Magengeschwür (Ulcus ventriculi) – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Verbesserung der Symptomatik
  • Schutz des Duodenums und des Magens, d. h. Vermeidung von Komplikationen
  • Ggf. Elimination von Helicobacter pylori

Therapieempfehlungen

  • Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) [Therapie der ersten Wahl]
  • Beachte: Wegen zunehmender Antibiotikaresistenzen sollte die Eradikation (Keimeliminierung) von Helicobacter pylori bevorzugt mit einer Bismuth-Quadrupeltherapie Vor Behandlungsbeginn sollten Risikofaktoren für die Clarithromycinresistenz bestimmt werden. Bei Nichtbestehen, erfolgt die Tripeltherapie mit Protonenpumpenhemmer (PPI), Clarithromycin und Metronidazol für 14 Tage, alternativ die 10-tägige Bismuth-Quadrupeltherapie. 
  • Helicobacter pylori-Eradikation (Keimeliminierung; Indikationen: s. u.):
    • Resistenz gegenüber Clarithromycin (CLA) und Metronidazol (MET) ist der größte Risikofaktor für eine gescheiterte Eradikation (vollständige Eliminierung eines Krankheitserregers aus dem Körper) [4].
      "Eine primäre Clarithromycin-Resistenz reduziert die Eradikationsrate der Erstlinientherapie mit einer Standard-Tripeltherapie mit Clarithromycin und Amoxicillin um 66 % und die einer Standard-Tripeltherapie mit Clarithromycin und Metronidazol um 35 %" [5, 7].
      Vierfachtherapiechemata haben Eradikationsraten um und über 90 % [8-10].

      Risikofaktoren für Clarithromycinresistenz vorhanden)
      (Risikofaktoren: Herkunft aus Süd- oder Osteuropa und eine frühere Behandlung mit Makrolidantibiotika/Makrolide): 
      • Nein  
        • Erstlinientherapie:
          • Standardtripeltherapie (mit einem PPI, Clarithromycin und Amoxicillin oder Metronidazol) bei geringer Wahrscheinlichkeit für eine Resistenz gegenüber Clarithromycin oder Bismuth-basierte Quadrupeltherapie (Bismuth plus Metronidazol plus Tetracyclin kombiniert mit Omeprazol) [5] 
          • Bei niedrigem Resistenzrisiko ist die 14-tägige Tripel-Therapie erfolgversprechender als der bisherige Standard einer 7-tägigen Tripel-Therapie [5, 6]
        • Zweitlinientherapie:
          • Bismut-basierte Quadrupeltherapie oder Fluorochinolon-Tripeltherapie
        • Drittlinientherapie: basierend auf Resistenztestung
      • Ja
        • Erstlinientherapie:
          • Bei hoher Wahrscheinlichkeit für eine primäre Clarithromycin-Resistenz sollten in der Erstlinientherapie eine Bismuth-basierte Quadrupeltherapie oder kombinierte („konkomittierende“) Quadrupeltherapie eingesetzt werden [5]
        • Zweitlinientherapie: 
          • Flurochinolon-Tripeltherapie
        • Drittlinientherapie: basierend auf Resistenztestung
    Beachte: 
    • Therapieversagen: Hat die Behandlung zweimal versagt, wird eine weitere Therapie auf Grundlage einer Resistenztestung empfohlen. Die Drittlinientherapie sollte dann Antibiogramm-gesteuert erfolgen. Es gibt praktisch keine Resistenzentwicklungen gegen Amoxicillin, sodass es in allen Therapielinien eingesetzt werden kann.
    • Nachkontrollen: Der Therapieerfolg sollte frühestens vier Wochen nach Therapieende überprüft werden. Mindestens zwei Wochen vor Testung sollte auch die Behandlung mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) abgesetzt werden.
      Die nicht-invasiven Testverfahren wie der 13C-Atemtest oder ein Stuhlantigentest können für die Erfolgskontrolle eingesetzt werden, falls aus klinischen Gründen keine Endoskopie-Indikation besteht.
  • Bei blutendem Ulkus (Geschwür) sollte eine Kombination aus hochdosiertem Omeprazol (bis 200 mg/d), Metronidazol und Amoxicillin durchgeführt werden
  • Stressulkusprophylaxe (Vorbeugung eines Stressgeschwürs) bei kritisch Kranken mit Protonenpumpenhemmer (1. Wahl), H2-Blocker oder Sucralfat (2. Wahl)
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Helicobacter pylori-Eradikation gemäß Empfehlungsgrade [S2k-Leitlinie]

