PCSK9-Inhibitoren

PCSK9-Inhibitoren sind monoklonale Antikörper, die gezielt das Enzym Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) hemmen. Dieses Enzym ist für den Abbau von Low-Density-Lipoprotein-(LDL)-Rezeptoren in der Leber verantwortlich. Durch die Hemmung von PCSK9 bleiben mehr LDL-Rezeptoren auf der Zelloberfläche erhalten, was zu einer verstärkten Aufnahme von LDL-Cholesterin aus dem Blut führt und die LDL-Konzentration erheblich senkt.

Die Entwicklung von PCSK9-Inhibitoren stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Therapie der Hypercholesterinämie und der Prävention kardiovaskulärer Ereignisse dar. Die klinische Evidenz zeigt eine LDL-Reduktion um bis zu 60 % und eine Senkung des kardiovaskulären Risikos um bis zu 27 %.

Zielsetzung und Wirkung

  • Wirkmechanismus
    • PCSK9-Inhibitoren blockieren die Funktion von PCSK9, das normalerweise LDL-Rezeptoren in der Leber abbaut.
    • Durch die Hemmung von PCSK9 bleiben mehr LDL-Rezeptoren auf der Zelloberfläche der Hepatozyten erhalten.
    • Dies führt zu einer verstärkten Aufnahme von LDL-Cholesterin aus dem Blut und einer Senkung der LDL-Konzentration um bis zu 60 %.
  • Therapeutische Zielsetzung
    • Verbesserung der Lipidwerte bei Patienten mit Hypercholesterinämie
    • Reduktion des kardiovaskulären Risikos (Myokardinfarkt (Herzinfarkt), Apoplex (Schlaganfall))
    • Vermeidung von kardiovaskulären Folgekomplikationen
  • Erwartete Effekte
    • Reduktion des LDL-Cholesterins um bis zu 60 %
    • Verbesserung der Endothelfunktion
    • Reduktion der Plaquebildung in den Gefäßen (Atherosklerose)
    • Senkung des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkt, Apoplex) um bis zu 27 %

Indikationen (Anwendungsgebiete)

PCSK9-Inhibitoren werden eingesetzt bei:

  • Primäre Hypercholesterinämie
    • Familiäre Hypercholesterinämie (heterozygot und homozygot)
    • Nicht-familiäre Hypercholesterinämie
  • Gemischte Dyslipidämie
  • Statinunverträglichkeit – Patienten, die Statine nicht vertragen oder bei denen Statine kontraindiziert sind
  • Unzureichende LDL-Senkung unter Statin-Therapie – Kombinationstherapie mit PCSK9-Inhibitoren und Statinen
  • Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse
    • Nach Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
    • Nach ischämischem Schlaganfall
    • Bei Patienten mit dokumentierter atherosklerotischer Herz-Kreislauf-Erkrankung

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

PCSK9-Inhibitoren sind kontraindiziert bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder Hilfsstoffe
  • Schwere Leberfunktionsstörung (z. B. Child-Pugh-Klasse C)
  • Schwere akute Infektionen
  • Schwangerschaft und Stillzeit (fehlende Sicherheitsdaten)

Das Verfahren (Anwendung und Durchführung)

  • Verabreichungsform
    • Subkutane Injektion (Bauch, Oberschenkel oder Oberarm)
  • Dosierung
    • Alirocumab – 75 mg oder 150 mg alle 2 Wochen
    • Evolocumab – 140 mg alle 2 Wochen oder 420 mg monatlich
    • Inclisiran – 284 mg alle 6 Monate
  • Therapiedauer
    • Dauerhafte Therapie erforderlich, um die LDL-Senkung aufrechtzuerhalten
  • Kombinationstherapie
    • Statine (z. B. Atorvastatin, Rosuvastatin)
    • Ezetimib
    • Fibrate (z. B. Fenofibrat)

Pharmakokinetik und Pharmakodynamik

  • Resorption – Schnelle Resorption nach subkutaner Injektion
  • Verteilung – Hohe Bioverfügbarkeit im Blutkreislauf
  • Metabolismus – Abbau durch proteolytische Spaltung
  • Elimination – Ausscheidung über das retikuloendotheliale System

Mögliche Nebenwirkungen

  • Häufige Nebenwirkungen
    • Reaktionen an der Injektionsstelle (z. B. Rötung, Schwellung, Schmerz)
    • Kopfschmerzen
    • Myalgien (Muskelschmerzen)
  • Seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen
    • Allergische Reaktionen (z. B. Angioödem)
    • Neurokognitive Störungen (z. B. Verwirrtheit, Gedächtnisprobleme)
    • Erhöhte Leberwerte
  • Langzeitnebenwirkungen
    • Potenzielles Risiko für die Entwicklung von Antikörpern gegen den Wirkstoff
    • Langfristige Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Mortalität bislang nicht abschließend geklärt

Wechselwirkungen

  • Pharmakokinetische Wechselwirkungen
    • Keine relevanten pharmakokinetischen Wechselwirkungen bekannt
  • Pharmakodynamische Wechselwirkungen
    • Verstärkter LDL-senkender Effekt in Kombination mit Statinen oder Ezetimib
  • Klinisch relevante Wechselwirkungen
    • Keine klinisch relevanten Wechselwirkungen bekannt

Anwendungsbeschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen

  • Dosisanpassung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion nicht erforderlich
  • Leberfunktionsstörung – Vorsicht bei Patienten mit moderater Leberfunktionsstörung
  • Ältere Patienten – Keine Dosisanpassung erforderlich

Therapieüberwachung und Monitoring

  • Laborkontrollen
    • LDL-Spiegelbestimmung alle 4–12 Wochen nach Therapiebeginn
    • Kontrolle der Leberwerte und CK-Werte regelmäßig
  • Therapiekontrolle
    • Anpassung der Dosierung bei unzureichender Wirkung
    • Absetzen bei schwerwiegenden Nebenwirkungen
  • Compliance
    • Aufklärung der Patienten über die korrekte Anwendung

Alternative Therapieoptionen

  • Statine – HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren (z. B. Atorvastatin, Rosuvastatin)
  • Ezetimib – Hemmung der Cholesterinaufnahme im Darm
  • Fibrate – Senkung der Triglyceridspiegel
  • Lomitapid – Hemmung der Mikrosomalen Triglycerid-Transfer-Proteine

Besonderheiten und spezifische Empfehlungen

  • PCSK9-Inhibitoren werden insbesondere bei Patienten mit genetischer Hypercholesterinämie oder Statinunverträglichkeit empfohlen.
  • Inclisiran als RNA-Interferenz-Therapie bietet den Vorteil einer halbjährlichen Verabreichung.
  • Die Langzeitsicherheit von PCSK9-Inhibitoren wird durch laufende Studien weiter evaluiert.

Zusammenfassung

PCSK9-Inhibitoren sind eine hochwirksame Therapieoption zur Senkung von LDL-Cholesterin bei Patienten mit Hypercholesterinämie und kardiovaskulärem Risiko. Die Hemmung von PCSK9 führt zu einer deutlichen Reduktion der LDL-Werte und einer Verbesserung der kardiovaskulären Prognose. Die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit von PCSK9-Inhibitoren wird durch aktuelle Studien weiter bestätigt.

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