Leistungsverhalten beim Tauchen

Der  Tauchsport hat in den letzten Jahren immer mehr Anhänger gefunden. Die Sportart Tauchen lässt sich jedoch in mehrere Disziplinen aufteilen. Unter dem Begriff des Tauchens wird im Allgemeinen das Tauchen mit Pressluftflasche, welches auch als Drucklufttauchen bezeichnet wird, verstanden. Neben dem Drucklufttauchen zählen auch das nicht-apparative Tauchen, das Schnorcheln und das Apnoe-Tauchen, welches das Tauchen bei Atemstillstand darstellt, zur Obergruppe des Tauchens. Bei jeder der erwähnten Tauchformen werden unterschiedliche Belastungen und Beanspruchungen an den Organismus gestellt.

Tauchen ohne Tauchgerät

Schnorcheltauchen

  • Besonders das Schnorcheltauchen findet wachsenden Zuspruch bei Urlaubern und Sportlern, da es relativ leicht zu erlernen ist und als Ausrüstung nur eine Taucherbrille, der Schnorchel und ein paar Flossen benötigt werden.
  • Physiologisch betrachtet stellt der Schnorchel beim Tauchvorgang eine Verbindung des Lungeninnenraumes mit der Luft an der Wasseroberfläche dar. Als Folge dieser Verbindung liegt in der Lunge der gleiche atmosphärische Druck vor wie in der Luft an der Wasseroberfläche. Der vorliegende Druck beträgt daher exakt 1 bar, was einem Wert von 100 kPa entspricht. Da jedoch auf der Haut des Tauchers noch der Druck der Wassersäule lastet, erhöht sich als Folge der Gesamtdruck. Die Druckerhöhung ist abhängig von der Schnorchellänge, da ein längerer Schnorchel eine größere Entfernung zwischen Taucher und Wasseroberfläche bedeutet. Bei einem 35 cm langen Schnorchel erhöht sich der Gesamtdruck um 0,35 bar. Der Druck im Thorax liegt folglich unter dem Gesamtdruck von 1,035 bar, sodass ein Unterdruck in der Lunge das Resultat ist.
  • Durch den vorliegenden Unterdruck wird ein Teil des Blutvolumens von extrathorakalen Hautgefäßen in intrathorakale Kreislaufabschnitte verschoben. Durch das geringe verschobene Volumen werden hierdurch jedoch keine signifikanten Leistungsveränderungen feststellbar.
  • Erfolgt jedoch der Tauchvorgang mit einem längeren Schnorchel, so können sich hieraus Gefahren ergeben. Die Druckdifferenz zwischen Haut beziehungsweise Hautgefäßen und dem Lungeninnenraum würde zunehmen, sodass eine größere Menge Blut von den Hautvenen in die Kreislaufabschnitte des Thorax drainiert werden würde, da sich das Blut vom Ort des höheren Druckes zum Ort des niedrigeren Druckes bewegt.
  • Aus der Zentralisation des Blutvolumens entsteht eine stärkere Füllung des rechten Vorhofes und des rechten Ventrikels. Das erhöhte Blutvolumen fließt folglich in die Lungenarterien, die dem Niederdrucksystem des Körpers zugeordnet werden. In den Lungenkapillaren erfolgt somit eine Volumensteigerung, die laut Starling-Konzept zum Austritt von Flüssigkeit aus den Lungenkapillaren in die Lungenalveolen mit der Gefahr des Erstickens führt. Das hierdurch entstehende Lungenödem wurde früher als Unterdruckbarotrauma der Lunge beziehungsweise "inneres Blaukommen" bezeichnet.
  • Durch den Austritt von Flüssigkeit in die Lungenalveolen wird nicht nur ein Ödem hervorgerufen, sondern auch der Rückfluss zum linken Ventrikel wird reduziert. Der so entstehende Blutdruckabfall kann zur Bewusstseinseintrübung führen, da eine Minderperfusion des zentralen Nervensystems als Folge auftreten kann.
  • Durch die zunehmende Tiefe muss von der Atemmuskulatur eine höhere Kraft zur Atemtätigkeit aufgebracht werden, um den Thorax gegen die aufliegende Wassersäule zu dehnen. Durch die schnelle Ermüdung der Atemmuskulatur wird die Sauerstoffsättigung im Blut reduziert. Schon ab ungefähr 90 cm Wassertiefe ist die Atemmuskulatur kaum noch in der Lage, gegen die Wassersäule einzuatmen. Durch die Vergrößerung des Totraums muss in der Folge mehr Atemarbeit zur ausreichenden Ventilation der Alveolen geleistet werden. 

Apnoe-Tauchen

Tieftauchen in Apnoe

  • Da beim Schnorcheln die dauerhafte Tauchtiefe aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Einatmung auf ungefähr 35 cm begrenzt ist, muss für das Tieftauchen ohne Tauchgerät ein Atemstillstand erfolgen. Der Druck beim Apnoe-Tauchen resultiert aus dem Luftdruck, der auf der Wasseroberfläche lastet und auf dem Druck der Wassersäule, der ab 10 m Wassersäule einen Großteil des Druckes ausmacht. Für eine Wassertiefe von 30 m entsteht somit ein Druck von 4 bar, der sich aus ungefähr 3 bar Wassersäule und 1 bar Luftdruck auf der Wasseroberfläche zusammensetzt.
  • Die luftgefüllten und dehnbaren Hohlorgane werden als Resultat der Kompressibilität der sich in ihnen befindenden Luft komprimiert. Der Einfluss dieser Kompression darf nicht vernachlässigt werden, da ein Apnoe-Taucher, der nach dem Einatmen über eine totale Lungenkapazität von 10 L verfügt, nach dem Abtauchen auf eine Tiefe von 70 m nur noch über ein Restvolumen von 1,25 L verfügt, ohne dass ein Ausatmungsvorgang erfolgt wäre.
  • Beim Abstieg des Tauchers erfolgen demnach eine Erhöhung des Wasserdruckes und ein Anstieg des Sauerstoffpartialdruckes. Gleichzeitig wird das Thoraxvolumen massiv reduziert. Während des Abstieges ist die Sauerstoffversorgung der Gewebe noch als adäquat zu bezeichnen. 
  • Im Gegensatz zum Abstieg wird beim Aufstieg des Apnoe-Tauchers der Wasserdruck zunehmend geringer und das Thoraxvolumen kann sich wieder erhöhen. Durch den massiven Abfall des Sauerstoffpartialdruckes ist die ausreichende Gewebeversorgung mit Sauerstoff nicht mehr gegeben.
  • Aufgrund des hohen Wasserdruckes besteht beim Apnoe-Tauchen ein höheres Risiko für ein Lungenödem als beim Schnorcheln in wenigen Metern Tiefe.

Streckentauchen in Apnoe

  • Die Strecke und die Zeit unter Wasser im Zustand des Atemstillstandes wird durch mehrere Faktoren begrenzt. Die Apnoe-Dauer ist maßgeblich mit der Luftmenge in den beiden Lungenflügeln, dem Sauerstoffverbauch und dem Kohlendioxidpartialdruck im arteriellen Blut assoziiert.
  • Der Kohlendioxidpartialdruck ist von besonderer Bedeutung, da dieser den wichtigsten Atemreiz im Atmungszentrum darstellt. Steigt also der Kohlendioxidpartialdruck über einen definierten Wert an, führt dies zu einer massiven Stimulation des Atemzentrums, was zu einer Beendigung der Apnoe führt.
  • Von entscheidender Bedeutung ist daher eine ausreichende Hyperventilation vor Beginn der Apnoe, sodass die Stimulation des Atemzentrums verzögert wird. Die Dauer des Tauchvorganges kann durch eine Hyperventilation vor Tauchbeginn um ungefähr 60 % gesteigert werden, da der Atemantrieb durch den sinkenden Sauerstoffpartialdruck nur unwesentlich erhöht wird. Dieser geringe Atemantrieb birgt jedoch die Gefahr, dass der Streckentaucher während des Tauchens das Bewusstsein verliert, da ein Sauerstoffmangel im Gehirn vorliegt.
  • Durch die Hyperventilation erhöht sich die Apnoe-Dauer, da der Atemreiz reduziert wird. Die Sauerstoffsättigung des Blutes wird durch die Hyperventilation hingegen nicht im signifikanten Bereich erhöht, da diese schon vorher bei ungefähr 97 % liegt. Nach längerer Hyperventilation besteht des Weiteren das Risiko von Muskelkrämpfen, da eine Abnahme der Protonenkonzentration im Blut erfolgt. Außerdem liegt häufig noch eine Reduktion des arteriellen Blutdruckes vor.
  • Sowohl das Tieftauchen als auch das Streckentauchen in Apnoe führen zu einer Bradykardie des Tauchers. Der Entstehungsmechanismus dieser Bradykardie wird auch als Tauchreflex bezeichnet. Hervorgerufen wird der Reflex durch das erhöhte intrathorakale Blutvolumen, welches unweigerlich zur Aktivierung des Parasympathikus führt. Der Kontakt mit kaltem Wasser kann diese Bradykardie noch weiter verstärken.
  • Eine Hypoventilation hingegen reduziert daher die Dauer der Apnoe.
  • Geht dem Tauchvorgang eine erhöhte körperliche Aktivität voraus, so wird zu viel Kohlendioxid in der Skelettmuskulatur erzeugt, welches den Kohlendioxidpartialdruck steigert.

