Leistungsverhalten unter Hitze- und Kältebedingungen / oder unter extremen Temperaturen

Der Mensch ist als Säugetier auf die Konstanthaltung der Körpertemperatur bei ungefähr 36,8 °C angewiesen, sodass größere Temperaturschwankungen vom Organismus nicht mit dem Leben vereinbar sind. Zur Beibehaltung der Körpertemperatur auch unter besonderen physischen Belastungen oder unter außergewöhnlichen Umweltbedingungen verfügt der menschliche Organismus über spezielle Mechanismen der Thermoregulation.

Mechanismen der Thermoregulation bei körperlicher Beanspruchung

  • Zur Bestimmung und Überwachung der Körpertemperatur verfügt der menschliche Organismus über verschiedene Temperatursensoren. Ein Großteil dieser Sensoren befindet sich im Hypothalamus des Zwischenhirns. Die Messung der Körpertemperatur erfolgt im Hypothalamus durch die Bestimmung der Temperatur im Blut, das den Hypothalamus perfundiert. Die so erhaltene Temperatur spiegelt die Körperkerntemperatur wider.
  • Erst wenn die dort gemessene Temperatur vom Sollwert abweicht, erfolgt im Temperatur-Reglerzentrum die Aktivierung einer Kaskade zur Konstanthaltung der Körperkerntemperatur.
  • Weitere Temperaturfühler befinden sich in den tieferen Hautschichten und dienen zur Bestimmung der Temperatur der Körperoberfläche. Die im Hypothalamus vorhandenen Sensoren sind nicht in der Lage, die Erwärmung oder Abkühlung der Körperoberfläche zu bestimmen, was zur Folge hat, dass besonders äußere Temperatureinflüsse durch die Wärme- und Kälterezeptoren der Haut wahrgenommen werden.
  • Im Allgemeinen reagiert der Körper besonders im Gesichtsbereich auf Kältereize sensibler, da sich weitaus mehr Kälterezeptoren als Wärmerezeptoren in der Haut befinden. Die Weiterleitung der Temperaturimpulse erfolgt über sensorische Nerven. Durch die von zentralen Thermorezeptoren unabhängige Weiterleitung der von peripher stammenden Temperaturimpulse wird es möglich, dass ohne vorausgehende Änderung der Körperkerntemperatur Maßnahmen gegen die Änderung der Körperoberflächentemperatur eingeleitet werden können.
  • Obwohl die inneren und auch die äußeren Rezeptoren zur Registrierung sowohl von Wärme- als auch Kältereizen geeignet sind, erfolgt die Regulation gegen Abkühlung maßgeblich durch Temperaturfühler der Haut. Die Aktivierung der Regulation auf eine Überwärmung hingegen wird größtenteils durch Temperatursensoren im Hypothalamus erreicht.

Mechanismen der Wärmebildung

  • Energieumsatz in Ruhe – im Zustand körperlicher und geistiger Ruhe werden vom Organismus circa 7 Kilojoule Wärme produziert. Dieser Wert bezieht sich jedoch nur auf einen 1,70 m großen und 75 kg schweren, mäßig trainierten Mann. Die so erzeugte Wärme ist ein entscheidender Faktor in der Thermoregulation. Vergleicht man die Wärmeproduktion in Ruhe mit der bei körperlicher Arbeit, so fällt auf, dass diese bei sportlicher Belastung erheblich ansteigt. Die so entstehende Wärmebildung führt in der Regel zur problematischen Regulation der Körpertemperatur bei hohen Umgebungstemperaturen. Fällt die Außentemperatur jedoch signifikant ab, so weist die Wärmebildung des ruhenden Menschen ein Minimum auf. Erreicht wird der Zustand der massiv reduzierten Wärmebildung bei einer Hauttemperatur von 33 °C.
  • Steigerung der Stoffwechselaktivität bei Kälte – fällt die Außentemperatur und somit die Hauttemperatur unter 33 °C, so führt dies primär zu einer Steigerung des Muskeltonus. In Abhängigkeit vom Wärmebedarf führt diese Steigerung des Muskeltonus zu einer äußerlich kaum sichtbaren Wärmebildung.
  • Kältezittern – das sichtbare Zittern zur Erhöhung der Körpertemperatur wird als Kältezittern bezeichnet. Während des Kältezitterns erhöht sich der Sauerstoffbedarf des Körpers zur Wärmebildung um ein Vielfaches. Beim Kältezittern handelt es sich jedoch um einen unökonomischen Vorgang zur Erhöhung der Körpertemperatur, da durch den erhöhten Muskeltonus auch die Hautdurchblutung gesteigert wird, was in der Folge zur zusätzlichen Abgabe von Wärme über die Haut führt und somit eine weitere Reduktion der Körpertemperatur bewirken kann. Sportmedizinisch betrachtet stellt das Kältezittern einen Störfaktor der Willkürmotorik dar.

