Hybrid-Closed-Loop-Insulintherapie bei Diabetes Typ 1

Die Hybrid-Closed-Loop-Insulintherapie (HCL) stellt eine innovative Methode zur Behandlung von Typ-1-Diabetes dar. Dieses System kombiniert eine Insulinpumpe, einen Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung (Continuous Glucose Monitoring, CGM) und einen Algorithmus zur automatisierten Steuerung der Insulinzufuhr. Im Gegensatz zu vollautomatischen Closed-Loop-Systemen erfordert die Hybrid-Version jedoch weiterhin eine manuelle Eingabe der Kohlenhydrataufnahme durch den Anwender.

Vorteile der Hybrid-Closed-Loop-Therapie

  1. Verbesserte glykämische Kontrolle (Stabilisierung des Blutzuckerspiegels):
    • Reduktion des HbA1c-Wertes (Langzeit-Blutzuckerwert) um durchschnittlich 0,16 % im Vergleich zur Open-Loop-Therapie.
    • Höherer Prozentsatz der Zeit im Zielbereich von 3,9-10,0 mmol/L (64 % vs. 52 %).
    • Geringere glykämische Variabilität (Schwankung im Blutzuckerspiegel; Variationskoeffizient 35,4 % vs. 38,3 %).
  2. Reduziertes Risiko für hypoglykämisches Koma (Bewusstlosigkeit durch Unterzuckerung):
    • Signifikant geringere Rate an hypoglykämischen Koma-Fällen (Koma mit Unterzuckerungen) (0,62 vs. 0,91 pro 100 Patientenjahre, IRR 0,68).
    • Dieser Vorteil war besonders ausgeprägt bei Personen mit einem HbA1c < 6,5 %.
  3. Fortschrittliche Algorithmen:
    • Prädiktive Funktionen auf Basis früherer Daten optimieren die Insulinabgabe und minimieren das Risiko schwerer Hypoglykämien (Unterzuckerungen).

Nachteile und Risiken

  1. Erhöhtes Risiko für diabetische Ketoazidose (DKA; Stoffwechselentgleisung durch Insulinmangel):
    • Höhere Rate an Ketoazidose-Ereignissen (1,74 vs. 0,96 pro 100 Patientenjahre, IRR 1,81).
    • Besonders betroffen sind Patienten mit einem HbA1c ≥ 8,5 % (5,25 vs. 1,53 pro 100 Patientenjahre, IRR 3,43).
  2. System- und Benutzerabhängigkeit:
    • Fehlerhafte Insulinabgabe aufgrund technischer Störungen oder Bedienfehler.
    • Unzureichende Schulung des Anwenders kann die Risiken erhöhen.

Empfehlungen zur Optimierung der Hybrid-Closed-Loop-Therapie

  • Schulungsprogramme:
    • Intensive Schulung zur richtigen Bedienung des Systems und Umgang mit potenziellen Störungen.
    • Spezifische Aufklärung über die Bedeutung der Ketonüberwachung.
  • Regelmäßige Überwachung:
    • Häufige Kontrolle des HbA1c-Wertes und der Zeit im Glukosezielbereich.
    • Frühe Intervention bei steigenden HbA1c-Werten oder wiederholter Ketonurie (Nachweis von Ketone im Urin).
  • Weiterentwicklung der Technologie:
    • Verbesserung der Algorithmen zur Fehlerreduktion und effizienteren Insulinabgabe.
    • Integration zusätzlicher Sicherheitsmechanismen, z. B. kontinuierliche Ketonüberwachung.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Hybrid-Closed-Loop-Therapie bietet deutliche Vorteile bei der glykämischen Kontrolle und der Reduktion des Risikos für hypoglykämisches Koma, birgt jedoch ein erhöhtes Risiko für diabetische Ketoazidosen, insbesondere bei Patienten mit hohen HbA1c-Werten. Eine umfassende Schulung und kontinuierliche Überwachung sind entscheidend, um die Sicherheit und Effektivität dieser Therapieform zu gewährleisten. Zukünftige Entwicklungen sollten auf die Reduktion des Ketoazidose-Risikos abzielen, um das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen.

Literatur

  1. Karges B et al.: Hybrid closed-loop insulin therapy and risk of severe hypoglycaemia and diabetic ketoacidosis in young people (aged 2–20 years) with type 1 diabetes: a population-based study. Lancet Diabetes & Endocrinology 2024 doi: 10.1016/S2213-8587(24)00284-5