Definition und Bestimmung der körperlichen Leistungsfähigkeit

Definition

"Die körperliche Leistungsfähigkeit wird als die Summe der möglichen motorischen Aktionen verstanden, die unter konkreten Bedingungen (psychische Situation, Umwelt, soziale Faktoren etc.) willentlich vollbracht werden können."

Die Leistungsfähigkeit eines Sportlers ist direkt abhängig von Trainingszustand der Muskulatur, der aeroben und der anaeroben Fitness. Um bei Wettkämpfen oder Trainingseinheiten Höchstleistungen vollbringen zu können, muss neben der physischen auch die psychische Komponente zur Höchstleistung befähigen. Sportphysiologisch betrachtet steht jedoch die physische Leistungsfähigkeit im Vordergrund.

Um die körperliche Leistungsfähigkeit zu bestimmen, sind verschiedene Verfahren vorhanden. Entscheidend für die Bestimmung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist die sportartspezifische Leistungsfähigkeit. Abhängig von der ausgeübten Sportart stehen verschiedene Bewegungsabläufe im Vordergrund. Dennoch stellen bei nahezu allen Sportarten die motorischen Hauptbeanspruchungsformen Koordination, Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer und Flexibilität die qualitative Leistungskomponente dar. Die quantitative Komponente der körperlichen Leistungsfähigkeit setzt sich aus Intensität, Dauer und Anzahl der Wiederholungen zusammen. Zur Bestimmung der körperlichen Leistungsdiagnostik bedarf es daher der Durchführung von Messverfahren, mit denen sowohl die qualitative als auch die quantitative Leistungsfähigkeit eruiert werden kann. Die Überprüfung dieser Komponenten der Leistungsfähigkeit kann keinesfalls in einem einzelnen Verfahren überprüft werden, es bedarf vielmehr der kombinierten oder isolierten Überprüfung der vorher zur Bestimmung festgelegten Leistungsmerkmale. Hieraus lässt sich schließen, dass es keine körperliche Universalleistungsfähigkeit geben kann, sondern nur eine Überprüfung der vor dem Messverfahren festgelegten Leistungskomponenten. Dies führt demnach zu der Tatsache, dass es nicht realisierbar ist, die körperliche Leistungsfähigkeit in einem einheitlichen Maß darzustellen.

Um ein annähernd vergleichbares Maß für die körperliche Leistungsfähigkeit zu finden, werden häufig physikalische Leistungen gemessen. Als Beispiel kann hier die Bewegung einer Masse durch Muskelkraft entlang eines definierten Weges genannt werden. Problematisch ist hier jedoch, dass isometrische Muskelkontraktionen im physikalischen Sinne keine Leistung darstellen, da die Masse nicht bewegt wird. Die stützmotorischen Muskelleistungen können bei der rein physikalischen Betrachtungsweise demnach nicht in die Leistungsdiagnostik mit einbezogen werden.

Vergleicht man die körperliche Leistungsfähigkeit von Sportlern untereinander, so fällt auf, dass diese besonders im Maximalbereich sehr variabel ausgeprägt ist. Die körperliche Leistungsfähigkeit ist jedoch nicht nur durch ein körperliches Training zu optimieren, auch die genetischen Faktoren haben im Allgemeinen einen Einfluss von 60 bis 70 % auf die Leistungsfähigkeit.

