Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Ein Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni) entsteht durch eine Schädigung der Schleimhaut im Zwölffingerdarm (Duodenum), meist infolge einer Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori (in über 90 % der Fälle). Diese Bakterieninfektion begünstigt eine erhöhte Produktion entzündungsfördernder Substanzen, die die Schleimhaut schwächen und ihre Schutzfunktion beeinträchtigen.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Infektion mit Helicobacter pylori: H. pylori produziert Enzyme und Toxine, die die Schleimhautzellen direkt schädigen und die Entzündungsreaktionen verstärken. Das Bakterium erhöht die Gastrinsekretion, was die Magensäureproduktion anregt und die Schleimhaut im Duodenum angreifbarer macht.
  • Säuresekretion: Bei vielen Patienten mit Ulcus duodeni ist die Produktion der Magensäure erhöht. Diese Übersäuerung führt zur Schädigung der Schleimhaut im Bereich des Bulbus duodeni, dem ersten Teil des Zwölffingerdarms. Auch bei normaler Säureproduktion kann eine H. pylori-Infektion die Schleimhaut anfällig für Säureschäden machen.

Sekundäre pathophysiologische Mechanismen

  • Veränderungen der Schutzmechanismen: Die normale Schleimhautschicht und die Bicarbonatproduktion, die eine schützende Funktion gegenüber der Magensäure darstellen, sind beeinträchtigt. Die durch die infektionsbedingte Entzündung schwächt die Schleimschicht und verringert die Fähigkeit der Schleimhaut, sich selbst zu schützen.
  • Kissing Ulcers: In 10-20 % der Fälle entstehen gegenüberliegende Geschwüre (kissing ulcers), die durch die anatomische Lage und die Ausbreitung der Entzündung begünstigt werden und eine erhöhte Schleimhautverletzung verursachen.

Klinisches Bild

Leitsymptome

  • Epigastrische Schmerzen (Schmerzen im Oberbauch), häufig als stechend oder brennend beschrieben und oft in Verbindung mit der Nahrungsaufnahme
  • Übelkeit und gelegentliches Erbrechen
  • Völlegefühl und Blähungen

Fortgeschrittene Symptome

  • Blutungen, sichtbar durch Teerstuhl oder Blut im Erbrochenen (Hämatemesis) bei komplizierten Ulzera
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei lang anhaltenden Beschwerden

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Das Zwölffingerdarmgeschwür wird meist durch eine Helicobacter pylori-Infektion und/oder eine erhöhte Magensäureproduktion verursacht, was die Schleimhaut im Bulbus duodeni anfällig für Schäden macht. Neben den typischen Schmerzen kann es bei fortschreitendem Verlauf zu Blutungen und anderen Komplikationen kommen. Eine zielgerichtete Diagnostik und H. pylori-Eradikationstherapie sind essenziell zur Verhinderung von Rezidiven und zur Heilung des Ulcus duodeni.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
    • Genetische Erkrankungen
      • Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATD; α1-Antitrypsin-Mangel; Synonyme: Laurell-Eriksson-Syndrom, Proteaseinhibitormangel, AAT-Defizit) – relativ häufige genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, bei der aufgrund eines Polymorphismus (Auftreten mehrerer Genvarianten) zu wenig Alpha-1-Antitrypsin gebildet wird. Ein Mangel an Proteaseinhibitoren zeigt sich an der mangelnden Hemmung der Elastase, wodurch das Elastin der Lungenalveolen zersetzt wird. Infolgedessen kommt es zur chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Lungenemphysem (COPD, progrediente (fortschreitende), nicht vollständig reversible (umkehrbare) Obstruktion (Verengung) der Atemwege). An der Leber führt der Mangel an Proteaseinhibitoren zu einer chronischen Hepatitis (Leberentzündung) mit Übergang zur Leberzirrhose (nicht umkehrbare Schädigung der Leber mit ausgeprägtem Umbau des Lebergewebes).
        Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) des homozygoten Alpha-1-Antitrypsin-Mangels wird in der europäischen Bevölkerung auf 0,01-0,02 Prozent geschätzt. 
  • Blutgruppe – Blutgruppe 0 (↑)
  • Faktor HLA-B5  (↑)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Hoher Verzehr von Mono- und Disacchariden wie Weißmehlprodukte und Süßwaren
    • Seltene Aufnahme von Omega-3- und -6-Fettsäuren
    • Überhöhte Kochsalzzufuhr
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Kaffee (hoher Konsum)
    • Alkohol
    • Tabak (Rauchen)
  • Drogenkonsum
    • Kokain
  • Psycho-soziale Situation
    • Psychischer Stress Erhöhung der Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) von peptischen Ulzera (Anwesenheit von Säure als Voraussetzung für das Entstehen des Geschwürs) [1]

