Morbus Crohn – Operative Therapie
Die Behandlung des M. Crohn sollte primär medikamentös erfolgen. Chirurgische Eingriffe sind für Komplikationen reserviert.
Leitlinien [S3-Leitlinie]:
- Komplexe Operationen bei M. Crohn sollten von CED-erfahrenen Chirurgen in Zentren durchgeführt werden. (II, ↑ , Konsens)
- Bei Patienten mit therapierefraktärem Verlauf soll die Operationsindikation frühzeitig überprüft werden. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche mit Wachstumsretardierung und/oder einer verzögerten Pubertät. (III, ↑↑, starker Konsens)
- Kolonstenosen (Verengungen im Dickdarm) unklarer Dignität (biologisches Verhalten von Tumoren; also ob sie benigne (gutartig) oder maligne (bösartig) sind) müssen operiert werden. (KKP, starker Konsens)
- Bei abdominellen Abszessen sollte eine antibiotische Behandlung unter Beachtung der Vorgeschichte (insb. Antibiotikaanamnese) und der lokalen Resistenzlage in Kombination mit interventioneller oder chirurgischer Drainagebehandlung durchgeführt werden. (II, ↑, starker Konsens)
- Kurzstreckige, erreichbare Stenosen können dilatiert werden, längerstreckige (≥ 5 cm) sollten operiert werden (IV), wobei Strikturoplastiken (s. u.) und Resektionen gleichwertig sind (II). (↑, starker Konsens)
- Die laparoskopische Ileozökalresektion (Ileozäkalklappe: funktioneller Verschluss zwischen Dick- und Dünndarm) sollte gegenüber dem konventionellen Vorgehen bei geeigneten Fällen bevorzugt werden. (I, ↑, starker Konsens)
- Bei Patienten mit Crohn-Colitis kann nur dann eine Ileopouchanale Anastomose (IPAA, „ Pouch“ ) in Betracht gezogen werden, wenn kein perianaler ("um den After herum") oder Dünndarmbefall besteht (II, ↓). Der Patient soll über das erhöhte Risiko einer chronischen Pouchitis und des langfristigen erhöhten Risikos des Pouchversagens aufgeklärt werden (II, ↑↑). (Konsens)
- Prednisolondosierungen von mehr als 20 mg/Tag oder äquivalent für länger als 6 Wochen sollten, wenn klinisch möglich, präoperativ interdisziplinär reduziert werden. (II, ↑, starker Konsens)
- Asymptomatische perianale Fisteln sollten nur im Ausnahmefall chirurgisch therapiert werden. (IV, ↑, starker Konsens)
Innerhalb von 15 Jahren Krankheitsdauer wird in 70 % der Fälle eine Operation, bedingt durch Komplikationen, erforderlich. Da häufig wiederholte chirurgische Eingriffe erforderlich sind, sollten diese minimalinvasiv sein und darmerhaltende Techniken bevorzugt werden [Minimal-invasive Chirurgie (MIC); Goldstandard].
Morbus Crohn-Patienten, die sich in den ersten 30 Tagen nach Diagnosestellung einer Darmteilresektion unterziehen haben einen günstigeren Krankheitsverlauf als Patienten, die erst später operiert werden. Es waren deutlich seltener Reoperationen nötig als nach Spätresektionen, und die Patienten benötigten weniger Medikamente [1].
Strikturoplastik
Die Strikturoplastik (Synonym: Strikturplastik; SXP) ist ein chirurgisches Verfahren zur Erweiterung von Strikturen (hochgradige Verengungen) am Dünndarm. Sie ermöglicht die Erhaltung des Dünndarms und reduziert das Risiko eines Kurzdarmsyndroms (Malassimilation durch fehlende Dünndarmabschnitte mit konsekutiven Durchfällen, Fettstühlen und Mangelzuständen).
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Rasches Krankheitsrezidiv mit Obstruktion (Darmverschluss) – Wiederkehrende Stenosen (Verengungen) führen zu funktionellen Passagehindernissen.
- Multiple Strikturen (hochgradige Verengungen) mit diffuser Beteiligung des Dünndarms – Vor allem bei Patienten mit Morbus Crohn.
- Vorangegangene ausgedehnte Dünndarmresektionen (> 100 cm) – Vermeidung weiterer Darmverluste zur Reduktion des Malassimilationsrisikos.
- Strikturen an Anastomosen – Besonders im ileorektalen (Dünndarm-Enddarm) oder ileokolischen (Dünndarm-Dickdarm) Bereich.
