Magenkrebs (Magenkarzinom) – Operative Therapie
Die endoskopische Submukosadissektion (ESD; endoskopische Entfernung tieferer Schleimhautschichten) ist das bevorzugte Verfahren zur Therapie von Magenfrühkarzinomen.
Die Staging-Laparoskopie (diagnostische Bauchspiegelung zur Stadienbestimmung) verbessert die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom (insbesondere cT3, cT4) und sollte vor Beginn der neoadjuvanten Chemotherapie (NACT; medikamentöse Vorbehandlung zur Verkleinerung des Tumors) durchgeführt werden.
Die chirurgische Resektion (operative Entfernung des Tumors) ist die einzige kurative Behandlungsmöglichkeit [4]. Die Therapieentscheidungen basieren auf dem Tumorstadium:
Therapie des Adenokarzinoms des Magens [4]
Stadium | Maßnahmen |
---|---|
IA (T1a) | Endoskopische oder chirurgische Resektion |
IA (T1b) | Chirurgische Resektion |
IB-III |
|
IV | Medikamentöse Tumortherapie und/oder Best Supportive Care (BSCb) |
Legende
- aAdjuvante Chemotherapie oder Radiochemotherapie, falls eine präoperative Chemotherapie nicht durchgeführt wurde.
- bBest Supportive Care
Frühkarzinom und endoskopische Therapie
Ein Magenfrühkarzinom (T1m/T1sm) wird kurativ durch endoskopische Mukosaresektion (EMR) oder endoskopische Submukosadissektion (ESD) behandelt. Voraussetzung ist eine en bloc-Resektion, insbesondere bei intraepithelialen Neoplasien und Frühkarzinomen, die folgende Kriterien erfüllen:
- Tumor ≤ 2 cm Durchmesser
- Nicht ulzeriert (ohne Geschwürsbildung)
- Mukosakarzinom (Schleimhautkarcinom)
- Histologische Differenzierung G1/G2
Die laparoskopische und offene Gastrektomie (chirurgische Magenentfernung) zeigen vergleichbare 5-Jahres-Überlebensraten [2].
Ein Frühkarzinom (T1a N0 M0) kann minimalinvasiv entfernt werden, sofern:
- Tumor ≤ 2 cm Durchmesser
- Nicht ulzeriert
- Mukosakarzinom
- Intestinaler Typ, Differenzierung G1/G2
Bei erweiterter Indikation erfolgt eine onkologisch-chirurgische Nachresektion.
Chirurgische Therapie
Bei lokoregionär begrenzten Tumoren (T1b/T2) ist die primäre chirurgische Therapie indiziert:
- Subtotale Magenresektion (teilweise Entfernung des Magens) oder totale Gastrektomie (vollständige Entfernung des Magens)
- Standardmäßige Lymphadenektomie (operative Entfernung von Lymphknoten zur Tumorkontrolle)
Bei ösophagogastralem Tumor (AEG Typ II) mit Infiltration der unteren Speiseröhre:
- Transthorakale subtotale Ösophagektomie (teilweise Entfernung der Speiseröhre) mit proximaler Magenresektion nach Ivor Lewis
- Alternativ: Transhiatale erweiterte Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion
Neoadjuvante und adjuvante Therapie
- In fortgeschrittenen Tumorstadien (T3/T4) kann eine neoadjuvante, perioperative oder adjuvante Chemotherapie sinnvoll sein.
- Eine Staging-Laparoskopie ist indiziert, um Peritonealmetastasen (Befall des Bauchfell) oder Leberbefall auszuschließen.
- Lokal fortgeschrittenes distales Magenkarzinom: Die laparoskopische distale Gastrektomie zeigt eine 5-Jahres-Überlebensrate von 75,7 %, verglichen mit 73,9 % bei der offenen distalen Gastrektomie [5].
- MSI-high-Status: Patienten mit resezierbarem Magenkarzinom und MSI-high haben eine bessere 5-Jahres-Überlebensrate (78 % vs. 59 %). Die Autoren hinterfragen den Nutzen einer perioperativen Chemotherapie [3].