Mechanismen der Wärmeabgabe

  • Wärmeabgabe durch Konduktion – dieser Mechanismus der Wärmeabgabe beruht auf der Wärmeleitung von einem wärmeren Körperareal zum kälteren beziehungsweise von der Körperoberfläche zu einem Gegenstand in der Umgebung des Sportlers. Die Konduktion erfolgt durch die Übertragung kinetischer Energie.
  • Wärmekonvektion – im Gegensatz zur Wärmekonduktion erfolgt die Übertragung von Wärme durch strömende Gase oder Flüssigkeit. Als Beispiele für die Wärmkonvektion können die Wärmeabgabe über das Blut oder der Wärmetransport über die Atemgase angeführt werden. Im Vergleich zur Wärmeabgabe durch Konduktion können beim Wärmetransport durch Konvektion größere Mengen an Wärmeenergie aus dem Körper eliminiert werden.
  • Wärmestrahlung – über elektromagnetische Wellen erfolgt eine Übertragung der Wärmeenergie. Als Beispiel für den Wärmetransport durch Wärmestrahlung kann die Infrarot-Strahlung der Sonne genannt werden.
  • Verdunstung – durch die Verdampfung von Wasser an der Hautoberfläche und in den Schleimhäuten des Atemtraktes kann die Körpertemperatur zusätzlich gesenkt werden.
  • Wärmetransport vom Körperkern zur Körperoberfläche –  wie bereits beschrieben, kann Wärme durch Konvektion vom Körperkern zur Haut transportiert werden. Der Wärmetransport erfolgt in Abhängigkeit von der Differenz aus der Körperkerntemperatur und der Temperatur der Haut. Je größer die Differenz, desto mehr Wärme wird vom Körperkern zur Oberfläche geleitet. Der Wärmetransport verläuft jedoch nicht proportional zur Umgebungstemperatur, da die Abkühlung der Körperoberfläche primär durch eine rasche Vasokonstriktion der Hautgefäße teilkompensiert werden kann. Ist die Umgebungstemperatur jedoch signifikant erhöht, so führt dies zur Vasodilatation der Hautgefäße und somit zur vermehrten Wärmabgabe. Die so erzeugte reduzierte Temperaturdifferenz zwischen Körperkern und Körperoberfläche führt daher zu einer konstanten Wärmekonduktion.
  • Wärmetransport von der Hautoberfläche zur Umgebung – die Hautoberfläche ist ein entscheidender Faktor in der Wärmeabgabe des Organismus, was beispielsweise daran erkannt werden kann, dass Kleinkinder, die eine im Verhältnis zur Körpermasse relativ große Oberfläche aufweisen, rasch unter einem erkennbaren Wärmeverlust leiden. Neben der Reduktion der Schweißproduktion und der Hautdurchblutung bei Kälte können auch thermoregulatorische Verhaltensweisen die Hypothermie des Organismus verhindern oder reduzieren. Ein Beispiel für eine thermoregulatorische Verhaltensweise ist das Einnehmen der sogenannten Kauerstellung. Die Folge dieser Kauerstellung ist die Reduktion der Wärmekonvektion, da über die eingenommene Körperhaltung die am Austausch beteiligte Körperoberfläche reduziert wird. Die Wärmestrahlung nimmt mit steigender Hauttemperatur drastisch zu, wobei auch eine gleichzeitige Aufnahme von Wärmestrahlung durch die Infrarot-Strahlen der Sonne erfolgt. Neben diesem thermoregulatorisch wichtigen Mechanismus spielt die Verdunstung im Wärmtransport von der Hautoberfläche zur Umgebung eine entscheidende Rolle. Pro Liter Schweiß, welcher auf der Haut verdunstet, erfolgt eine Wärmereduktion um 2.400 Kilojoule. Die Wasserabgabe kann glandulär über Schweißdrüsen und extraglandulär durch die Flüssigkeitspermeation durch die Haut erfolgen. Neben der Körper- und Umgebungstemperatur wird die Schweißabsonderung maßgeblich durch cholinerg sympathische Nervenfasern reguliert und beeinflusst. Der Elektrolytverlust durch die Schweißabsonderung muss bei sportlicher Beanspruchung umgehend korrigiert werden, sodass keine Leistungsminderung erfolgen kann.    

