Zungenentzündung (Glossitis) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Glossitis (Zungenentzündung) ist eine entzündliche Veränderung der Zunge, die durch vielfältige lokale und systemische Einflüsse entstehen kann. Häufig liegt eine Reaktion der Zungenschleimhaut auf äußere Reize oder systemische Erkrankungen zugrunde. Zu den häufigsten Auslösern zählen Infektionen, Nährstoffmängel und autoimmunologische Prozesse.
Primäre pathophysiologische Mechanismen
- Infektiöse Ursachen: Bakterielle (z. B. Streptokokken, Staphylokokken), virale (z. B. Herpes simplex) oder Pilzinfektionen (z. B. Candida albicans) können eine akute oder chronische Entzündung der Zungenschleimhaut verursachen. Diese Erreger verursachen eine Immunreaktion, die zu Entzündungen, Schwellungen und Rötungen führt.
- Nährstoffmängel: Ein Mangel an Vitamin B12, Folsäure, Eisen oder Zink kann zu einer atrophischen (gewebsverdünnenden) Glossitis führen. Diese Nährstoffe sind essenziell für die Zellerneuerung und das Wachstum der Schleimhaut. Ein Defizit kann eine glatte, gerötete Zunge mit brennenden Schmerzen zur Folge haben.
- Autoimmunologische Ursachen: Autoimmunerkrankungen wie die Hashimoto-Thyreoiditis, Perniziöse Anämie oder Lichen planus können die Zunge beeinflussen und eine chronische Entzündung hervorrufen. Die Immunzellen greifen fälschlicherweise das eigene Gewebe an, was zu einem chronischen Entzündungsprozess führt.
Sekundäre pathophysiologische Mechanismen
- Lokale Reize und Irritationen: Mechanische Reizungen durch Zahnersatz, scharfkantige Zähne oder übermäßigen Konsum von scharfen oder heißen Speisen können die Zungenschleimhaut reizen und eine lokale Entzündungsreaktion hervorrufen.
- Allergische Reaktionen: Bestimmte Substanzen wie Mundspüllösungen, Zahnpasta-Inhaltsstoffe oder Lebensmittelzusatzstoffe können eine Kontaktallergie hervorrufen, die zu einer allergischen Glossitis führt.
- Hormonelle Einflüsse: Veränderungen im Hormonhaushalt, wie sie während der Schwangerschaft oder bei hormonellen Dysbalancen vorkommen, können die Empfindlichkeit der Zungenschleimhaut erhöhen und eine Entzündung fördern.
Klinisches Bild
Leitsymptome
- Rötung und Schwellung der Zunge, oft mit Brennen und Schmerzen
- Glatte Zunge bei atrophischer Glossitis, besonders bei Nährstoffmängeln
- Veränderungen der Zungenoberfläche, z. B. Risse oder eine erhabene, glatte Oberfläche
Fortgeschrittene Symptome
- Geschmackseinschränkungen und eine empfindliche Zungenschleimhaut
- Chronische Entzündung mit möglichen Erosionen oder Ulzera
- Bei schweren Infektionen: Bildung von Pusteln oder weißliche Beläge
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Die Glossitis ist eine entzündliche Erkrankung der Zunge, die vielfältige Ursachen haben kann. Infektionen, Nährstoffmängel, autoimmune Prozesse und lokale Irritationen zählen zu den Hauptursachen. Die Erkrankung kann akut oder chronisch verlaufen und führt oft zu schmerzhaften Veränderungen der Zungenoberfläche. Eine sorgfältige Ursachenforschung ist entscheidend für eine gezielte Therapie und die langfristige Erhaltung der Zungenfunktion.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Hormonelle Faktoren – Menopause (Wechseljahre)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Gewürze – Stark gewürzte oder scharfe Speisen können die Zunge chemisch reizen und die Entzündungsneigung erhöhen.
- Vitalstoffmangel – Ein Mangel an essenziellen Nährstoffen wie Vitamin A, Vitamin C, Eisen (Eisenmangelanämie), Vitamin B12 und Folsäure (perniziöse Anämie) begünstigt eine Zungenentzündung.
- Genussmittelkonsum (chemische Reizung)
- Alkohol – Alkohol reizt die Schleimhäute und kann die Regeneration der Zunge beeinträchtigen.
- Tabak (Rauchen) – Rauchen reduziert die Durchblutung der Zunge und verzögert die Heilung von Schleimhautirritationen.
Krankheitsbedingte Ursachen
Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)
- Eisenmangelanämie
- Immundefizienz (Abwehrschwäche), nicht näher bezeichnet
- Perniziöse Anämie – Blutarmut, die durch einen Mangel an Vitamin B12 oder seltener durch einen Folsäuremangel bedingt ist
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Menopause (Wechseljahre der Frau)
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- Bakterielle Infektionen, nicht näher bezeichnet
- Mundsoor ‒ Pilzinfektion des Mundraums
Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)
- Zahnstein
Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)
- Sjögren-Syndrom (Gruppe der Sicca-Syndrome) – Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen, die zu einer chronisch entzündlichen Erkrankung der exokrinen Drüsen, am häufigsten der Speichel- und Tränendrüsen, führt; typische Folgeerkrankungen bzw. Komplikationen des Sicca-Syndroms sind:
- Keratokonjunktivitis sicca (Syndrom des trockenen Auges) aufgrund fehlender Benetzung von Horn- und Bindehaut mit Tränenflüssigkeit
- erhöhte Kariesanfälligkeit durch Xerostomie (Mundtrockenheit) aufgrund verminderter Speichelsekretion
- Rhinitis sicca (trockene Nasenschleimhäute), Heiserkeit und chronischer Hustenreiz sowie eine gestörte Sexualfunktion durch Störung der Schleimdrüsenproduktion des Respirationstraktes und der Genitalorgane
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Depression
- Psychogen
Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Allergische Reaktion, v.a.
- Lebensmittel
- Zahnfüllungen
- Prothesen
- Verletzungen der Zunge durch Prothesen, Zahnkanten etc.
Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten
- Eisenmangel
- Folsäuremangel
- Vitamin-A-Mangel
- Vitamin-B12-Mangel
- Vitamin-C-Mangel
Medikamente
- Lisinopril (ACE-Hemmer)