Stuhlinkontinenz – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Stuhlinkontinenz dar.

Familienanamnese

  • Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand Ihrer Angehörigen?
  • Gibt es in Ihrer Familie Erkrankungen, die häufig vorkommen?
  • Gibt es in Ihrer Familie Erbkrankheiten?
  • Bestehen in der Familie Darmerkrankungen oder Bindegewebsschwächen (z. B. Morbus Crohn, Reizdarmsyndrom, Divertikulitis, Marfan-Syndrom, Beckenbodeninsuffizienz (Beckenbodenschwäche))?
  • Gibt es familiäre Fälle von neurologischen Erkrankungen, die die Darmkontrolle beeinflussen könnten (z. B. Morbus Parkinson, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Morbus Alzheimer, Diabetische Neuropathie, Guillain-Barré-Syndrom)?

Soziale Anamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Ist Ihre Tätigkeit mit schwerem Heben oder langem Sitzen verbunden?
    • Haben Sie Zugang zu Toiletten in Ihrem Arbeitsumfeld?
  • Bestehen psychosoziale Belastungen oder Stress, die sich auf die Verdauung auswirken könnten?
  • Wie stark beeinträchtigt die Stuhlinkontinenz Ihren Alltag oder Ihr Sozialleben?
  • Gab es einen traumatischen Geburtsverlauf oder Operationen im Beckenbereich?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

Revised Faecal Incontinence Scale (RFIS) (Mod. nach [1])

  • Wie häufig haben Sie am Tag Stuhlgang?
  • Gibt es eine Änderung der Stuhlkonsistenz oder der Stuhlfrequenz?
  • Wie ist der Stuhl beschaffen (z. B. flüssig, breiig, geformt, harter Stuhl, mit Schleim- oder Blutbeimengungen)?
  • Seit wann leiden Sie unter Stuhlinkontinenz, d.h. unfreiwilliger Abgang von flüssigem oder festem Stuhl?
  • Seit wann leiden Sie unter Analinkontinenz d.h. unwillentlicher Abgang von Gas mit oder ohne Stuhl?
  • Verlieren Sie Stuhl, haben Sie Inkontinenzzwischenfälle oder verlieren Sie festen Stuhl?
    • Nie
    • Selten (< 1/letzten 4 Wochen)
    • Manchmal (< 1/letzte Woche, ≥ 1/letzten 4 Wochen)
    • Oft (< 1/Tag, ≥ 1/Woche 3
    • Immer (≥ 1/Tag, bei jedem Stuhlgang)
  • Verlieren Sie Stuhl, haben Sie Inkontinenzzwischenfälle oder verlieren Sie flüssigen Stuhl?
    • Nie
    • Selten (< 1/letzten 4 Wochen)
    • Manchmal (< 1/letzte Woche, ≥ 1/letzten 4 Wochen)
    • Oft (< 1/Tag, ≥ 1/Woche
    • Immer (≥ 1/Tag, bei jedem Stuhlgang)
  • Verlieren Sie Stuhl, wenn Sie nicht rechtzeitig eine Toilette finden?
    • Nie
    • Selten (< 1/letzten 4 Wochen)
    • Manchmal (< 1/letzte Woche, ≥ 1/letzten 4 Wochen)
    • Oft (< 1/Tag, ≥ 1/Woche
    • Immer (≥ 1/Tag, bei jedem Stuhlgang)
  • Verlieren Sie Stuhl, sodass Sie die Unterwäsche wechseln müssen?
    • Nie
    • Selten (< 1/letzten 4 Wochen)
    • Manchmal (< 1/letzte Woche, ≥ 1/letzten 4 Wochen)
    • Oft (< 1/Tag, ≥ 1/Woche
    • Immer (≥ 1/Tag, bei jedem Stuhlgang)
  • Belastet der unfreiwillige Stuhlabgang Ihre Lebensumstände (Lifestyle)?
    • Nie
    • Selten (< 1/letzten 4 Wochen)
    • Manchmal (< 1/letzte Woche, ≥ 1/letzten 4 Wochen)
    • Oft (< 1/Tag, ≥ 1/Woche
    • Immer (≥ 1/Tag, bei jedem Stuhlgang)

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie in letzter Zeit Ihre Ernährungsgewohnheiten umgestellt?
  • Haben Sie eine ballaststoffarme Ernährung?
  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit (mindestens 1,5 Liter täglich)?

Die Anlage eines Stuhl- bzw. Ernährungstagebuchs wird empfohlen (falls noch nicht geschehen).

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Bestehen chronische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, neurologische Erkrankungen, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson)?
    • Haben Sie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)?
    • Bestehen Nahrungsunverträglichkeiten (z. B. Laktose-, Fruktose-, Sorbitunverträglichkeit)?
    • Wurde bei Ihnen eine Bindegewebsschwäche diagnostiziert (z. B. Ehlers-Danlos-Syndrom, Marfan-Syndrom)?
    • Haben Sie bekannte Nervenerkrankungen oder eine diabetische Neuropathie?
    • Haben Sie Rückenmarksschäden?
    • Liegt eine Beckenbodenschwäche oder ein Rektumprolaps vor?
    • Wurde eine Stuhlentleerungsstörung (z. B. obstruktive Defäkationsstörung) festgestellt?
    • Liegt eine Beckenbodenschwäche vor?
    • Wurde bei Ihnen eine Reizdarm-Symptomatik diagnostiziert?
  • Operationen:
    • Wurden Operationen im Beckenbereich, am Darm oder Anus durchgeführt?
    • Haben Sie eine Rektozelen- oder Prolapsoperation hinter sich? (Rektozele: Ausstülpung des Enddarms (Rektum) in die Scheide; Rektumprolaps: Herausrutschen des Mastdarms (Rektum) aus dem Anus)
  • Haben Sie eine Strahlentherapie im Beckenbereich erhalten?
  • Bestehen bekannte Allergien gegen Medikamente oder Lebensmittel?
  • Schwangerschaftsanamnese:
    • Haben Sie bereits Geburten hinter sich?
    • Gab es bei Geburten Komplikationen (z. B. Dammriss, Zangengeburt, Vakuumextraktion)?
    • Haben Sie nach der Geburt eine Beckenbodenschwäche oder Stuhlprobleme bemerkt?

Medikamentenanamnese 

  • Haben Sie eine unkontrollierte oder exzessive Einnahme von Laxantien (Abführmitteln)? z. B. Lactulose 
  • Nehmen Sie regelmäßig Psychopharmaka ein? Wenn ja, welche?
  • Haben Sie Medikamente eingenommen, die die Darmflora beeinträchtigen könnten (z. B. Antibiotika, Protonenpumpenhemmer)?
  • Besteht eine langfristige Einnahme von Opioiden oder Neuroleptika?

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Sansoni J et al (2013) The revised faecal incontinence scale: a clinical validation of a new, short measure for assessment and outcomes evaluation. Dis Colon Rectum 56:652-659