Zöliakie – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild wegen Ausschluss einer Eisenmangelanämie [mikrozytäre hypochrome Anämie:
    • MCV↓ → mikrozytär
    • MCH ↓ → hypochrom]
  • Ferritin (Eisenspeicherprotein) [Ferritin ↓]
  • Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT, Gamma-GT; GGT) [in bis zu 50 % Der Fälle:  erhöhte Transaminasen]
  • Nachweis von Gliadin-Antikörpern vom IgA und IgG-Typ. [diese Laborparameter verlieren zunehmend an Bedeutung; Antikörper gegen natives Gliadin haben nur einen geringen positiven prädiktiven Wert: 18-31 %]
    Diese Antikörperbestimmungen eignen sich auch zur Verlaufskontrolle unter glutenfreier Diät, da mit zunehmender Therapiedauer ihre Konzentrationen unter die Nachweisbarkeitsgrenze sinken.
  • Zöliakie-Serologie*: Transglutaminase-Antikörper (tTG) oder Endomysium-Antikörper (EMA)/ Endomysium-IgA und Transglutaminase-IgA
    • Transglutaminase-IgA-Antikörper (engl.: tissue transglutaminase, abgekürzt tTG- Ak): Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Anwendung des Tests erkannt wird, d. h. ein positives Testresultat auftritt) 74-100 %, Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden) 78-100 %
    • Endomysium-Antikörper (EMA): Sensitivität 83-100 %, Spezifität 95-100 %; es besteht eine Assoziation zwischen der Titerhöhe und dem Grad der Zottenatrophie
    • ein selektiver IgA-Mangel (Bestimmung von Gesamt-IgA) muss vorher ausgeschlossen werden (Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) 2 %); weil bei Vorliegen eines IgA-Mangels* Endomysium- und Transglutaminase-IgA-Antikörper nicht nachweisbar sein können.
    • Die Diagnostik auf Transglutaminase-IgA-Antikörpern im Serum bei Patienten unter Glutenexposition. Patienten, die bereits von sich aus auf Gluten verzichten, müssen vor der Diagnostik für drei Monate reexponiert werden.
    • S2k-Leitlinie: Bei klinischem Verdacht auf eine Zöliakie oder bei histopathologisch auffälligem Befund (Marsh 1, 2, oder 3) sollen unabhängig vom Alter initial ausschließlich IgA-Antikörper gegen Gewebstransglutaminase (tTG-IgA) sowie das Gesamt-IgA im Serum (falls nicht vorher bekannt) untersucht werden.
  • IgG-Antikörper gegen deamidierte Gliadinpeptide (IgG anti-DGP), die nach Deaminidierung durch Gewebetransgluatminase (TG2) in der Dünndarm-Mukosa (-Schleimhaut) bei Zöliakie entstehen – bei erwiesenem IgA-Mangel und Verdacht auf Zöliakie [prädiktiver Wert: < 70 %]
  • IgA (Gesamt-IgA im Serum) – s. o. unter Zöliakie-Serologie

*Auf eine Duodenalbiopsie kann verzichtet werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind [Leitlinie der ESPGHAN (European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition)]Bei Menschen unter 18 Jahren (das geht im Prinzip auch für Erwachsene) und

  • Anti-TG (Transglutaminase)-IgA [> 10-fach über der Normgrenze]
  • Endomysium-Antikörper (EMA)-Titer [positiv in einer zweiten, getrennt abgenommenen Blutprobe]

Bei Abklärung eines Zöliakieverdachts (hohe Prätestwahrscheinlichkeit) auf der Grundlage des IgA-Gewebstransglutaminase-Antikörper-Tests (tTG-IgA im Serum) sagte ein positiver Serum-tTG-IgA-Test (> 1 x ULN) eine Zottenatrophie im Duodenum in 93,9 % korrekt voraus. Die AUC lag bei 0,87. Bei Betroffenen mit mindestens zehnfach erhöhtem Testergebnis stieg die Genauigkeit auf fast 100 % [1].