Tauchen mit Tauchgerät

  • Durch das Tauchen mit Druckluftgeräten lässt sich die Dauer des Tauchvorganges erhöhen. Ähnlich wie beim Apnoe-Tauchen ist die erreichbare Tauchtiefe jedoch limitiert. Die Grenze des Tieftauchens wird durch den Effekt hervorgerufen, dass die eingeatmeten Gase, deren Gaspartialdruck sich mit steigender Wassertiefe erhöht, vermehrt toxisch wirken.
  • Durch die Partialdruckerhöhung der eingeatmeten Gase beim Tauchen mit Tauchgerät können Gasintoxikationen entstehen. Die Lösung von Stickstoff und Sauerstoff im Blut erfolgt proportional zum Partialdruck der Gase. Durch die steigende Wassertiefe beim Tauchgang erhöht sich der Partialdruck der beiden Gase, sodass die Menge des im Blut gelösten Gases ansteigt. Die Intoxikationserscheinungen sind sowohl mit der Tauchtiefe als auch mit der Dauer des Tauchvorganges assoziiert. Schon nach wenigen Stunden und einem Sauerstoffpartialdruck von 2 bar kann es zu akuten Sauerstoffvergiftungen mit einer verstärkten Erregung von Nervenzellen kommen, welches zum Bewusstseinsverlust und Krämpfen führt.
  • Bei niedrigeren Partialdrücken, die jedoch mehrere Stunden bis Tage auf den Körper einwirken, ist die Entstehung chronischer Sauerstoffvergiftungserscheinungen möglich. Schon bei einem Sauerstoffpartialdruck von 0,6 bar ist das Auftreten einer chronischen Sauerstoffintoxikation möglich. Grund hierfür ist die Entstehung einer Atelektase aufgrund der Teilzerstörung des Schutzfilms von Lungenbläschen durch die Sauerstoffeinwirkung.
  •  Durch die Verwendung von Stickstoff in Tauchgeräten erhöht sich das Risiko einer Bewusstlosigkeit des Tauchers, da Stickstoff zu den Inertgasen gehört, die bei Anreicherung im menschlichen Organismus einen narkoseartigen Effekt hervorrufen können. Bei einem Stickstoffpartialdruck von 11 bar besteht demnach eine vollständige Narkose.
  • Beim Auftauchvorgang aus größerer Tiefe werden die im Blut gelösten Gase über die Atmung abgegeben. Durch ein zu rasches Auftauchen ist es jedoch möglich, dass Stickstoff, besonders in Geweben mit hoher Stickstoff-Löslichkeit, in Bläschenform freigesetzt wird. Diese Freisetzung von Stickstoff, die auch als Dekompressionskrankheit oder Caisson-Krankheit bezeichnet wird, führt zu Störungen der Nervenfunktion. Die Aufstiegszeit muss daher auf die Tauchtiefe, die Tauchzeit und die Anzahl der vorangegangenen Tauchvorgänge abgestimmt werden.

Zur Überprüfung der körperlichen Voraussetzungen für das Tauchen muss eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung erfolgen, bei der unter anderem die Herz- und Lungenfunktion überprüft wird. Außerdem erfolgt eine Testung der Sinnesorgane (Augen, Ohren).

Literatur

  1. Muth C: Kompendium der Tauchmedizin: Einführung und Überblick für Hausärzte und Sportmediziner. Deutscher Ärzte-Verlag 2006
  2. de Marées H: Sportphysiologie. Sport & Buch Strauß Verlag 2003
  3. Hollmann W: Sportmedizin: Grundlagen von körperlicher Aktivität, Training und Präventivmedizin. Schattauer Verlag 2009
  4. Dickhuth HH: Sportmedizin für Ärzte. Deutscher Ärzte Verlag 2007
  5. Rost R: Lehrbuch der Sportmedizin. Deutscher Ärzte Verlag 2001
  6. Schmidt R: Physiologie des Menschen. Springer Verlag 2004