Zollinger-Ellison-Syndrom – Operative Therapie

Das Zollinger-Ellison-Syndrom (ZES) ist eine seltene Erkrankung, die durch die Überproduktion von Gastrin (Hormon, das die Magensäurebildung anregt) aus einem Gastrinom (tumorartige Neubildung, die Gastrin produziert) gekennzeichnet ist. Diese Hypergastrinämie (erhöhte Gastrinspiegel im Blut) führt zu einer erhöhten Magensäuresekretion, was häufig mit rezidivierenden peptischen Ulzera (wiederkehrende Magengeschwüre oder Zwölffingerdarmgeschwüre) einhergeht. Die operative Therapie ist insbesondere bei lokalisierter Tumorerkrankung (auf einen Bereich begrenzter Tumor) und in Abwesenheit von Metastasen (Tochtergeschwülsten) indiziert.

Ziele der operativen Therapie

  • Entfernung des Gastrinoms, um die Hypergastrinämie zu beheben.
  • Kontrolle der symptomatischen Magensäureüberproduktion.
  • Vermeidung von Komplikationen wie Ulkusblutungen (Blutungen von Magengeschwüren) oder -perforationen (Durchbrüche von Magengeschwüren).
  • Verbesserung der Prognose durch Tumorkontrolle.

Indikationen zur operativen Therapie

  • Lokal begrenzte Gastrinome (Tumoren, die auf einen Bereich begrenzt sind) ohne Nachweis von Metastasen (Tochtergeschwülste).
  • Einzelne, gut lokalisierte Tumoren, insbesondere im Bereich des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) oder des Duodenums (Zwölffingerdarm).
  • Kurative Intention (heilungsorientierte Behandlung), wenn eine vollständige Tumorresektion (Entfernung des Tumors) möglich ist.

Chirurgische Verfahren

  • Tumorresektion (Entfernung des Tumors)
    • Ziel: Vollständige Entfernung des Primärtumors (Tumor am Ursprungsort) und ggf. betroffener Lymphknoten (Immunorgane im Körper).
    • Verfahren:
      • Enukleation (Ausschälen des Tumors): Bei kleinen, gut zugänglichen Tumoren im Pankreas.
      • Resektion (chirurgische Entfernung): Segmentresektion des Pankreas (Entfernung eines Teils der Bauchspeicheldrüse) oder Duodenektomie (Entfernung eines Teils des Zwölffingerdarms) bei größeren Tumoren oder bei Infiltration (Eindringen in) umliegender Strukturen.
    • Wichtig: Intraoperative Ultraschalluntersuchung (Untersuchung mit Schallwellen während der Operation) zur genauen Lokalisation des Tumors.
  • Duodenotomie (chirurgische Öffnung des Zwölffingerdarms) und systematische Palpation (Abtasten)
    • Bei Verdacht auf mikroskopische Tumoren (sehr kleine, mit bloßem Auge nicht sichtbare Tumoren) im Duodenum (Zwölffingerdarm).
    • Kombination mit Lymphadenektomie (Entfernung von Lymphknoten), um regionale Lymphknotenmetastasen (Tochtergeschwülste in den Lymphknoten) auszuschließen.
  • Lymphadenektomie
    • Entfernung der regionalen Lymphknoten, um eine vollständige Entfernung des Tumors (R0-Resektion) zu gewährleisten und die Prognose zu verbessern.
  • Metastasenresektion (Entfernung von Tochtergeschwülsten)
    • In Ausnahmefällen bei isolierten Lebermetastasen (Tochtergeschwülsten in der Leber) oder begrenzten Metastasen in anderen Organen.
    • Ziel: Symptomkontrolle und Reduktion der Tumorlast (Tumormasse).

Kombination mit medikamentöser Therapie

In vielen Fällen wird die operative Therapie durch eine medikamentöse Behandlung ergänzt:

  • Protonenpumpenhemmer (PPI; Säureblocker))
    • Einsatz prä- und postoperativ (vor und nach der Operation) zur Kontrolle der Säuresekretion und zur Behandlung von Ulzera (Geschwüren).
    • Typische Präparate: Omeprazol, Pantoprazol.
  • Somatostatin-Analoga (Medikamente, die die Hormonfreisetzung hemmen)
    • Bei nicht operablen oder metastasierten Gastrinomen (nicht entfernbare Tumoren mit Tochtergeschwülsten) zur Hemmung der Gastrinsekretion (Ausschüttung des Hormons Gastrin) (z. B. Octreotid, Lanreotid).

Diagnostische und intraoperative Unterstützung

  • Präoperative Diagnostik (Untersuchungen vor der Operation)
    • Lokalisation des Tumors durch Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT; Schichtaufnahmen) oder Endosonographie (Ultraschall mit einer Ultraschallsonde von innen).
    • Funktionelle Bildgebung wie Somatostatinrezeptor-Positronen-Emissions-Tomographie (PET; bildgebendes Verfahren zur Darstellung von Tumorzellen) oder Octreotid-Scan (spezielle Untersuchung zur Lokalisierung von Tumoren).
  • Intraoperative Diagnostik (Untersuchungen während der Operation)
    • Schnellschnittuntersuchung (schnelle Gewebeuntersuchung) zur Sicherstellung der R0-Resektion (vollständige Tumorentfernung).
    • Gastrinmessungen (Hormonbestimmungen) vor und nach der Resektion, um den Therapieerfolg zu bewerten.

Postoperative Versorgung

  • Engmaschige Nachsorge 
    • Regelmäßige Kontrolle der Gastrinspiegel.
    • Bildgebung (Untersuchungen wie MRT oder CT) zur Früherkennung von Rückfällen.
  • Ernährungsanpassung 
    • Spezielle Diäten zur Vermeidung von Dumping-Syndrom (Beschwerden nach Magenoperationen) nach Pankreas- oder Duodenalresektionen.
  • Langzeitprognose 
    • Die Prognose hängt von der Tumorbiologie (Art des Tumors), dem Resektionsstatus (vollständige oder unvollständige Entfernung des Tumors) und dem Vorliegen von Metastasen (Tochtergeschwülsten) ab.

Kontraindikationen für eine operative Therapie

  • Vorliegen von diffusen Metastasen (ausgedehnte Tochtergeschwülste), insbesondere in der Leber.
  • Schlechter Allgemeinzustand des Patienten oder erhebliche Komorbiditäten (zusätzliche Erkrankungen).

Zusammenfassung

Die operative Therapie des Zollinger-Ellison-Syndroms ist bei lokalisierten Gastrinomen (auf einen Bereich begrenzte Tumoren) ohne Metastasen ein potenziell heilender Ansatz. Die Tumorresektion (operative Entfernung des Tumors) zielt darauf ab, die Hypergastrinämie (erhöhte Gastrinspiegel) zu kontrollieren und die Magensäuresekretion (Produktion von Magensäure) zu normalisieren, was zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der Prognose führt. Eine sorgfältige präoperative Diagnostik (genaue Untersuchung vor der Operation) und eine individuelle Therapieplanung sind entscheidend für den Behandlungserfolg.