  • Soll
    • Peptisches Ulkus/Ulcus ventriculi (Magengeschwür) oder -duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür) mit Helicobacter-Nachweis
    • Vor Acetylsalicylsäure (ASS)/nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) bei Ulkusanamnese (Auftreten eines Geschwürs (Magen-Darm-Geschwürs) in der Krankengeschichte)
    • Obere gastrointestinale Blutung (GI-Blutung) unter ASS oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR)
    • Niedrigmalignes MALT-Lymphom (Lymphome des mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebes, MALT); sogenannte extranodale Lymphome; etwa 50 % aller MALT-Lymphome werden im Magen (80 % im Gastrointestinaltrakt/Magen-Darm-Trakt) diagnostiziert; 
      MALT-Lymphome werden in ihrer Entstehung in hohem Maß durch chronische Infektionen mit dem Bakterium Helicobacter pylori bzw. durch Entzündungen begünstigt (90 % der MALT-Lymphome des Magens sind Helicobacter pylori-positiv); durch eine Erdikationstherapie (Antibiotikatherapie) verschwinden nicht nur die Bakterien, sondern infolgedessen in 75 % der Fälle auch das Magenlymphom
    • Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) – Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen < 150.000/μl), ohne dass eine Ursache erkennbar ist
  • Sollte
    • Asymptomatische Gastritis (Magenschleimhautentzündung)
    • Lymphozytäre Gastritis
    • Magenkarzinomprophylaxe/Familienangehörige 1. Grades von Personen mit Magenkarzinom/Z. n. Magenfrühkarzinom
    • Morbus Ménétrier (Synonyme: hypertrophische Gastropathie Ménétrier, Ménétrier-Riesenfaltengastritis): häufig findet sich eine Infektion mit Helicobacter pylori als Begleitbefund
  • Kann
    • Eisenmangelanämie, ungeklärte
    • Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom
    • Funktionelle Dyspepsie (Reizmagen nach Ösophagus-Gastro-Duodenoskopie)

Weitere Hinweise

  • Die Behandlung zur Eradikation (vollständige Eliminierung des Krankheitserregers) von Helicobacter pylori kann langfristig einem Magenkarzinom vorbeugen [3].
  • Die Eradikation von Helicobacter pylori kann durch häufige Clarithromycin(CLA)-Resistenzen in den Herkunftsländern erschwert werden. Bei über 20 % der Zuwanderer aus Südosteuropa und der Türkei zeigen sich bereits Resistenzen gegen dieses Antibiotikums. Auch aus Österreich, Portugal, Italien und Griechenland sind inzwischen Resistenzraten von über 20 % bekannt [4].
  • In einer Kohortenstudien, die sich auf eine ambulante Clarithromycin-haltige H.-pylori-Eradikationstherapie fokussierte, wurden Daten von 66.559 Patienten ausgewertet. 1824 Patienten entwickelten ein neuropsychiatrisches Ereignis (z. B. Delir, Angstzustände, Halluzinationen oder manische Episoden) zwischen Tag 1 und 14 nach Therapiebeginn. Diese war im Vergleich zum Ausgangspunkt vor Therapiebeginn um gut das Vierfache erhöht (Incidence Rate Ratio, IRR = 4,12; entspricht 35 Ereignissen pro 72 Personenjahre) [11].
  • In der Schwangerschaft sollte die italienische Tripeltherapie der französischen Tripeltherapie vorgezogen werden [12]
  • Beachte: Nach erfolgreicher Helicobacter pylori-Eradikation führte eine dauerhafte Therapie mit einem Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) zu einem 2,44-fach erhöhten Risiko (95-Prozent-Konfidenzintervall1,42-4,20für ein Magenkarzinom [13].
  • Cave! Die US-Arzneimittelbehörde FDA rät zur Zurückhaltung bei der Verordnung des Antibiotikums Clarithromycin bei Patienten mit kardialen Vorerkrankungen. Die Ergebnisse einer 10-Jahres-Nachbeobachtung nach einer 2-wöchigen Behandlung mit Clarithromycin zeigte eine erhöhte Gesamtmortalität (Hazard Ratio 1,10; 1,00-1,21) und die Rate der zerebrovaskulären Erkrankungen (Hazard Ratio 1,19; 1,02–1,38) war ebenfalls erhöht [14].

