Zöliakie – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Zöliakie ist eine chronische Autoimmunerkrankung der Dünndarmschleimhaut. Der Zöliakie liegt eine genetische Prädisposition mit Vorhandensein der

Zöliakie ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die die Dünndarmschleimhaut betrifft und durch eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten verursacht wird. Der zentrale Auslöser der Erkrankung ist Gluten, ein Protein, das in Weizen, Roggen, Gerste und Hafer enthalten ist.

Genetische Prädisposition
Nahezu alle Zöliakie-Patienten (99 %) tragen die HLA-Merkmale DQ2, DQ8 oder DQ7. Diese HLA-Moleküle sind erforderlich, um Gliadin-Antigenfragmente zu präsentieren, die zentrale Rolle im Krankheitsprozess spielen. Menschen ohne diese genetische Disposition entwickeln keine Zöliakie, auch wenn sie Gluten ausgesetzt sind.

Autoimmunmechanismus
Im Zentrum der Pathogenese steht die Autoimmunreaktion gegen das körpereigene Enzym Gewebstransglutaminase (TG2), das durch die Einnahme von Gluten aktiviert wird. Dabei kommt es zur Produktion von Autoantikörpern gegen TG2, was zu einer Entzündungsreaktion führt. Diese Immunreaktion wird durch T-Lymphozyten vermittelt, die gegen die toxischen Gliadin-Fragmente reagieren.

Dünndarmschädigung
Durch die Immunreaktion kommt es zur Schädigung der Dünndarmschleimhaut, insbesondere zur Atrophie der Darmzotten (villöse Atrophie) und zur Kryptenhyperplasie. Dies beeinträchtigt die Aufnahme von Nährstoffen, was zu Mangelerscheinungen führt. Die Schädigung der Dünndarmzellen wird durch verschiedene Fraktionen des Glutens wie Gliadin (Weizen), Secalin (Roggen), Hordein (Gerste) und Avenin (Hafer) ausgelöst.

Mögliche Auslöser durch Virusinfektionen
Zusätzlich zu den genetischen und immunologischen Faktoren wird diskutiert, dass Virusinfektionen, wie Enterovirus, Rotavirus und Adenovirus, als Trigger der Zöliakie fungieren könnten. Insbesondere bei Kindern mit einer genetischen Hochrisikokombination von DQ2/DQ8 könnten Enteroviren eine entscheidende Rolle spielen. Studien deuten darauf hin, dass Enteroviren bei betroffenen Kindern häufiger vor der Manifestation der Erkrankung nachweisbar sind [2].

Die Zöliakie ist somit eine komplexe Erkrankung, die durch das Zusammenspiel genetischer Faktoren, immunologischer Mechanismen und möglicherweise auch durch Virusinfektionen ausgelöst wird.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern, insb. Familienmitgliedern 1. Grades (Individuen mit dem Genotyp HLA-DQ2 oder -DQ8 (ca. 30-35 % der Gesamtbevölkerung sind positiv) entwickeln in ca. 2 % der Fälle im Laufe ihres Lebens eine Zöliakie)
    • Familienangehörige 1. Grades eines Zöliakie-Patienten haben ein Risiko von 10-15 %, an einer Zöliakie zu erkranken.
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gene: HLA-DQA1
        • SNP: rs2187668 im Gen HLA-DQA1
          • Allel-Konstellation: AA (> 6,23-fach)
          • Allel-Konstellation: AG (6,23-fach)
          • Allel-Konstellation: GG (0,3-fach)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Konsum von glutenhaltigen Nahrungsmitteln – Gluten, ein Protein in Weizen, Roggen, Gerste und deren Derivaten, ist der zentrale Auslöser bei genetisch prädisponierten Personen (z. B. Träger der HLA-DQ2- und HLA-DQ8-Genotypen).
    • Zu frühe oder zu späte Einführung glutenhaltiger Lebensmittel im Säuglingsalter – Frühe Ernährung mit Gluten (vor dem vierten Lebensmonat) oder eine verspätete Einführung (nach dem siebten Monat) kann das Risiko für die Entwicklung einer Zöliakie erhöhen.
    • Hoher Glutengehalt in der Ernährung – Eine glutenreiche Diät in der Kindheit könnte die Wahrscheinlichkeit einer Manifestation erhöhen.

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Darminfektionen – wiederholte Gastroenteritiden (Magen-Darm-Infektionen) im ersten Lebensjahr [1]
  • Dermatitis herpetiformis − chronische Hauterkrankung mit gruppiert stehenden Bläschen
  • Diabetes mellitus Typ 1

Zöliakie-Risikogruppen*

  • Autoimmunerkrankungen der Leber und Gallenwege
  • Dermatitis herpetiformis (Duhring-Krankheit) – Hautkrankheit aus der Gruppe der blasenbildenden Autoimmundermatosen mit subepidermaler Blasenbildung
  • Diabetes mellitus Typ 1
  • Hashimoto-Thyreoiditis – Autoimmunerkrankung, die zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse führt
  • IgA-Nephropathie (Mesangiale IgA-Glomerulonephritis) – diffuse mesangioproliferative Glomerulonephritis) geht mit der Ablagerung von Immunglobulin A (Ig A) im Mesangium (Zwischengewebe) der Glomeruli einher.
  • Juvenile chronische Arthritis – chronische entzündliche Erkrankung der Gelenke (Arthritis) des rheumatischen Formenkreises im Kindesalter (juvenil)
  • Selektiver IgA-Mangel
  • Trisomie 21 (Down-Syndrom)
  • Ullrich-Turner-Syndrom – bei der aufgrund einer Chromosomenaberration (Abnormalitäten der Geschlechtschromosome) anstelle der zwei Geschlechtschromosomen XX nur ein funktionsfähiges X-Chromosom in allen oder nur in einem Teil aller Körperzellen vorliegt
  • Williams-Beuren-Syndrom (WBS; Synonyme: Williams-Syndrom, Fanconi-Schlesinger-Syndrom, idiopathische Hypercalcämie oder Elfin-face-Syndrom) – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang; mit Symptomen wie kognitive Behinderung unterschiedliche Schweregrade, Wachstumsverzögerung (schon schon intrauterin), Hypercalcämie (Calciumüberschuss) in den ersten Lebensjahren, Mikroenzephalie (abnorm kleiner Kopf), Anomalien der Gesichtsform etc.

*Diese Patienten sollten regelmäßig auf Zöliakie gescreent werden. Des Weiteren Patienten mit positiver Typisierung der HLA-Allele DQ2 und/oder DQ8.

Literatur

  1. Beyerlein A et al.: Infections in early Life and development of celiac disease. Am J Epidemiol kwx190 (2017). doi: https://doi.org/10.1093/aje/kwx190 Published: 16 June 2017
  2. Kahrs CR et al.: Enterovirus as trigger of coeliac disease: nested case-control study within prospective birth cohort. BMJ 2019;364:l231; ​​​​​​​http://dx.doi.org/10.1136/bmj.l231