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Alpha-1-Antitrypsin-Mangel – häufige, genetisch bedingte Störung. Die Diagnose ist durch die Bestimmung des Alpha-1-Antitrypsin-Serumspiegels zu stellen. Die Erkrankung kann sich an der Lunge in Form einer chronisch obstruktiven Bronchitis mit Lungenemphysem (COPD) und an der Leber in Form einer chronischen Hepatitis mit Übergang zur Leberzirrhose manifestieren.
  • Chronische Lungenkrankheiten – wie z. B. chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • Chronische Niereninsuffizienz
  • Chronische Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) – Zusammenhang bislang nicht eindeutig belegt
  • Duodenalstenose – Verengung des Zwölffingerdarms
  • Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion) – Zusammenhang nicht eindeutig belegt
  • Infektion mit anderen Erregern wie dem Cytomegalie-Virus (CMV) oder dem Herpes-simplex-Virus (HSV)
  • Infektion mit Helicobacter pylori – in > 90 % der Fälle
  • Koronare Herzkrankheit (Herzkranzgefäßerkrankung) – Zusammenhang nicht eindeutig belegt
  • Leberzirrhose (Leberschrumpfung) – bindegewebiger Umbau der Leber, der mit Funktionseinschränkung einher geht
  • Mastozytose – zwei Hauptformen: kutane Mastozytose (Hautmastozytose) und systemische Mastozytose (Mastozytose des gesamten Körpers); klinisches Bild der kutanen Mastozytose: gelblich-braune Flecken mit unterschiedlicher Größe (Urticaria pigmentosa); bei der systemischen Mastozytose treten zudem episodisch gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darm-Beschwerden), (Nausea (Übelkeit), brennende Abdominalschmerzen und Diarrhoe (Durchfall)), Ulkuskrankheit sowie gastrointestinale Blutungen (Magen-Darmblutungen) und Malabsorption (Störung der Nahrungsresorption) auf; bei der systemischen Mastozytose kommt es zu einer Anhäufung von Mastzellen (Zelltyp, der u. a. an allergischen Reaktionen beteiligt ist) im Knochenmark, wo sie gebildet werden, sowie zur Anhäufung in der Haut, den Knochen, der Leber, der Milz und dem Gastrointestinaltrakt (GIT; Magen-Darm-Trakt); Mastozytose ist nicht heilbar; Verlauf in der Regel benigne (gutartig) und Lebenserwartung normal; extrem selten entarten Mastzellen (=  Mastzellleukämie (Blutkrebs))
  • Morbus Crohn – chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED); verläuft meist in Schüben und kann den gesamten Verdauungstrakt befallen; charakterisierend ist der segmentale Befall der Darmmukosa (Darmschleimhaut), das heißt, es können mehrere Darmabschnitte befallen sein, die durch gesunde Abschnitte voneinander getrennt sind.
  • Nephrolithiasis (Nierensteine)
  • Polycythaemia vera – krankhafte Vermehrung von Blutzellen (insbesondere betroffen sind: insbesondere Erythrozyten/rote Blutkörperchen, in geringerem Maße auch Thrombozyten (Blutplättchen) und Leukozyten/weiße Blutkörperchen); stechender Juckreiz nach Kontakt mit Wasser (aquagener Pruritus)
  • Sarkoidose (Synonyme: Morbus Boeck; Morbus Schaumann-Besnier) – systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung (Haut, Lunge und Lymphknoten)
  • Systemische Mastozytose – Erkrankung, die durch eine übermäßige Vermehrung von Mastzellen in inneren Organen/Knochenmark charakterisiert ist
  • Zollinger-Ellison-Syndrom – benigner oder maligner (gut- oder bösartiger) Tumor, der sich meist im Pankreas (Bauchspeicheldrüse) befindet und zur vermehrten Gastrinproduktion führt

Medikamente

  • Acetylcholinesterasehemmer (Donezepil, Galantamin, Rivastigmin)
  • Aldosteronantagonisten (Epleronon, Spironolacton)
  • Analgetika
    • nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), nichtsteroidale/NSAID (non steroidal anti-inflammatory drugs – Acetylsalicylsäure (ASS), Acemeatcin, Diclofenac, Etoricoxib, Indometacin, Ibuprofen, Ketoprofen, Meloxicam, Naproxen, Phenylbutazon, Piroxicam); die gleichzeitige Einnahme von Glucocorticoiden erhöht die Erkrankungswahrscheinlichkeit um den Faktor 15
  • Bisphosphonate
  • Hormone
    • Glucocorticoide (Alclometason, Betamethasonvalerat, Budesonid, Fluticason, Halometason, Hydrocortison, Methylprednisolon, Mometason, Prednicarbat, Prednison, Prednisolon) [insbesondere in Kombination mit NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika)]
  • Immunsuppressiva (Mycofenolatmofetil)
  • Kaliumchlorid
  • Thrombozytenaggregationshemmer – Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel
  • Zytostatika

Weitere Ursachen

  • Akutes Stressulkus – vor allem während einer intensivmedizinischen Therapie nach großen Operationen, Verbrennungen etc.
  • Radiatio (Strahlentherapie) bei Tumorerkrankungen

Literatur

  1. Levenstein S, Rosenstock S, Jacobsen RK, Jorgensen T: Psychological Stress Increases Risk for Peptic Ulcer, Regardless of Helicobacter pylori Infection or use of Non-steroidal Anti-inflammatory Drugs. Clin Gastroenterol Hepatol. 2014 Aug 8. pii: S1542-3565(14)01136-7. doi: 10.1016/j.cgh.2014.07.052