- Kurzdarmsyndrom – Bei bestehendem reduzierten Darmvolumen zur Optimierung der Nährstoffaufnahme.
- Duodenalstrikturen – Erhalt der Nahrungspassage bei hochgradigen Stenosen des Zwölffingerdarms.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Darmperforation – Akute Perforationen mit oder ohne Peritonitis (Bauchfellentzündung) erfordern eine Resektion.
- Strikturen nahe an Resektionsbereichen – Risiko einer inadäquaten Passageerweiterung.
- Multiple Strikturen über kurze Darmabschnitte – Geringe Effektivität der Strikturoplastik im Vergleich zur Segmentresektion.
- Schwere Malnutrition – Albuminwert < 2,0 g/dl als Hinweis auf eine reduzierte Heilungskapazität.
Operationsverfahren
Es werden konventionelle und nichtkonventionelle Strikturoplastiken unterschieden:
Konventionelle Strikturoplastiken
- Heineke-Mikulicz-Technik – Bei kurzstreckigen Strikturen bis 10 cm.
- Moskel-Walske-Neumayer-Technik – Alternative für kurze Stenosen.
- Judd-Technik – Anwendung bei multiplen kleineren Engstellen.
- Finney-Technik – Für intermediäre Strikturen von 10-25 cm.
- Jaboulay-Technik – Alternative zur Finney-Technik mit Umgehungsanastomose.
Nichtkonventionelle Strikturoplastiken
- Michelassi-Prozedur – Für ausgedehnte Strikturen, ermöglicht eine longitudinale Erweiterung.
- Tandem-Strikturoplastiken – Bei multiplen Strikturen zur Reduktion von Resektionen.
- Side-to-Side-Isoperistaltische Strikturoplastik – Modifikation zur verbesserten Passage.
Postoperative Nachsorge
- Ernährungsmanagement – Hochkalorische Ernährung zur Unterstützung der Wundheilung.
- Endoskopische Verlaufskontrolle – Frühzeitige Detektion von Rezidivstrikturen.
- Medikamentöse Therapie – Bei Morbus Crohn postoperative Immunsuppression zur Rezidivprävention.
- Physiotherapie und Mobilisation – Förderung der Darmmotilität zur Vermeidung von postoperativer Obstipation.
Mögliche Komplikationen
- Anastomoseninsuffizienz – Risiko eines postoperativen Lecks mit Peritonitis.
- Darmstenosenrezidiv – Wiederauftreten der Strikturen, insbesondere bei Morbus Crohn.
- Malabsorption – Reduzierte Nährstoffaufnahme bei multiplen Eingriffen.
- Postoperative Ileus – Verzögerte Darmmotilität nach der Operation.
Vergleich der Operationsmethoden
Operationsmethode | Indikation | Vorteil | Nachteil |
---|---|---|---|
Heineke-Mikulicz | Kurzstreckige Strikturen | Einfache Technik, geringe Morbidität | Nicht für lange Stenosen geeignet |
Finney | 10–25 cm lange Strikturen | Erhält die Passagefähigkeit | Erfordert größere chirurgische Erfahrung |
Michelassi | Multipler Dünndarmbefall | Reduziert Resektionsrate | Erhöhtes Risiko für Fisteln |
Fazit
Die Strikturoplastik ist ein etabliertes Verfahren zur Behandlung von Dünndarmstrikturen, insbesondere bei Morbus Crohn. Sie ermöglicht den Erhalt des Dünndarms und minimiert das Risiko eines Kurzdarmsyndroms. Die Wahl des Verfahrens hängt von der Länge und Lokalisation der Striktur ab. Minimalinvasive Techniken und ein interdisziplinäres Management verbessern die Langzeitergebnisse. In Fällen von irreversibler intestinaler Insuffizienz kann eine Dünndarmtransplantation als ultima ratio in spezialisierten Zentren erwogen werden.
Literatur
- Sarikaya M et al.: Disease course and treatment outcomes of early resected Crohn´s disease patients. Journal of Crohn's and Colitis 2021; 15 (1): S017-S018 https://doi.org/10.1093/ecco-jcc/jjab075.018
Leitlinien
- Addendum zu den S3-Leitlinien Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: Betreuung von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in der COVID-19-Pandemie – offene Fragen und Antworten. Z Gastroenterol 2020; 58: 672–692
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn. (AWMF-Registernummer: 021-004), August 2021 Langfassung