Herz-Kreislauf-Training – Ausdauertraining (Cardiotraining)
Bedeutung des Ausdauertrainings für die Gesundheit
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die führende Todesursache in den Industrienationen. Bewegungsmangel spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung dieser Erkrankungen. Regelmäßiges Ausdauertraining reduziert das Risiko für Myokardinfarkte (Herzinfarkt) und andere kardiovaskuläre Ereignisse signifikant.
Das Risiko eines Myokardinfarkts ist bei untrainierten Personen doppelt so hoch wie bei Trainierten. Während das Myokardinfarktrisiko bei Nichtsportlern ab dem 40. Lebensjahr steil ansteigt, bleibt es bei regelmäßig trainierten Personen konstant niedrig.
Physiologische Auswirkungen von Ausdauertraining
Ein gezieltes Cardiotraining beeinflusst zahlreiche Risikofaktoren positiv:
- Herz-Kreislauf-System: Abnahme der Ruhepulsfrequenz, Erhöhung des Schlagvolumens, Senkung des Blutdrucks
- Stoffwechsel: Verbesserung des Lipidprofils, Reduktion des viszeralen Fettgewebes (Bauchfett), bessere Blutzuckerregulation
- Psyche: Verringerung von Stress, Verbesserung der Stimmungslage, Reduktion depressiver Symptome
- Onkologie: Senkung des Risikos für Mamma-, Prostata- und Kolonkarzinome (Brust-, Prostata- und Darmkrebs)
- Immunsystem: Erhöhung der NK-Zell-Aktivität, Stärkung der Abwehrkräfte
Trainingsmethoden und Belastungssteuerung
Empfohlene Sportarten:
- Walking, Nordic Walking, Joggen
- Schwimmen, Radfahren, Rudern
- Ski-Langlauf, Wandern, Crosstraining
- Fitnessstudio: Cycling, Spinning, Aerobic
Intensitätssteuerung:
- Belastung sollte zwischen 60 und 80 % der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) liegen
- Berechnung der maximalen Herzfrequenz: 220 - Lebensalter
- Trainingsbereich: 60-80 % der maximalen Herzfrequenz
- Beispiel für eine 45-jährige Person:
- 220 - 45 = 175 Schläge/min (max. HF)
- Trainingsbereich: 105-140 Schläge/min
Trainingsumfang:
- Aufbauphase: 3-7 Trainingseinheiten pro Woche
- Dauer: 15-60 Minuten pro Einheit
- Erhaltungstraining: mindestens 1x 45 Minuten, 2x 30 Minuten oder 3x 20 Minuten pro Woche
- Regelmäßigkeit ist wichtiger als die Dauer einzelner Einheiten
Indikationen und Kontraindikationen
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Primär- und Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Apoplex/Schlaganfall, Hypertonie/Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung), Myokardinfarkt/Herzinfarkt)
- Hyperlipidämien (Fettstoffwechselstörungen)
- Diabetes mellitus
- Stressmanagement
- Primär- und Tertiärprävention von Tumorerkrankungen
Absolute Kontraindikationen:
- Akute Infektionen, Fieber > 38 °C
- Schwere unkontrollierte Hypertonie
- Akute kardiovaskuläre Ereignisse (z. B. Myokardinfarkt in der akuten Phase)
Relative Kontraindikationen:
- Anämie < 8 g/dL, Gerinnungsstörungen
- Unkontrollierte Epilepsie
- Tumorpatienten mit:
- Anämie (Blutarmut) < 8 g/dL
- Thrombozytopenie (Mangel an Thrombozyten (Blutplättchen) im Blut) und Gerinnungsstörungen
- Knochenmetastasen (Absiedlung von Krebszellen (Metastasierung) in den Knochen)
- mediastinaler/kardialer Radiatio (Strahlentherapie)
- grippeähnliche Beschwerden bei Immuntherapie (z. B. mit Interferon-alpha oder Interleukin-2)
- Behandlung des Mammakarzinoms (Brustkrebs) mit monoklonalen Antikörpern gegen HER-2/NEU (Trastuzumab, Herceptin); als Nebenwirkung dieser Therapie – v. a. bei Patientinnen, die gleichzeitig zu den Antikörpern eine Chemotherapie erhalten – kann eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) auftreten
- Zytostatikatherapie am Tag des Sports (wg. möglicher Kardio- und Nephrotoxizität (Herz- und Nierentoxizität) von Zytostatika wie Anthracyclinen, Alkylanzien und platinhaltigen Präparaten)
Weitere Hinweise
Ausdauertraining bei Menschen über 65 Jahren: Sowohl Ausdauertraining 10-149 Minuten war hinsichtlich des Mortalitätsrisikos (HR 0,83) und 150-300 (HR 0,75) als auch mehr als 300 Minuten (HR 0,68) Ausdauertraining pro Woche besser als weniger als 10 Minuten pro Woche [1].
Fazit
Regelmäßiges Ausdauertraining ist essenziell für die kardiovaskuläre Gesundheit und beeinflusst zahlreiche Risikofaktoren positiv. Die Belastungssteuerung sollte individuell angepasst werden, um maximale gesundheitliche Vorteile zu erzielen. Sportmediziner sollten ein strukturiertes Trainingsprogramm empfehlen, das den individuellen Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit des Patienten berücksichtigt.
Literatur
- Webber BJ et al.: Association of Muscle-Strengthening and Aerobic Physical Activity With Mortality in US Adults Aged 65 Years or Older JAMA Netw Open. 2022;5(10):e2236778. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.36778
- Mooren FC & Reimers CD. (2018). Praxisbuch Sport in Prävention und Therapie (1. Aufl.). Urban & Fischer Verlag
- Dickhuth HH, Mayer F, Röcker K & Berg A. (2021). Sportmedizin für Ärzte (2. Aufl.). Deutscher Ärzte-Verlag
- Mooren FC. (2022). Sportmedizin (1. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier