Dopamin-Agonisten bei Morbus Parkinson

Dopamin-Agonisten sind eine zentrale medikamentöse Therapieoption bei Morbus Parkinson. Sie imitieren die Wirkung von Dopamin, indem sie direkt an den postsynaptischen Dopaminrezeptoren im Striatum binden und dadurch die dopaminerge Signalübertragung im Gehirn verbessern. Dopamin-Agonisten werden sowohl als Monotherapie im Frühstadium als auch in Kombination mit Levodopa im fortgeschrittenen Krankheitsstadium eingesetzt. Die Einführung von Dopamin-Agonisten hat die Therapie des Morbus Parkinson wesentlich verbessert, da sie die motorischen Symptome gezielt lindern und die Entwicklung motorischer Komplikationen verzögern können.

Zielsetzung und Wirkung

  • Wirkmechanismus
    • Direkte Stimulation der postsynaptischen Dopamin-D2- und D3-Rezeptoren im Striatum.
    • Verbesserung der dopaminergen Neurotransmission, ohne dass die Umwandlung von Levodopa notwendig ist.
  • Therapeutische Zielsetzung
    • Linderung der motorischen Symptome (Tremor, Rigor, Bradykinese).
    • Verzögerung der Notwendigkeit einer Levodopa-Therapie.
    • Vermeidung von motorischen Komplikationen (z. B. Dyskinesien).
  • Erwartete Effekte
    • Verbesserung der Mobilität und der Lebensqualität.
    • Verlängerung der Phase ohne motorische Fluktuationen.
    • Reduktion von "Off-Phasen".

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Frühstadium von Morbus Parkinson
    • Einsatz als Monotherapie zur Verzögerung der Levodopa-Therapie.
    • Verbesserung von Tremor und Bradykinese.
  • Fortgeschrittenes Stadium von Morbus Parkinson
    • Kombinationstherapie mit Levodopa zur Reduktion von "Off-Phasen".
    • Reduzierung von Dyskinesien.
  • Restless-Legs-Syndrom (RLS)
    • Einsatz von niedrig dosierten Dopamin-Agonisten (z. B. Pramipexol).
    • Verbesserung der Schlafqualität durch Linderung der Symptome.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Absolute Kontraindikationen
    • Psychotische Erkrankungen.
    • Unkontrollierte Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
    • Schwere Leberinsuffizienz.
  • Relative Kontraindikationen
    • Orthostatische Hypotonie.
    • Schlafstörungen mit Tagesschläfrigkeit.
    • Eingeschränkte Nierenfunktion (Dosisanpassung erforderlich).

Das Verfahren (Anwendung und Durchführung)

  • Verabreichungsform
    • Oral (Tabletten, Retardtabletten).
    • Transdermal (Pflaster, z. B. Rotigotin).
    • Subkutane Infusion (z. B. Apomorphin).
  • Dosierung
    • Pramipexol – Initial 0,125 mg dreimal täglich, Steigerung auf bis zu 4,5 mg täglich.
    • Ropinirol – Initial 0,25 mg dreimal täglich, Steigerung auf bis zu 24 mg täglich.
    • Rotigotin – Pflaster mit 2 mg bis maximal 16 mg täglich.
    • Apomorphin – Subkutane Infusion mit 1-6 mg/h.
  • Therapiedauer
    • Langzeittherapie mit individueller Dosisanpassung.
    • Lebenslange Behandlung bei guter Verträglichkeit.
  • Kombinationstherapien
    • Kombination mit Levodopa zur Reduktion von motorischen Fluktuationen.
    • Kombination mit COMT-Hemmern (z. B. Entacapon) oder MAO-B-Hemmern (z. B. Rasagilin).

