Checkpoint-Inhibitoren – etablierte Therapie bei zahlreichen Tumorerkrankungen
Checkpoint-Inhibitoren (CPI) sind eine Klasse von Immuntherapeutika, die gezielt immunologische Kontrollpunkte (Checkpoints) blockieren, um die körpereigene Immunantwort gegen Tumorzellen zu verstärken. Durch die Hemmung von negativen regulatorischen Signalwegen wird die zytotoxische Aktivität von T-Zellen gegen Tumorzellen reaktiviert. Die wichtigsten Vertreter dieser Wirkstoffklasse sind:
- PD-1-Inhibitoren – Pembrolizumab, Nivolumab
- PD-L1-Inhibitoren – Atezolizumab, Durvalumab
- CTLA-4-Inhibitoren – Ipilimumab
Die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren hat in mehreren Tumorentitäten eine signifikante Verbesserung der Gesamtüberlebensrate (OS) und des progressionsfreien Überlebens (PFS) gezeigt.
Zielsetzung und Wirkung
- Wirkmechanismus:
- PD-1 (Programmed Death-1): Bindung von PD-1 an PD-L1 auf Tumorzellen hemmt die T-Zell-Aktivität und fördert die Immunevasion.
- PD-L1 (Programmed Death-Ligand 1): Tumorzellen exprimieren PD-L1, um die Immunantwort zu unterdrücken.
- CTLA-4 (Cytotoxic T-Lymphocyte-Associated Protein 4): Hemmt die T-Zell-Aktivierung in frühen Phasen der Immunantwort.
- Therapeutische Zielsetzung:
- Reaktivierung von T-Zellen zur Erkennung und Zerstörung von Tumorzellen
- Überwindung der tumorinduzierten Immunsuppression
- Erwartete Effekte:
- Verbesserung der Tumorkontrolle
- Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS) und des progressionsfreien Überlebens (PFS)
- Teil- oder Vollremission bei einigen Tumorentitäten
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Primäre Indikationen:
- Melanom (fortgeschritten oder metastasiert)
- Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC)
- Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinom
- Harnblasenkarzinom
- Nierenzellkarzinom
- Hodgkin-Lymphom
- Magenkarzinom
- Triple-negatives Mammakarzinom (TNBC)
- Sekundäre Indikationen:
- Endometriumkarzinom
- Leberzellkarzinom (HCC)
- Kolorektales Karzinom (MSI-high)
- Ösophaguskarzinom
- Off-Label-Use:
- Einsatz bei seltenen Tumorentitäten im Rahmen individueller Heilversuche
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Absolute Kontraindikationen:
- Aktive Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupus erythematodes)
- Schwere Infektionen
- Transplantatempfänger (Risiko einer Abstoßungsreaktion)
- Relative Kontraindikationen:
- Chronische Leber- oder Niereninsuffizienz
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Spezielle Patientengruppen:
- Kinder und Jugendliche: Einsatz nur bei speziellen Indikationen (z. B. Hodgkin-Lymphom)
- Ältere Patienten: Dosisanpassung in Abhängigkeit von Komorbiditäten
Das Verfahren (Anwendung und Durchführung)
- Verabreichungsform:
- Intravenös (i.v.)
- Dosierung:
- Pembrolizumab: 200 mg alle 3 Wochen oder 400 mg alle 6 Wochen
- Nivolumab: 240 mg alle 2 Wochen oder 480 mg alle 4 Wochen
- Ipilimumab: 3 mg/kg Körpergewicht alle 3 Wochen (in Kombinationstherapie)
- Therapiedauer:
- Bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten inakzeptabler Nebenwirkungen
- Kombinationstherapien:
- Kombination von PD-1- und CTLA-4-Inhibitoren (z. B. Nivolumab + Ipilimumab)
- Kombination mit Chemotherapie oder zielgerichteten Therapien (z. B. Tyrosinkinase-Inhibitoren)
Pharmakokinetik und Pharmakodynamik
- Resorption:
- Nach intravenöser Gabe vollständige Bioverfügbarkeit
- Verteilung:
- Weitgehende Verteilung im Gewebe
- Penetration in Tumorgewebe
- Metabolismus:
- Abbau durch proteolytische Spaltung (in der Leber und extrazellulär)
- Elimination:
- Elimination über das retikuloendotheliale System (RES)
- Halbwertszeit: 12-25 Tage (je nach Substanz)
Mögliche Nebenwirkungen
- Häufige Nebenwirkungen:
- Fatigue
- Exanthem
- Juckreiz
- Diarrhoe
- Übelkeit
- Seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen:
- Pneumonitis
- Kolitis
- Hepatitis
- Nephritis
- Endokrinopathien (Hypophysitis, Thyreoiditis)
- Langzeitnebenwirkungen:
- Chronische Autoimmunreaktionen – immunvermittelte Nebenwirkungen (engl. immune-related adverse events, irAE), die meistens bis zu 90 Tage nach der Behandlung auftreten, aber noch Jahre nach der initialen Therapie auftreten können. Diese Nebenwirkungen können alle Organe betreffen, u. a. auch den Darm [4].
- Persistierende Fatigue
Wechselwirkungen
- Pharmakokinetische Wechselwirkungen:
- Keine relevanten Wechselwirkungen mit CYP-Enzymen
- Pharmakodynamische Wechselwirkungen:
- Kombination mit Steroiden – Abschwächung der Immunantwort
- Kombination mit Immunsuppressiva – Verlust der Wirkung von Checkpoint-Inhibitoren
- Klinisch relevante Wechselwirkungen:
- Vermeidung einer gleichzeitigen Gabe von Steroiden in hohen Dosen
Anwendungsbeschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen
- Dosisanpassung:
- Bei schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz
- Bei Autoimmunreaktionen Abbruch der Therapie
- Monitoring:
- Regelmäßige Kontrolle von Leber- und Nierenwerten
Therapieüberwachung und Monitoring
- Laborkontrollen:
- Blutbild, Leber- und Nierenwerte, endokrine Parameter (TSH, Cortisol)
- Therapiekontrolle:
- Verlaufskontrolle mittels Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT)
- Compliance:
- Aufklärung über Nebenwirkungen und Notwendigkeit der regelmäßigen Gabe
Alternative Therapieoptionen
-
Pharmakologische Alternativen:
- Tyrosinkinase-Inhibitoren
- Zytostatika
-
Nicht-medikamentöse Alternativen:
- Chirurgische Entfernung des Tumors
- Strahlentherapie
Zusammenfassung
Checkpoint-Inhibitoren haben die Behandlung zahlreicher Tumorentitäten grundlegend verändert. Sie zeigen eine anhaltende Tumorkontrolle und ein verlängertes Gesamtüberleben bei akzeptablem Nebenwirkungsprofil.
Literatur
- Topalian SL, Hodi FS, Brahmer J et al.: Safety, activity, and immune correlates of anti–PD-1 antibody in cancer. N Engl J Med 2012;366(26):2443-2454. doi: 10.1056/NEJMoa1200690
- Ribas A, Wolchok JD: Cancer immunotherapy using checkpoint blockade. Science 2018;359(6382):1350-1355. doi: 10.1126/science.aar4060
- Larkin J, Chiarion-Sileni V, Gonzalez R et al.: Combined nivolumab and ipilimumab or monotherapy in untreated melanoma. N Engl J Med 2015;373(1):23-34. doi: 10.1056/NEJMoa1504030
- Durbin SM et al.: Late-Onset Immune-Related Adverse Events After Immune Checkpoint Inhibitor Therapy JAMA Netw Open. 2025; 8(3):e252668. 10.1001/jamanetworkopen.2025.2668