Temperaturregulation bei körperlicher Belastung

  • Unter Ruhebedingungen erfolgt die Wärmeabgabe bei einer Temperatur von 28 °C überwiegend durch Wärmekonvektion und Strahlung (75 %). Die Wärmeabgabe durch Verdunstung spielt unter diesen Umständen nur eine untergeordnete Rolle (25 %).
  • Bei körperlicher Arbeit erhöht sich der Energieumsatz in Abhängigkeit von der Belastungsintensität und Dauer der sportlichen Beanspruchung. Der Großteil der für die sportliche Beanspruchung umgesetzten Energie (70 %) wird direkt in Wärme umgewandelt. Die Wärmeabgabe ist für den Erhalt der Körperfunktionen bei sportlicher Belastung von großer Bedeutung, da ohne die stark erhöhte Wärmeabgabe eine Erhöhung der Körperkerntemperatur die Folge wäre. Ohne die adäquate Abgabe der entstehenden Wärme würde dies bei einem Ausdauersportler bei einem 60-minütigen Training bei mittlerer Intensität zur Steigerung der Körperkerntemperatur auf 60 °C führen. Temperaturanstiege auf über 40 °C führen in der Regel zum Auftreten von Verwirrtheit, Hirndrucksteigerungen und Krämpfen.
  • Auch die Muskeltemperatur steigt während einer körperlichen Belastung von ungefähr 34 °C in Ruhe auf 41 °C bei einer maximalen lang andauernden Beanspruchung. Über den Blutstrom wird diese Erwärmung  in den gesamten Körper transportiert, sodass sich die Körperkerntemperatur und die Hauttemperatur erhöhen. Der Anstieg der Körperkerntemperatur ist direkt assoziiert mit der Sauerstoffaufnahme beim körperlichen Training. Eine direkte Abhängigkeit zwischen Körperkerntemperatur und Umgebungstemperatur bei intensiver sportlicher Belastung ist nur in geringem Ausmaß erkennbar, sofern die Umgebungstemperatur im Bereich von 5-25 °C liegt. Bei einer Außentemperatur von mehr als 28 °C wird bei sportlicher Belastung kein Temperaturplateau mehr erreicht.
  • Die im Muskel entwickelte Wärme wird über den Blutstrom in der Folge zu Hautgefäßen geleitet, sodass diese an die Umgebung abgegeben werden kann. Je höher die Umgebungstemperatur und die Luftfeuchtigkeit ausfallen, desto rascher und massiver erfolgt die Vasodilatation der oberflächlichen Hautgefäße. Durch die so entstehende Volumenumverteilung von zentral nach peripher wird das Herzschlagvolumen gesenkt, was bewirkt, dass der Körper mit einer reflektorischen Tachykardie das Herzzeitvolumen (HZV) korrigiert. Mit steigender Umgebungstemperatur verschlechtern sich jedoch die Wärmeabgabebedingungen für Strahlung und Konvektion. Als Resultat stellt die Schweißabsonderung den wichtigsten Wärmeabgabemechanismus bei sportlichen Belastungen bei hohen Temperaturen dar. 

Literatur

  1. de Marées H: Sportphysiologie. Sport & Buch Strauß Verlag 2003
  2. Hollmann W: Sportmedizin: Grundlagen von körperlicher Aktivität, Training und Präventivmedizin. Schattauer Verlag 2009
  3. Pokan R: Kompendium der Sportmedizin: Physiologie, innere Medizin und Pädiatrie. Springer Verlag 2004
  4. Dickhuth HH: Sportmedizin für Ärzte. Deutscher Ärzte Verlag 2007
  5. Schmidt R: Physiologie des Menschen. Springer Verlag 2004
  6. Klinke R: Lehrbuch der Physiologie. Georg Thieme Verlag 2005