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Ausschluss einer Malabsorption
    • Albumin, Vitamin A, Vitamin D, Vitamin B12, Folsäure, Beta-Carotin, Kalium, Calcium
  • Gentest (DNA-Analyse)/Nachweis der zöliakieassoziierten HLA-DQ Genkonstellation (Cave: Gendiagnostikgesetz)*: [muss im Regelfall nicht zusätzlich bestimmt werden; HLA-Diagnostik kann allerdings helfen, wenn ein Patient, der schon länger kein Gluten mehr einnimmt, eine Reexposition verweigert]
    • HLA-DQ2 Heterodimer in cis-Konfiguration (HLA-DR3-DQA1*0501-DQB1*0201) oder in trans-Konfiguration (HLA-DR5-DQA1*0505- DQB1*0301 beziehungsweise und DR7-DQA1* 0201-DQB1*0202) und
    • HLA-DQ8 Heterodimer (HLA-DR4-DQA1*0301- DQB1*0302)
    [30-35-40 % der Gesamtbevölkerung ist HLA-DQ2 oder DH8 positiv; nur ca. 2 % dieser Personen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Zöliakie; fast 100 % der Zöliakie-Betroffenen sind positiv für HLA-DQ2 und/oder -DQ8]

*Der Gentest schließt bei Negativität eine Zöliakie (weitestgehend) aus und bietet bei positivem Ergebnis die Option an, auch ohne Biopsie die Zöliakie zu bestätigen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • klassische (gastrointestinale) Manifestation
  • 10-fach über dem Grenzwert erhöhte Transglutaminase (TG2)-IgA-Titer
  • Bestätigung der Seropositivität durch positiven Endomysium-Antikörper (≥ 1 : 5) 
  • Aufklärung der Eltern über Vor- und Nachteile einer duodenalen Biopsie (durch einen Kinder-Gastroenterologen)
  • klinische und serologische Remission unter einer glutenfreien Diät

Weitere Hinweise

  • Nach gesicherter Diagnose einer Zöliakie empfiehlt sich eine Blutuntersuchung auf Antikörper (s. o.) bei den Familienangehörigen, um möglicherweise Betroffene mit subklinischer Zöliakie herauszufinden.
  • Zur Evaluation einer glutenfreien Diät ist der tTG-IgA-Ak (IgA-Autoantikörper gegen Gewebstransglutaminase) geeignet: Ein anhaltend erhöhter Titer ist hochgradig verdächtig auf anhaltende Diätfehler.
  • Der immunhistologische Befund und die Klonalitätsanalyse des T-Zell-Rezeptor-Gens ist entscheidend zur Unterscheidung zwischen refraktärer Zöliakie Typ I (autoimmuner Charakter) vs. Typ II (Prälymphomcharakter).

Zöliakie-Screening [S2k-Leitlinie]

Den Familienmitgliedern 1. Grades (Eltern, Kinder, Geschwister) von Zöliakiebetroffenen soll eine Antikörperdiagnostik angeboten werden, auch wenn sie keine typischen Symptome haben.

  • Bei Kindern und Jugendlichen: Diagnostik alle 1-2 Jahre und soll beim Auftreten von Zöliakie-assoziierten Symptomen wiederholt (s. u. "Symptome – Beschwerden") werden.
  • Bei Erwachsenen: einmalige Testung; weitere Male nur bei Zöliakie-assoziierten Symptomen.

Literatur

  1. Ciacci C et al.: Serum anti-tissue transglutaminase IgA and prediction of duodenal villous atrophy in adults with suspected coeliac disease without IgA deficiency (Bi.A.CeD): a multicentre, prospective cohort study. Lancet Gastroenterol Hepatol 2023; https://doi.org/10.1016/S2468-1253(23)00205-4

Leitlinien

  1. Husby S: European Society Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition Guidelines for Diagnosing Coeliac Disease 2020. J Pediatr Gastroenterol Nutr . 2020 Jan;70(1):141-156. doi: 10.1097/MPG.0000000000002497.
  2. S2k-Leitlinie: Zöliakie. (AWMF-Registernummer: 021-021), Dezember 2021 Langfassung