Wirkstoffe (Hauptindikation)

Protonenpumpeninhibitoren (PPI; Protonenpumpenhemmer)

Wirkstoffe Besonderheiten
Esomeprazol Bei Leberinsuffizienz max. 20 mg/d
Lansoprazol Metabolisierung über Cytochrom P450
Bei nieren-/Leberinsuffizienz max. 30 mg/d
Omeprazol Metabolisierung über Cytochrom P450
Bei Nieren-/ Leberinsuffizienz max. 20/10 mg/d (p.o./i.v.)
Pantoprazol Bei Niereninsuffizienz max. 40 mg/d
Bei Leberinsuffizienz max. 20 mg/d
Rabeprazol Keine Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz
  • Wirkweise: hemmen das Enzym H-K-ATPase irreversibel durch kovalente Bindung
  • Protonenpumpenhemmer sind Prodrugs → werden erst im sauren Milieu aktiviert
  • Dosierungshinweise: Idealerweise sollten PPI 15-30 Minuten vor der Mahlzeit eingenommen werden
  • Bei Nachweis von Helicobacter pylori Kombination mit Amixocillin und Clarithromycin + Verdopplung der Dosis des Protonenpumpenhemmers
  • Nebenwirkungen: gastrointestinal (Übelkeit, Flatulenz, Diarrhoe, Obstipation), Hypergastrinämie, Juckreiz, Alopecia, Photosensibilität, Hyperhidrose, Muskel-, Gelenkschmerzen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hör-, Sehstörungen

Indikationen der Protonenpumpeninhibitoren

  • Gastropathie durch NSAR
  • Helicobacter pylori-Eradikation (s. u. "Gastritis/Pharmakotherapie")
  • NSAR-Ulkusprophylaxe bei Risikopatienten
    • Alter > 70 Jahre
    • Ulkus in der Vorerkrankung
    • Einnahme mehrere NSAR (inkl. Acetylsalicylsäure (ASS))
    • NSAR-Hochdosistherapie
    • Komedikation mit Antikoagulantien
    • H.-pylori-Infektion
    • Komedikation mit Steroiden
    • Komedikation mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) 
  • Refluxösophagitis
  • Stressulkusprophylaxe?
  • Ulcus duodeni
  • Ulcus ventriculi
  • Zollinger-Ellison-Syndrom

H2-Antihistaminika

Wirkstoffe Besonderheiten
Cimetidin Dosisanpassung bei schwerer Niereninsuffizienz
Ranitidin Dosisanpassung bei schwerer Niereninsuffizienz
Roxatidin Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz
KI bei schwerer Nieren-/ Leberinsuffizienz
Famotidin Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz
Nizatidin Dosisanpassung bei schwerer Niereninsuffizienz
  • Wirkweise: Säuresekretion im Magen ↓
  • Nebenwirkungen: gastrointestinal (Übelkeit, Diarrhoe), Leberenzyme ↑ (ALT, AST); Cimetidin antiandrogen! → Keine Empfehlung für Cimetidin
  • Den Protonenpumpenhemmern klar unterlegen!

Weitere Indikationen

  • Refluxösophagitis
  • Ulcus duodeni
  • Zollinger-Ellison-Syndrom

Weitere Therapieoptionen

  • Sucralfat – bildet im Magen eine physikalisch-chemische Barriere; Standard-Dosis 4 x 1g/d
  • Bismutpräparate – eher selten in Deutschland eingesetzt
  • Prostaglandinanaloga – Misoprostol; fördert den Schleimhautschutz und die -heilung; Standard-Dosis 4 x 200 μg/d
  • Beachte: alle Therapieoptionen sind den PPI klar unterlegen

Helicobacter pylori-Eradikation

Standard-Tripeltherapie (französisch) – Erstlinientherapie

Wirkstoffe Dauer
Protonenpumpenhemmer:
  • Esomeprazol, Omeprazol, Rabeprazol oder
  • Lansoprazol oder
  • Pantoprazol
(7-)14 Tage*
Antibiose mit
  • Clarithromycin* und
  • Amoxicillin


Standard-Tripeltherapie (italienisch) – Erstlinientherapie

Wirkstoffe Dauer
Protonenpumpenhemmer:
  • Esomeprazol, Omeprazol, Rabeprazol oder
  • Lansoprazol oder
  • Pantoprazol
(7-)14 Tage*
Antibiose mit
  • Clarithromycin* und
  • Metronidazol