Operationsverfahren
Nach der Gastrektomie erfolgt die Rekonstruktion der Nahrungspassage mittels:
- Billroth-I-Resektion (Anastomose zwischen Magenrest und Duodenum/Zwölffingerdarm)
- Billroth-II-Resektion (Anastomose zwischen Magenrest und Jejunum/leer Darm bzw. obere Teil des Dünndarms)
- Roux-Y-Rekonstruktion (Magenrest oder Speiseröhre mit Jejunum verbunden)
Der Sicherheitsabstand beträgt:
- 5 cm bei intestinalem Karzinom
- 8 cm bei diffusem Karzinom
Standard ist die D2-Lymphadenektomie mit Entfernung von 25 Lymphknoten.
Mögliche Komplikationen
- Blutungen, Infektionen, Wundheilungsstörungen
- Narbenhernie (Bauchwandbruch)
- Nahtinsuffizienz (unzureichende Adaptation der Gewebeschichten)
- Dumping-Syndrom (schnelle Magenentleerung mit metabolischen Folgen)
- Anastomosenstenose (Verengung der Verbindungsnaht)
- Anastomosenulkus (Geschwüre an der Anastomose)
- Thromboembolien, Pneumonie (Lungenentzündung)
- Malnutrition (Mangelernährung), Eisenmangelanämie (Blutarmut durch Eisenmangel), alkalische Refluxösophagitis (Entzündung der Speiseröhre (Ösophagus) durch Zurücklaufen (Reflux) von Mageninhalt in die Speiseröhre)
Das Operationsrisiko liegt in erfahrenen Zentren unter 5 %.
Rezidivmanagement
Bei isoliertem Lokalrezidiv kann eine erneute Operation erwogen werden.
Fazit: Die chirurgische Therapie bleibt die einzige kurative Behandlung für Magenkrebs. Endoskopische Verfahren sind für Frühkarzinome mit begrenztem Infiltrationsrisiko geeignet. Die Wahl der Resektionsstrategie hängt von Tumorstadium, Lokalisation und Lymphknotenbefall ab. Die neoadjuvante Chemotherapie verbessert die Heilungschancen in fortgeschrittenen Stadien, während das Staging durch Laparoskopie essenziell für die Therapieplanung ist.
Rezidiv
Bei isoliertem Lokalrezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung am gleichen Ort) kann eine erneute Operation durchgeführt werden.
Weitere Hinweise
- Eine Studie konnte nachweisen, dass die operative Entfernung des Primarius (ursprüngliche Geschwulst eines bösartigen, metastasierten Tumors) bei Belassung der Metastasen (Tochtergeschwülste) – anders als vielleicht beim Kolonkarzinom – keinen Vorteil bringt und daher nicht zu empfehlen ist [1].
Literatur
- Fujitani K et al.: Gastrectomy plus chemotherapy versus chemotherapy alone for advanced gastric cancer with a single non-curable factor (REGATTA): a phase 3, randomised controlled trial. Lancet Oncol 2016;17:309-318 doi: http://dx.doi.org/10.1016/S1470-2045(15)00553-7
- Kim HH et al.: Effect of laparoscopic distal gastrectomy vs open distal gastrectomy on long-term survival among patients with stage I gastric cancer. The KLASS-01 randomized clinical trial. JAMA Oncol. 2019; https://doi.org/10.1001/jamaoncol.2018.6727
- Pietrantonio F et al.: Individual Patient Data Meta-Analysis of the Value of Microsatellite Instability As a Biomarker in Gastric Cancer. J Clin Oncol. 2019 Dec 10;37(35):3392-3400. doi: 10.1200/JCO.19.01124. Epub 2019 Sep 12.
- Lordick F, Arnold D, Borner M, Bruns CJ, Eisterer W, Faber G, Hegewisch-Becker S, Möhler M, Pritzkuleit R, Stahl M, Thuss-Patience P, Wöll E Onkopedia August 2022. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/magenkarzinom/@@guideline/html/index.html
- Etoh T et al.: Five-Year Survival Outcomes of Laparoscopy-Assisted vs Open Distal Gastrectomy for Advanced Gastric Cancer. The JLSSG0901 Randomized Clinical Trial. JAMA Surg 2023; https://doi.org/10.1001/jamasurg.2023.0096
- Schneider M et al.: Reconstruction Techniques and Associated Morbidity in Minimally Invasive Gastrectomy for Cancer Insights From the GastroBenchmark and GASTRODATA databases Annals of Surgery 280(5):p 788-798, November 2024. | doi: 10.1097/SLA.0000000000006470
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Magenkarzinom – Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs. (AWMF-Registernummer: 032-009OL), August 2019 Kurzfassung Langfassung