Pharmakokinetik und Pharmakodynamik

  • Resorption
    • Schnelle Resorption bei oraler Gabe.
    • Transdermale und subkutane Formen führen zu konstanterem Wirkspiegel.
  • Verteilung
    • Hohe Proteinbindung (v. a. bei Pramipexol und Ropinirol).
    • Gute ZNS-Gängigkeit aufgrund lipophiler Struktur.
  • Metabolismus
    • Lebermetabolisierung (v. a. durch CYP1A2 und CYP3A4).
    • Pramipexol wird unverändert renal eliminiert.
  • Elimination
    • Renale Ausscheidung (Pramipexol, Ropinirol).
    • Hepatische Metabolisierung und biliäre Elimination (Apomorphin, Rotigotin).

Mögliche Nebenwirkungen

  • Häufige Nebenwirkungen
    • Übelkeit, Erbrechen.
    • Schläfrigkeit, Schwindel.
    • Orthostatische Hypotonie.
    • Ödeme (v. a. an den Beinen).
  • Seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen
    • Impulskontrollstörungen (z. B. pathologisches Spielen).
    • Psychotische Symptome (Halluzinationen, Paranoia).
    • Plötzliche Schlafattacken.
  • Langzeitnebenwirkungen
    • Entwicklung von Dyskinesien bei Kombination mit Levodopa.
    • Fibrosen (v. a. bei Ergot-Derivaten).

Wechselwirkungen

  • Pharmakokinetische Wechselwirkungen
    • CYP1A2-Hemmer (z. B. Ciprofloxacin) erhöhen die Plasmaspiegel von Ropinirol.
    • ZNS-dämpfende Substanzen (z. B. Benzodiazepine) verstärken die sedierende Wirkung.
  • Pharmakodynamische Wechselwirkungen
    • Kombination mit Neuroleptika führt zu Wirkungsverlust.
    • Verstärkung der hypotensiven Wirkung von Antihypertensiva.

Anwendungsbeschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen

  • Dosisanpassung
    • Erforderlich bei Nieren- oder Leberinsuffizienz.
  • Vermeidung von abruptem Absetzen
    • Risiko eines Dopamin-Agonisten-Entzugssyndroms.
  • Schwangerschaft und Stillzeit
    • Kontraindikation für Ergot-Derivate, Rotigotin und Apomorphin.

Therapieüberwachung und Monitoring

  • Laborkontrollen
    • Nieren- und Leberwerte, Blutbild.
  • Therapiekontrolle
    • Verlaufskontrolle der motorischen Symptome und Dyskinesien.
  • Compliance
    • Sicherstellung der regelmäßigen Einnahme und Hautkontrollen bei transdermaler Gabe.

Alternative Therapieoptionen

  • Levodopa/Carbidopa – Goldstandard in der symptomatischen Therapie.
  • MAO-B-Hemmer – Ergänzende Option zur Verzögerung von Fluktuationen.
  • Tiefe Hirnstimulation (THS) – Bei ausgeprägten motorischen Fluktuationen und Dyskinesien.

Besonderheiten und spezifische Empfehlungen

  • Impulskontrollstörungen
    • Frühzeitiges Erkennen und gegebenenfalls Dosisreduktion.
  • Orthostatische Hypotonie
    • Anpassung der antihypertensiven Therapie.
  • Apomorphin-Test
    • Zur Identifikation von „Off“-Phasen.

Zusammenfassung

Dopamin-Agonisten sind eine zentrale Therapieoption bei Morbus Parkinson und ermöglichen eine effektive Symptomkontrolle in verschiedenen Krankheitsstadien. Durch die gezielte Stimulation von Dopaminrezeptoren im Striatum lassen sich motorische Symptome verbessern und die Lebensqualität steigern.

Literatur 

  1. Brooks DJ: aaa Dopamine agonists: their role in the treatment of Parkinson's disease J Neurol Neurosurg Psychiatry . 2000 Jun;68(6):685-9. doi: 10.1136/jnnp.68.6.685.
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Leitlinien

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  2. S2k-Leitlinie: Parkinson-Krankheit. (AWMF-Registernummer: 030 - 010), Oktober 2023 Langfassung