Speichelsteinleiden (Sialolithiasis) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Das Speichelsteinleiden (Sialolithiasis) entsteht durch eine gestörte Zusammensetzung des Speichels und eine veränderte Viskosität, was die Bildung von Speichelsteinen und den gestörten Abfluss von Speichel begünstigt. Häufig betroffen ist die Glandula submandibularis (Unterkieferdrüse), da der von ihr produzierte seromuköse Speichel physiologisch eine höhere Viskosität aufweist.
Primäre pathophysiologische Mechanismen
- Veränderter Speichel-Elektrolythaushalt: Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt führt zu zähflüssigerem Speichel. Diese erhöhte Viskosität erschwert den normalen Abfluss und verursacht eine Schleimobstruktion, die als Auslöser der Sialolithiasis gilt.
- Speichelsteinbildung (Sialolithen): Durch die Präzipitation (Ausfällung) von Calciumverbindungen bilden sich Speichelsteine. Ein anorganischer Kern dient als Ausgangspunkt, an den sich zunehmend organisches und anorganisches Material anlagert und der Stein dadurch wächst.
Sekundäre pathophysiologische Mechanismen
- Umgestaltung des Gangsystems: Die Blockade führt zu Gangektasie (Erweiterung der Speichelgänge) und damit verbundenen entzündlichen Prozessen. Diese Veränderungen beeinträchtigen den Speichelabfluss und führen zu Entzündungen im Gangsystem.
- Gewebewachstum und -veränderung: Die Gangepithelien zeigen eine Proliferation (Wachstum) und eine Metaplasie (Umwandlung in andere Zelltypen). Langfristig resultiert dies in einer Atrophie (Gewebeschwund) des Drüsenparenchyms und einer interstitiellen Fibrose (Bindegewebsvermehrung), was die Funktion der betroffenen Drüse weiter reduziert.
Klinisches Bild
Leitsymptome
- Wiederkehrende Schwellungen der betroffenen Speicheldrüse, insbesondere bei Nahrungsaufnahme
- Schmerzen in der betroffenen Region, die sich bei Speichelfluss verstärken
Fortgeschrittene Symptome
- Sichtbare Entzündung und Druckschmerzhaftigkeit der Drüse
- Mundtrockenheit durch reduzierte Speichelproduktion
- Wiederkehrende Infektionen, insbesondere bei komplettem Verschluss der Drüsenabgänge
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Die Sialolithiasis wird durch eine gestörte Zusammensetzung und erhöhte Viskosität des Speichels verursacht, was zu einer Blockade und strukturellen Veränderungen der Speichelgänge führt. Die Glandula submandibularis ist am häufigsten betroffen, was zu einer chronischen Entzündung und langfristigen Gewebeveränderungen führen kann. Ein frühzeitiges Verständnis der Pathogenese ist entscheidend, um eine Therapie einzuleiten, die Entzündungen reduziert und die Drüsenfunktion erhält.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Anatomische Varianten – angeborene Gangektasien als prädisponierender Faktor möglich
- Lebensalter – zunehmendes Alter
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr – Chronischer Flüssigkeitsmangel führt zu einer Verdickung des Speichels, was die Bildung von Speichelsteinen begünstigt.
- Ballaststoffarme Ernährung – Eine unausgewogene Ernährung kann die Speichelzusammensetzung negativ beeinflussen.
- Hoher Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln – Fördert die Bildung von Mineralablagerungen in den Speicheldrüsen.
- Mangel an säurereichen Lebensmitteln – Säurehaltige Speisen wie Zitrusfrüchte fördern die Speichelsekretion und können Speichelsteinen vorbeugen.
- Genussmittelkonsum
- Alkohol – Fördert die Dehydrierung und führt zu einer Verringerung der Speichelproduktion.
- Tabak (Rauchen) – Kann die Speicheldrüsenfunktion beeinträchtigen und die Steinbildung fördern.
- Körperliche Aktivität
- Geringe körperliche Aktivität – Eine reduzierte Durchblutung der Speicheldrüsen kann die Steinbildung begünstigen.
- Hygiene
- Mangelnde Mundhygiene – Fördert die Ansammlung von Bakterien, die die Bildung von Speichelsteinen begünstigen.
- Mechanische Faktoren
- Unregelmäßige Speichelstimulation – Längeres Fasten oder fehlende mechanische Reize durch Kauen können die Speichelsekretion reduzieren.
Krankheitsbedingte Ursachen
- Krankheitsbedingte Störung des Elektrolythaushalts
- Metabolische Störungen
- Diabetes mellitus
- Diabetes insipidus – Hormonmangel-bedingte Störung im Wasserstoffwechsel, die zu einer extrem hohen Harnausscheidung (Polyurie; 5-25 l/Tag) durch eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Nieren führt.
- Diarrhoe (Durchfall)
- Marasmus – Mangelernährung und wird auch als Protein-Energie-Malnutrition (PEM) bezeichnet
- Nausea (Übelkeit)
- Metabolische Störungen
Medikamente
- Die Einnahme xerogener Medikamente über lange Zeiträume begünstigt die Entstehung einer Sialadenitis durch Hyposialie (verminderter Speichelfluss) und sekundär aszendierende (aufsteigende) Infektion. Etwa 400 solcher Medikamente sind bekannt. Sie gehören folgenden Gruppen an:
- Antiadiposita
- Anoretika
- Antiarrhythmika
- Anticholinergika
- Antiepileptika
- Antidepressiva
- Antihistaminika
- Antihypertonika
- Antiparkinsonmittel
- Antipsychotika (Neuroleptika)
- Anxiolytika
- Ataraktika
- Diuretika
- Hypnotika
- Muskelrelaxantien
- Sedativa
- Spasmolytika