Sie ist nicht nur auf die körperliche Rehabilitation fokussiert, sondern trägt auch wesentlich zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit und Lebensqualität bei.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Bewegungseinschränkungen
  • Funktionelle Störungen von Organsystemen 
  • Durchblutungsstörungen
  • Herabgesetzter Belastbarkeit der Wirbelsäule und Gelenke
  • Koordinationsstörungen
  • Lähmungen
  • Schmerzen
  • Rehabilitation
  • Stoffwechselstörungen

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Akute Entzündungen: Aktive, entzündliche Prozesse, insbesondere in den zu behandelnden Bereichen.
  • Akute Infektionskrankheiten: Vor allem systemische Infektionen oder Fieber.
  • Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Insbesondere bei instabiler Angina pectoris oder kurz nach einem Herzinfarkt.
  • Frakturen oder akute Verletzungen: Unbehandelte Knochenbrüche oder schwere Weichteilverletzungen.
  • Schwere neurologische Erkrankungen: Bei bestimmten Erkrankungen, die mit Bewusstseinsverlust oder schweren Koordinationsstörungen einhergehen.
  • Unmittelbar nach Operationen: Insbesondere, wenn durch Bewegung eine Verschlechterung des Zustandes zu erwarten ist.

Vor der Therapie

  • Medizinische Anamnese: Erfassung der medizinischen Vorgeschichte und aktueller Beschwerden.
  • Bewertung des Zustandes: Einschätzung von Beweglichkeit, Kraft und Koordination.
  • Zielsetzung: Festlegung individueller Therapieziele zusammen mit dem Patienten.
  • Aufklärung: Information über den Ablauf und die Inhalte der Therapie.

Das Verfahren

Die Bewegungstherapie, eine facettenreiche Behandlungsform, zielt darauf ab, die physiologischen Funktionen des Körpers wiederherzustellen oder zu erhalten. Sie umfasst sowohl passive als auch aktive Komponenten und ist auf langfristige Verhaltensänderungen und Verbesserungen ausgerichtet.

Schrittweise Verhaltensänderung

  • Die Therapie beginnt oft mit kleinen, machbaren Schritten, um dem Körper die Anpassung an neue Bewegungsmuster zu erleichtern.
  • Ein typisches Beispiel ist die Rehabilitation nach einer Knieoperation, bei der Patienten schrittweise das Gehen neu erlernen.

Aktive versus passive Bewegungstherapie

  • Passive Therapie: Hierbei führt der Therapeut Behandlungen durch, die keine aktive Beteiligung des Patienten erfordern. Dazu gehören schmerzlindernde Lagerungen, sanfte Bewegungen und Dehnungen von Muskeln, Bändern und Sehnen, um Verspannungen zu lösen und die Mobilität zu verbessern.
  • Aktive Therapie: Diese Form beinhaltet Übungen, die der Patient selbst ausführt, oft unter Anleitung des Therapeuten. Sie zielt darauf ab, die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung des Patienten zu fördern und Übungen für den Alltag zu vermitteln.

Spezifische Anwendungen

  • Rückenschule als aktive Bewegungstherapie: Ein Beispiel für eine spezielle Form der aktiven Bewegungstherapie. Hierbei werden alltägliche Fehlhaltungen identifiziert und durch gezielte Übungen korrigiert. Die regelmäßige Wiederholung der Übungen integriert sie in den täglichen Bewegungsablauf des Patienten.

Nach der Therapie

  • Nachsorgeanweisungen: Empfehlungen für Übungen zu Hause und Verhaltensweisen zur Unterstützung des Therapieerfolgs.
  • Beobachtung von Reaktionen: Überwachung auf Anzeichen von Überlastung oder Schmerzen.
  • Anpassung der Therapie: Bei Bedarf Anpassung der Übungen und Therapieinhalte.
  • Folgetermine: Planung weiterer Sitzungen zur Fortführung der Therapie.

Mögliche Komplikationen

  • Überlastungsschäden: Insbesondere bei zu intensivem oder falsch ausgeführtem Training.
  • Verschlimmerung bestehender Beschwerden: Bei unsachgemäßer Anwendung oder zu frühem Beginn der Therapie.
  • Muskelkater und Schmerzen: Als normale Reaktion auf ungewohnte Bewegungen.
  • Verletzungen: Selten, können aber bei unachtsamer Ausführung der Übungen auftreten.

Die Bewegungstherapien bieten eine ganzheitliche Herangehensweise an die Rehabilitation und Behandlung verschiedener Erkrankungen. Sie kombinieren passive und aktive Elemente, um eine umfassende Förderung der körperlichen Funktionen zu erreichen. Diese Therapieform betont die Wichtigkeit von individuell angepassten Übungen und die aktive Beteiligung des Patienten an seinem Genesungsprozess.