Bismut-Quadrupeltherapie – Erst- oder Zweitlinientherapie

Wirkstoffe Dauer         
Protonenpumpenhemmer:
  • Esomeprazol, Omeprazol, Rabeprazol oder
  • Lansoprazol oder
  • Pantoprazol
14 Tage
Antibiose mit
  • Tetracyclin
  • Metronidazol
Bismut

Konkomitierende Quadrupeltherapie – Erstlinientherapie


Wirkstoffe Dauer         
Protonenpumpenhemmer:
  • Esomeprazol, Omeprazol, Rabeprazol oder
  • Lansoprazol oder
  • Pantoprazol
7 Tage
Antibiose mit
  • Clarithromycin* 
  • Amoxicillin
  • Metronidazol


Fluorchinolon Tripeltherapie – Zweitlinientherapie

Wirkstoffe  
Dauer
Protonenpumpenhemmer
  • Esomeprazol                      
10 Tage
Antibiose mit
  • Amoxicillin
  • Fluorchinolon

Literatur

  1. Malfertheiner P et al.: European Helicobacter Study Group: Management of Helicobacter pylori infection – the Maastricht IV/Florence Consensus Report. Gut 2012; 61(5): 646-64
  2. Ford AC et al.: Helicobacter pylori eradication for the prevention of gastric neoplasia. Cochrane Upper Gastrointestinal and Pancreatic Diseases Group. Published Online: 22 JUL 2015 Assessed as up-to-date: 1 MAY 2014 doi: 10.1002/14651858.CD005583.pub2
  3. Scherübl H et al.: What is new in treating Helicobacter pylori infection? Dtsch med Wochenschr 2015; 140(04): 277-280 doi: 10.1055/s-0041-100463
  4. Nagaraja V, Eslick GD: Evidence-based assessment of proton-pump inhibitors in Helicobacter pylori eradication: A systematic review. World J Gastroenterol. 2014 Oct 28;20(40):14527-14536.
  5. S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Z Gastroenterol 2016; 54: 327–363
  6. Yuan Y, Ford AC, Khan KJ et al.: Cochrane Database Systematic Reviews. Optimum duration of regimens for Helicobacter pylori eradication. The Cochrane database of systematic reviews 12, CD008337 (John Wiley & Sons, Ltd, 1996).
  7. Fischbach L, Evans EL: Meta-analysis: the effect of antibiotic resistance status on the efficacy of triple and quadruple first-line therapies for Helicobacter pylori. Aliment Pharmacol Ther 2007; 26: 343-357
  8. Liu KSH, Hung IFN, Seto WKW et al.: Ten day sequential versus 10 day modified bismuth quadruple therapy as empirical firstline and secondline treatment for Helicobacter pylori in Chinese patients: an open label, randomised, crossover trial. Gut 2014; 63:1410-1415 335.
  9. McNicholl AG, Marin AC, Molina-Infante J et al.: Randomised clinical trial comparing sequential and concomitant therapies for Helicobacter pylori eradication in routine clinical practice. Gut 2014; 63: 244-249 336.
  10. Molina-Infante J, Romano M, Fernandez-Bermejo M et al.: Optimized nonbismuth quadruple therapies cure most patients with Helicobacter pylori infection in populations with high rates of antibiotic resistance. Gastroenterology 2013; 145:121-128.e1. doi: 10.1053/j.gastro.2013.03.050.
  11. Wong AS, Wong IK, Chui CL et al.: Association Between Acute Neuropsychiatric Events and Helicobacter pylori Therapy Containing Clarithromycin. JAMA Intern Med. Published online May 02, 2016. doi:10.1001/jamainternmed.2016.1586.
  12. Schaefer C, Spielmann H, Vetter K et al (2012) Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit. Elsevier GmbH, Urban Fischer Verlag, München
  13. Cheung KS et al.: Long-term proton pump inhibitors and risk of gastric cancer development after treatment for Helicobacter pylori: a population-based study. Gut Published Online First: 31 October 2017. doi.org/10.1136/gutjnl-2017-314605
  14. FDA Drug Safety Communication: FDA review finds additional data supports the potential for increased long-term risks with antibiotic clarithromycin (Biaxin) in patients with heart disease. Posted 02/22/2018

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Z Gastroenterol 2016; 54: 327–363
  2. Farrell B et al.: Deprescribing proton pump inhibitors: Evidence-based clinical practice guideline. Can Fam Physician. 2017 May;63(5):354-364.
  3. S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. (AWMF-Registernummer: 021 - 001), Mai 2022 Langfassung