Messung der körperlichen Leistungsfähigkeit

  • Wie bereits beschrieben gibt es kein Messverfahren, mit dem eine allgemeingültige Gesamtleistungsfähigkeit des Körpers bestimmt werden kann. Jedoch besteht die Möglichkeit, mit den bisher entwickelten Testverfahren die Hauptbeanspruchungsformen der Motorik zu evaluieren. Besonders valide Testverfahren liegen in der sportmedizinischen Diagnostik zur Messung der allgemeinen aeroben dynamischen Ausdauer vor.
  • Die Bestimmung der körperlichen Leistungsfähigkeit erfolgt zumeist nach dem Belastungs-Beanspruchungs-Konzept nach Ulmer, bei dem die Begriffe Belastung beziehungsweise Anforderung, die Leistung und die Beanspruchung exakt unterschieden werden müssen. Zu Beginn des Testverfahrens steht für den Sportler zunächst die Anforderung, die definierte Belastung durch eine adäquate Leistung zu bewältigen. Die Leistung ist folglich das Resultat der Realisierung einer Bewegungsaufgabe. Die Beanspruchung des Organismus ist direkt abhängig von der Leistungsfähigkeit des Sportlers. Die Leistungsfähigkeit lässt sich nun über bestimmte physiologische Parameter testen, wobei die Validität je nach Parameter variiert. Als Beispiel für einen relevanten Parameter der Leistungsdiagnostik dient die Herzfrequenz. Ein ausdauertrainierter Sportler wird im Vergleich zu einer untrainierten Person normalerweise bei einer allgemeinen aeroben dynamischen Belastung eine signifikant niedrigere Herzfrequenz aufweisen, da dies die geringere Beanspruchung des Sportlers bei der für ihn adäquaten Belastung widerspiegelt.
  • Zusätzlich zur individuellen körperlichen Leistungsfähigkeit wird das Maß der Beanspruchung noch durch einen weiteren Faktor bestimmt, dem Wirkungsgrad. Die Bedeutung des Wirkungsgrades wird beispielsweise beim Schwimmer deutlich, bei dem die muskuläre, anaerobe und aerobe Leistungsfähigkeit mit einem Kontrahenten exakt äquivalent sein kann. Dennoch erreicht der Sportler nicht die gleiche Durchschnittsgeschwindigkeit wie der andere Schwimmer, da seine Wasserlage und damit sein Wirkungsgrad nicht adäquat sind. Deswegen werden bei Leistungstests vornehmlich Verfahren eingesetzt, bei denen der Wirkungsgrad nur einen geringen Einfluss auf die Testergebnisse haben kann. Als nahezu wirkungsgradunabhängige Verfahren dienen das Fahrradergometer und das Laufbandergometer.

Indikationen und Kontraindikationen für Belastungsuntersuchungen

  • In der inneren Medizin und häufig auch in der Sportmedizin ist das primäre Ziel einer Belastungsuntersuchung die Unterteilung von gesunden und erkrankten Personen zu realisieren. Die Gesunden werden weiter nach ihrer Sportlichkeit gegliedert, sodass diverse Gruppen mit Hochleistungssportlern, Freizeitsportlern und Gelegenheitssportlern und Nichtsportlern entstehen.
  • Betrachtet man nun ausschließlich die Belastungsuntersuchung bei Sportlern, so erfolgt die Beurteilung im Quer- und Längsschnitt.
  • Querschnittsuntersuchungen dienen zur Einordnung in bereits vorhandene Gruppen anhand vordefinierter Richtwerte. Querschnittsuntersuchungen haben einen besonderen Stellenwert in der Talentsichtung. Mithilfe von Längsschnittuntersuchungen ist ermöglicht, eine Gruppe oder einen Sportler über einen längeren Zeitraum zu beobachten, um so auf den Daten basierend ein optimiertes Trainingskonzept zu entwerfen. Gleichzeitig können so auch die Leistungsfortschritte des angepassten Trainings überprüft werden. Neben dem Hochleistungssport sind Längsschnittuntersuchungen auch in der Rehabilitation von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung der Genesung.
  • Gegen die Durchführung einer Belastungsuntersuchung sprechen vornehmlich nur akute Erkrankungen, die beispielsweise mit Fieber einhergehen oder bei denen das Risiko erhöht ist, durch die sportliche Belastung der Krankheitsprozess zu verschlimmern. Auch Herzinsuffizienz, ein akuter Myokardinfarkt oder eine maligne Hypertonie sind in der Regel als Kontraindikationen gegeben.

Literatur

  1. Hollmann W: Sportmedizin: Grundlagen von körperlicher Aktivität, Training und Präventivmedizin. Schattauer Verlag 2009
  2. de Marées H: Sportphysiologie. Sport & Buch Strauß Verlag 2003
  3. Hollmann W: Leistungen der Sportmedizin für die Kardiologie. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 6 2001
  4. Boldt F: Leitlinien zur Belastungsuntersuchung in der Sportmedizin. Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin 2002
  5. Pokan R: Kompendium der Sportmedizin: Physiologie, innere Medizin und Pädiatrie. Springer Verlag 2004
  6. Dickhuth HH: Sportmedizin für Ärzte. Deutscher Ärzte Verlag 2007
  7. Rost R: Lehrbuch der Sportmedizin. Deutscher Ärzte Verlag 2001